Verhältnis: Unterschied zwischen den Versionen
Admin (Diskussion | Beiträge) |
Admin (Diskussion | Beiträge) |
||
(40 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 9: | Zeile 9: | ||
![[Richtung]] | ![[Richtung]] | ||
|richtungslos, ungerichtet | |richtungslos, ungerichtet | ||
− | |gerichtet | + | |gerichtet (von etwas, das sich bezieht, auf etwas, worauf es sich bezieht), kehren zum Ausgangspunkt zurück |
− | |gerichtet | + | |gerichtet, Umkehrung verlängert den Ablauf |
|- | |- | ||
!Spaltbarkeit | !Spaltbarkeit | ||
Zeile 18: | Zeile 18: | ||
|gespaltet | |gespaltet | ||
|gespaltet | |gespaltet | ||
+ | |- | ||
+ | !Einzelheit | ||
+ | |ohne Einzelheit möglich | ||
+ | |mit Einzelheit der Beziehungsglieder | ||
+ | |mit Einzelheit der Kettenglieder | ||
|} | |} | ||
Zeile 37: | Zeile 42: | ||
* unspaltbare Verhältnisse, sind Verhältnisse, die nicht in [[Beziehung]]en spaltbar sind | * unspaltbare Verhältnisse, sind Verhältnisse, die nicht in [[Beziehung]]en spaltbar sind | ||
* [[topisches Verhältnis]] als [[In-Sein]] in [[Situation]]en | * [[topisches Verhältnis]] als [[In-Sein]] in [[Situation]]en | ||
− | |||
{{c|Außer den spaltbaren Verhältnissen gibt es aber auch unspaltbare, d.h. nicht in gerichtete Beziehungen aufspaltbare Verhältnisse. Dazu gehören | {{c|Außer den spaltbaren Verhältnissen gibt es aber auch unspaltbare, d.h. nicht in gerichtete Beziehungen aufspaltbare Verhältnisse. Dazu gehören | ||
* die ... Verhältnisse des Aufgehens in etwas in der Ausleibung (einschließlich mystischer Versunkenheit), | * die ... Verhältnisse des Aufgehens in etwas in der Ausleibung (einschließlich mystischer Versunkenheit), | ||
* weiter ekstatischer Zustände (Liebesekstase, ekstatisches gemeinsames Singen und Musizieren), | * weiter ekstatischer Zustände (Liebesekstase, ekstatisches gemeinsames Singen und Musizieren), | ||
* aber auch ganz banale wie das gemeinsame Sägen mit der zweigriffigen Baumsäge.|S-DRdN 169}} | * aber auch ganz banale wie das gemeinsame Sägen mit der zweigriffigen Baumsäge.|S-DRdN 169}} | ||
+ | |||
+ | ==== Verwechslung mit Identität ==== | ||
+ | * die Ununterscheidbarkeit des unspaltbaren Verhältnisses darf nicht als Identität missverstanden werden. | ||
+ | |||
+ | {{c|In der versunkenen Ausleibung, die in den angeführten Zitaten ebenso als sinnliche wie mystische Vereinung mit dem Begegnenden und Widerfahrenden vorkommt, gibt es keine Beziehungen mehr, die das Subjekt von seinen Objekten und diese von einander unterscheiden, so dass sich ein Anschein von Identität einstellt; ...|S-ss 205f}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Es handelt sich vielmehr um ein unspaltbares Verhältnis der Versunkenheit, das als Identität ausgedrückt wird, weil man sich unspaltbare Verhältnisse bisher nur für den Fall der Identität vorstellen konnte: Verhältnisse, bei denen jemand in das, worein er sich vertieft, innig eingegangen und versunken ist, dass er dazu keine Beziehung aufnehmen kann. Von dieser entspannten sinnlichen Versunkenheit ist der Weg ganz kurz zur mystischen Vereinung (unio mystica), ...|S-ss 204}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Der Besessene ist dann dem Affekt verfallen, ohne eine Beziehung zu ihm, die ihm eigene Stellungnahme und kritische Reflexion aus dem Abstand einer Richtung gestattete; er steht in unspaltbarem Verhältnis zu ihm und ist doch bei sich, als einzelne Person im Bann des Affektes, dessen Impuls ihm als einzelner gleichfalls wohl bewusst ist.|S-Ausgrabungen 110}} | ||
==== Partiell unspaltbares Verhältnis ==== | ==== Partiell unspaltbares Verhältnis ==== | ||
Zeile 69: | Zeile 82: | ||
|Bei mir ODER beim Anderen sein | |Bei mir ODER beim Anderen sein | ||
|Bei mir UND beim Anderen sein | |Bei mir UND beim Anderen sein | ||
+ | |- | ||
+ | !Identifikation/Beobachtung | ||
+ | |Beobachtung | ||
+ | |(leibliche) Identifizierung | ||
|- | |- | ||
!Trennung und Verbindung | !Trennung und Verbindung | ||
Zeile 79: | Zeile 96: | ||
|- | |- | ||
!Wissenschaft | !Wissenschaft | ||
− | |Ökologie | + | |Systemische Ökologie |
− | |Phänomenologie | + | |Systemische Phänomenologie |
|- | |- | ||
!Zugang | !Zugang | ||
Zeile 95: | Zeile 112: | ||
|- | |- | ||
![[Phänomenologie]] | ![[Phänomenologie]] | ||
− | | | + | |Sinnes-[[Wahrnehmung]] |
|[[Spüren]] | |[[Spüren]] | ||
|- | |- | ||
Zeile 173: | Zeile 190: | ||
|Duale Beziehung zum vertikalen Unbewussten | |Duale Beziehung zum vertikalen Unbewussten | ||
|Topische Beziehung zum horizontalen Unbewussten | |Topische Beziehung zum horizontalen Unbewussten | ||
+ | |- | ||
+ | !Freundlichkeit (Han) (Siehe: [[Relation]]) | ||
+ | |kommunikative Freundlichkeit | ||
+ | |archaische Freundlichkeit | ||
|} | |} | ||
− | Weitere Gegenüberstellungen: [[Ich und Selbst]], [[Topische Bipolarität#Gegenüberstellung|Topische Bipolarität]], [[Mechanisch-Systemisch-Topisch]], [[Denktypen]], [[Sprachtypen]], [[Logo-Topo]], [[Übersicht]] | + | Weitere Gegenüberstellungen: [[Ich und Selbst]], [[Topische Bipolarität#Gegenüberstellung|Topische Bipolarität]], [[Mechanisch-Systemisch-Topisch]], [[Denktypen]], [[Sprachtypen]], [[Logo-Topo]], [[Übersicht]], [[Relation]] |
=== Zwiefältigkeit === | === Zwiefältigkeit === | ||
Zeile 204: | Zeile 225: | ||
* [[Richtung#Horizontal|Einseitige horizontale Richtung]] | * [[Richtung#Horizontal|Einseitige horizontale Richtung]] | ||
* Kausales Verhältnis und [[Kausalität]] | * Kausales Verhältnis und [[Kausalität]] | ||
− | * 1+1: Trennung als (pathogener) Ausschluss oder (heilsame) Unterscheidung | + | * 1+1: Trennung als (pathogener) Ausschluss oder (heilsame) Unterscheidung: [[Dissoziation]] |
− | * 2+1: Verbindung als (pathogene) Vermengung oder (heilsame) Einbeziehung | + | * 2+1: Verbindung als (pathogene) Vermengung oder (heilsame) Einbeziehung: [[Assoziation]] |
* (Ausschluss) -> Unterscheidung - Einbeziehung <- (Vermengung) | * (Ausschluss) -> Unterscheidung - Einbeziehung <- (Vermengung) | ||
* [[Dualismus]] | * [[Dualismus]] | ||
+ | * Distanz zwischen Subjekt und Objekt: Siehe: [[Dingontologie#Gegenstandsbewusstsein|Gegenstandsbewusstsein]] | ||
{{c|Wenn ich die Dichotomien, die ich ausgewählt habe, ablehne, ist dem nicht so, weil ich ihre intuitive Überzeugungskraft nicht wahrnehme oder weil die intuitive Überzeugungskraft in meinen Augen nicht zählt. Es ist eher so, weil diese Dichotomien so etwas wie störende Sehlinsen sind, die eher verhindern dass wir die wirklichen Phänomene - die Phänomene, die ich beschrieben haben - in ihrem vollem Umfang und Bedeutung sehen.|Putnam 1995, 30. Zit.n. FV-OW 347}} | {{c|Wenn ich die Dichotomien, die ich ausgewählt habe, ablehne, ist dem nicht so, weil ich ihre intuitive Überzeugungskraft nicht wahrnehme oder weil die intuitive Überzeugungskraft in meinen Augen nicht zählt. Es ist eher so, weil diese Dichotomien so etwas wie störende Sehlinsen sind, die eher verhindern dass wir die wirklichen Phänomene - die Phänomene, die ich beschrieben haben - in ihrem vollem Umfang und Bedeutung sehen.|Putnam 1995, 30. Zit.n. FV-OW 347}} | ||
Zeile 215: | Zeile 237: | ||
{{c|Sinn und Zweck der Dualität ist die Liebe.|Siegfried Essen}} | {{c|Sinn und Zweck der Dualität ist die Liebe.|Siegfried Essen}} | ||
− | ==== Unterscheidung als Leistung der Subjekt-Objekt-Spaltung | + | ==== Unterscheidung als Leistung der Subjekt-Objekt-Spaltung in der Ontogenese ==== |
− | ... (Siehe 228 in Andreas Brenner) | + | (im 3. Lebensmonat)... (Siehe 228 in Andreas Brenner) |
+ | |||
+ | Vor der Vollendung des ersten Lebensjahres: | ||
+ | {{c|Dieser Prozess der Abschälung von Subjektivität von Bedeutungen, volkstümlich gesprochen: der Versachlichung, beginnt im normalen Menschenleben noch vor der Vollendung des ersten Lebensjahres. Ich bezeichne ihn als das Erwachsen der Person, das lebenslang anhält, so dass der Mensch immer noch ein Erwachsender als ein Erwachsender ist. Dieser Prozess ist sowohl erlitten als auch selbst getätigt, jenes mehr als dieses.|S-PdZ 91f}} | ||
+ | |||
+ | ==== Unterscheidung als Vermögen Abstand zu gewinnen: [[Dissoziation]] ==== | ||
+ | {{c|Was hier noch fehlt, um die Situation aufzubrechen und durch frei bewegliche Kombination einzelner Bedeutungen (Sachverhalte, Programme, Probleme) zu übersteigen, ist die Fähigkeit, Abstand zu gewinnen, die Neutralisierung: das Vermögen, von den erlebten Bedeutungen die Subjektivität für den Erlebenden abzuschälen, so dass sie objektiv werden wie die objektiven Tatsachen (d.h. tatsächlichen Sachverhalte) im Verhältnis zu den für ihn subjektiven. Ohne das Vermögen der Neutralisierung bliebe die Person hilflos. Durch die Ausübung dieses Vermögens erhebt sie sich aus dem Leben aus primitiver Gegenwart.|S-PdZ 91}} | ||
+ | |||
+ | Vermögen den eigenen Raum zu finden und sich abzugrenzen. | ||
==== Unterscheidung als Leistung des Ichs ==== | ==== Unterscheidung als Leistung des Ichs ==== | ||
Zeile 293: | Zeile 323: | ||
** eigen-topisches Verhältnis: [[Autonomie]] | ** eigen-topisches Verhältnis: [[Autonomie]] | ||
** fremd-topisches Verhältnis: [[Symbiose]] | ** fremd-topisches Verhältnis: [[Symbiose]] | ||
+ | * In der Welt sein, In der [[Szene]] sein | ||
+ | * monovalent, und nicht bivalent (Vgl: WH-RL 87) | ||
+ | * [[Mystik#Mystische Versunkenheit|Mystische Versunkenheit]] | ||
Das topische Verhältnis kann zwar auch [[Naturalismus|naturalistisch]] verstanden werden, hat seinen Ursprung jedoch in dem leibphänomenologischen Zugang zur Welt. Siehe [[Paradigmen#Paradigmen_und_Einstellungen|Paradigmen und Einstellungen]] | Das topische Verhältnis kann zwar auch [[Naturalismus|naturalistisch]] verstanden werden, hat seinen Ursprung jedoch in dem leibphänomenologischen Zugang zur Welt. Siehe [[Paradigmen#Paradigmen_und_Einstellungen|Paradigmen und Einstellungen]] | ||
Zeile 300: | Zeile 333: | ||
Unentschiedenheit bzgl. der [[Identität]] oder der [[Verschiedenheit]] aufgrund des chaotischen Verhältnisses. | Unentschiedenheit bzgl. der [[Identität]] oder der [[Verschiedenheit]] aufgrund des chaotischen Verhältnisses. | ||
− | Siehe: [[In-Sein]], [[Darin-Sein]], [[Feld]], [[Feldontologie]], [[Ort]], [[Topologie]], [[Sphärologie]], [[Mitwelt]] (statt Innen- und Außenwelt wie beim dualen Verhältnis), [[Dualismus]], [[Mechanisch-Systemisch-Topisch]], [[Wohnen]] | + | Siehe: [[In-Sein]], [[Darin-Sein]], [[Feld]], [[Feldontologie]], [[Ort]], [[Topologie]], [[Sphärologie]], [[Mitwelt]] (statt Innen- und Außenwelt wie beim dualen Verhältnis), [[Dualismus]], [[Mechanisch-Systemisch-Topisch]], [[Wohnen]], [[Szene]], [[Befindlichkeit]], [[Sprache#Topo-Sprache als Verhältnissprache|Topo-Sprache als Verhältnissprache]] |
==== Nondualität ==== | ==== Nondualität ==== | ||
Ein topisches Verhältnis ist - negativ definiert - eine nonduales Verhältnis, dadurch aber nicht hinreichend bestimmt. Da es aber die Tradition der Nondualität gibt, sollen hier einige Gedanken zum nondualen Verhältnis genannt werden. | Ein topisches Verhältnis ist - negativ definiert - eine nonduales Verhältnis, dadurch aber nicht hinreichend bestimmt. Da es aber die Tradition der Nondualität gibt, sollen hier einige Gedanken zum nondualen Verhältnis genannt werden. | ||
+ | |||
+ | {{c|Die aus der Zen-Tradition stammende Lehre von der Non-Dualität meint durchaus die Überwindung von Gegensätzen, aber auch, was uns hier interessiert, die Aufhebung von Zweiheit von Subjekt und Objekt. Dabei sind die Behauptungen wie die von Suzuki; er habe einmal im Anschauen eines Baumes erfahren, dass er selbst der Baum ist, wohl extrem. ... Hier jedenfalls haben wir mit dem Leibsein ein elementares und jedermann zugängliches Beispiel von Non-Dualität vor Augen: Im leiblichen Spüren ist der Leib dieses Spüren in seiner Ausdehnung selbst.|GB-BF 137}} | ||
{{c|Weisheit ist Erkenntnis und das Handeln, das ... aus der Nicht-Dualität heraus geschieht.|GS-W 371}} | {{c|Weisheit ist Erkenntnis und das Handeln, das ... aus der Nicht-Dualität heraus geschieht.|GS-W 371}} | ||
Zeile 328: | Zeile 363: | ||
{{c|Die im Bereich konventioneller emotionstheoretischer Überlegungen vorfindbarer Bezugsfelder zwischen erkennendem (oder fühlendem) Subjekt und den Umgebungsbedingungen (Objekten) werden größtenteils dichotomisch gedacht bzw. wird diese Dichotomie völlig unreflektiert vorausgesetzt.|Wimmer in AE-GaA 119}} | {{c|Die im Bereich konventioneller emotionstheoretischer Überlegungen vorfindbarer Bezugsfelder zwischen erkennendem (oder fühlendem) Subjekt und den Umgebungsbedingungen (Objekten) werden größtenteils dichotomisch gedacht bzw. wird diese Dichotomie völlig unreflektiert vorausgesetzt.|Wimmer in AE-GaA 119}} | ||
− | ==== Grundlegende | + | ==== Grundlegende Angebundenheit ==== |
{{c|Der andere und Ich sind untrennbar verbunden. Keiner von beiden, weder der andere noch das Ich, existieren unabhängig voneinander. Die rein mathematischen und logischen Analysen von Spencer-Brown haben das, wie mir scheint, ohne jeden Anflug von Esoterik und New Age handfest nachgewiesen. Diese Einheit der Welt und der Identitäten in ihr ist keine Illusion, nichts, was erst noch zu der Welt hinzutreten müssten, sondern ihr ursprünglicher Zustand als ein System, in dem alles mit allem in Verbindung stehen kann.|GS-W 372}} | {{c|Der andere und Ich sind untrennbar verbunden. Keiner von beiden, weder der andere noch das Ich, existieren unabhängig voneinander. Die rein mathematischen und logischen Analysen von Spencer-Brown haben das, wie mir scheint, ohne jeden Anflug von Esoterik und New Age handfest nachgewiesen. Diese Einheit der Welt und der Identitäten in ihr ist keine Illusion, nichts, was erst noch zu der Welt hinzutreten müssten, sondern ihr ursprünglicher Zustand als ein System, in dem alles mit allem in Verbindung stehen kann.|GS-W 372}} | ||
Zeile 337: | Zeile 372: | ||
==== Grundlegende Lebensvollzüge ==== | ==== Grundlegende Lebensvollzüge ==== | ||
− | * Lebensvollzüge geschehen jenseits von einer Innen- und Außen-Trennung | + | * Lebensvollzüge geschehen jenseits von einer Innen- und Außen-Trennung ([[Innen-Außen]]) |
{{c|Mein Schreiben lässt sich nicht mehr dualistisch aufteilen in ein geistiges und ein körperliches Schreiben. In der '''realisierten Funktion''' lässt sich keine [[Grenze]] zwischen Innen und Außen ziehen - ebenso wie es sinnlos wäre zu fragen, ob die eingeatmete Luft noch der Außenwelt oder schon dem Organismus angehört.|F-DG 143}} | {{c|Mein Schreiben lässt sich nicht mehr dualistisch aufteilen in ein geistiges und ein körperliches Schreiben. In der '''realisierten Funktion''' lässt sich keine [[Grenze]] zwischen Innen und Außen ziehen - ebenso wie es sinnlos wäre zu fragen, ob die eingeatmete Luft noch der Außenwelt oder schon dem Organismus angehört.|F-DG 143}} | ||
Zeile 349: | Zeile 384: | ||
Siehe: [[Umfriedung]] | Siehe: [[Umfriedung]] | ||
+ | |||
+ | ==== Grundgefühl: Vor-Ort-Sein ==== | ||
+ | {{c|... in unserem 'Grundgefühl', vor Ort zu sein. Wo immer, jedenfalls hier. Dieses Grundgefühl 'gründet' also schon im Nichtwissen, sichert uns daher einen unvergesslichen Vorsprung vor Gewissheiten, zu denen wir erst später gelangen.|WH-RL 17}} | ||
+ | |||
+ | * Absolute [[Verortung]]: das Gefühl, vor Ort zu sein ([[Ort#Absoluter Ort|absoluter Ort]]) | ||
+ | * Relative [[Verortung]] in Raum und Zeit geben Auskunft darüber, wo und wann. ([[Ort#relativer Ort|Relativer Ort]] und [[Zeit#Reine Lagezeit|Zeit]]) | ||
==== [[Inkarnation]] ==== | ==== [[Inkarnation]] ==== | ||
+ | Christliche Verkörperungstradition | ||
+ | |||
{{c|"Die Inkarnation", so formuliert Marcel, ist die "Situation eines Wesens, das sich als mit einem Leib verbunden erscheint. Damit ist im Grunde nur eine andre Umschreibung desselben rätselhaften Verhältnisses zum [[Raum]] gegeben, durch das ich im Leibe körperlich und damit räumlich geworden bin, dass ich also durch meinen [[Leib]] in den Raum eingepflanzt bin. Aber es ist durchaus berechtigt, diesen theologisch vorbestimmten Begriff (wenn auch in einem etwas veränderten Sinn) zur Bezeichnung der allgemeinen anthropologischen Bestimmung des Menschen heranzuziehen.|OFB-MuR 291}} | {{c|"Die Inkarnation", so formuliert Marcel, ist die "Situation eines Wesens, das sich als mit einem Leib verbunden erscheint. Damit ist im Grunde nur eine andre Umschreibung desselben rätselhaften Verhältnisses zum [[Raum]] gegeben, durch das ich im Leibe körperlich und damit räumlich geworden bin, dass ich also durch meinen [[Leib]] in den Raum eingepflanzt bin. Aber es ist durchaus berechtigt, diesen theologisch vorbestimmten Begriff (wenn auch in einem etwas veränderten Sinn) zur Bezeichnung der allgemeinen anthropologischen Bestimmung des Menschen heranzuziehen.|OFB-MuR 291}} | ||
Zeile 359: | Zeile 402: | ||
Siehe: [[Person#Person und Leib|Person und Leib]] | Siehe: [[Person#Person und Leib|Person und Leib]] | ||
+ | |||
+ | ==== Keine Identität ==== | ||
+ | {{c|Es handelt sich aber nicht um echte Identität, denn die wäre symmetrisch. Zwar ist Nietzsche "ganz See, ganz Mittag", doch nicht der Silser See ganz Nietzsche geworden. Vielmehr liegt, aber nur von einer Seite, ein absolut unspaltbares Verhältnis vor, das als Identität ausgegeben wird, weil sich die Ekstatiker ein beziehungslos inniges Verhältnis nur als Identität vorstellen können.|S-KGm 104f}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Sowohl bei den Ekstasen der Einleibung als auch in der sinnlichen und der mystischen Ekstase als Zustände der Ausleibung geht die Einzelheit auf allen oder mindestens einer Seite mit der Beziehungsfähigkeit verloren, indem ein Partner im anderen oder den anderen sozusagen aufgeht, ohne aber die (absolute) Identität zu verlieren, denn es zeigt sich ja, dass die vermeintliche Identifizierung nicht zu echter Identität durch Selbstvernichtung im anderen führt; Identität müsste symmetrisch sein, nach beiden Seite ausgewogen. Beziehungen erfordern einzelnen Teilnehmer; bei Verhältnissen ist das offenbar nicht der Fall, sofern sie nicht zur Spaltung in Beziehungen bereitstehen.|S-KGM 105}} | ||
== Andere Verhältnisse == | == Andere Verhältnisse == |
Aktuelle Version vom 6. Oktober 2019, 21:59 Uhr
Verhältnis, Beziehung, Prozess
Verhältnis | Beziehung | Prozess | |
---|---|---|---|
Richtung | richtungslos, ungerichtet | gerichtet (von etwas, das sich bezieht, auf etwas, worauf es sich bezieht), kehren zum Ausgangspunkt zurück | gerichtet, Umkehrung verlängert den Ablauf |
Spaltbarkeit |
|
gespaltet | gespaltet |
Einzelheit | ohne Einzelheit möglich | mit Einzelheit der Beziehungsglieder | mit Einzelheit der Kettenglieder |
Richtungslosigkeit
Spaltbarkeit
Einzige Richtung ohne Verhältnis: Der Fluss der Zeit
Spaltbares Verhältnis
Unspaltbares Verhältnis
- unspaltbare Verhältnisse, sind Verhältnisse, die nicht in Beziehungen spaltbar sind
- topisches Verhältnis als In-Sein in Situationen
Außer den spaltbaren Verhältnissen gibt es aber auch unspaltbare, d.h. nicht in gerichtete Beziehungen aufspaltbare Verhältnisse. Dazu gehören
- die ... Verhältnisse des Aufgehens in etwas in der Ausleibung (einschließlich mystischer Versunkenheit),
- weiter ekstatischer Zustände (Liebesekstase, ekstatisches gemeinsames Singen und Musizieren),
- aber auch ganz banale wie das gemeinsame Sägen mit der zweigriffigen Baumsäge. (S-DRdN 169)
Verwechslung mit Identität
- die Ununterscheidbarkeit des unspaltbaren Verhältnisses darf nicht als Identität missverstanden werden.
Partiell unspaltbares Verhältnis
z.B. Ausleibung.
Absolut unspaltbares Verhältnis
- Häufige Verwechslung mit der Identität.
- z.B. mystische Versunkenheit:
Topisches und Duales Verhältnis
Übersicht
Duales Verhältnis | Topisches Verhältnis | |
---|---|---|
Pianist-Metapher | Der Pianist hier, das Klavier dort. | Der-Pianist-mit-Klavier-im-Klangraum. (F-DG 146) |
Aufmerksamkeit | Bei mir ODER beim Anderen sein | Bei mir UND beim Anderen sein |
Identifikation/Beobachtung | Beobachtung | (leibliche) Identifizierung |
Trennung und Verbindung | Getrenntheit als Trennung | Verbundenheit als Durchdringung, Diaphanie |
Systemtheorie | System-Umwelt-Grenze von Operationstypen, oder Organismus-Umwelt als retives Systemganzes (Ökologie) | Endo-Systemtheorie? |
Wissenschaft | Systemische Ökologie | Systemische Phänomenologie |
Zugang | Sehender Beobachter in Beobachterperspektive | Einfühlendes Schauen eines affektiv Betroffenen in Teilnehmerperspektive |
Physiologie | Sehen (Visualprimat im Konstruktivismus, Physiologismus) | ? |
Richtung | Einseitig horizontale Richtung | Ungerichtetes Verhältnis |
Phänomenologie | Sinnes-Wahrnehmung | Spüren |
Ontologie | Zwei Seiten, Innen-Außen (Dingontologie, Prozessontologie) | Ein Leib, In-Sein als affektives Betroffensein (Feldontologie) |
Sein | An-Sein, Innen-Außen (Trennungs-Metapher) | In-Sein (Durchdringungs-Metapher) |
Welt | Innenwelt und Umwelt, Vernetzung, Konstellation | Lebenswelt, Mitwelt, Situation |
Spaltbarkeit | spaltbar | unspaltbar |
Achsen | Horizontale (Ich-Du-Achse) | Vertikale (Ich-Selbst-Achse) |
Pa-/Maternal | Paternal | Maternal |
Modell | (Voll-)Ding-Modell | Feld-Modell, Situation |
Raum | Flächige Trennung im objektiven Raum | Affektives Betroffensein im leiblichen Raum |
In-Sein | Ding im Raum als objektive Tatsache | Mensch im Raum als subjektive Tatsache |
Elemente | Ding und Ding (Körper und Körper) | Ton und Korpus (Kraft im Raum) |
Zeitigkeit | Stoß und Zug von zwei Körpern. Ein Körper an der gleichen Stelle nur in Nachzeitigkeit, sonst nur nebeneinander. | Schwingung und Korpus gleichzeitig an dergleichen Stelle (Gleichzeitigkeit) miteinander. |
System | System-Umwelt-Trennung (Fokus auf Grenze als operationale Geschlossenheit) | Organismus-Umwelt-Ganzes als System (Fokus auf Beziehungen und Durchdringung) |
Körper/Leib | Gesehener Körper (in Distanz vom Sehenden) | Spürender Leib (affektive Betroffenheit statt Distanz zum Spürenden) |
Bild oder Ton | Repräsentation: statisches Gegenüber von Repräsentandum (Vorbild) und Repräsentat (Abbild). | Resonanz: dynamische, synchrone Verschränkung von Resonandum (Gefühl) und Resonans (Fühlen). |
Land(karte) | Körper als Ort der Landkarte | Land als leiblicher Ort |
Kant | Ding an sich (Noumenon) | Erscheinung (Phainomenon) |
Buber | dialogische Daseinserfahrung | monologische Daseinserfahrung (FKW 119) |
Gegenstellung von Subjekt und Objekt | Partizipierendes Welt- und Naturverhältnis | |
Unbewusstes | Duale Beziehung zum vertikalen Unbewussten | Topische Beziehung zum horizontalen Unbewussten |
Freundlichkeit (Han) (Siehe: Relation) | kommunikative Freundlichkeit | archaische Freundlichkeit |
Weitere Gegenüberstellungen: Ich und Selbst, Topische Bipolarität, Mechanisch-Systemisch-Topisch, Denktypen, Sprachtypen, Logo-Topo, Übersicht, Relation
Zwiefältigkeit
Kûkai
- Siehe: Achsen
horizontale phänomenalen Weltbeziehung (dual) | vertikale Selbstbeziehung (topisch) |
Martin Buber
Ich-Du (dual) | Ich-Es (monadisch) |
Duales Verhältnis
- 1S+1S oder 2S+1G (2 Seiten, 1 Grenze)
- Ein duales Verhältnis ist ein Verhältnis mit zwei Einzelnen (1+1) und einer vereinzelbaren Relation (2+1) abbildbar in einer Menge.
- Einseitige horizontale Richtung
- Kausales Verhältnis und Kausalität
- 1+1: Trennung als (pathogener) Ausschluss oder (heilsame) Unterscheidung: Dissoziation
- 2+1: Verbindung als (pathogene) Vermengung oder (heilsame) Einbeziehung: Assoziation
- (Ausschluss) -> Unterscheidung - Einbeziehung <- (Vermengung)
- Dualismus
- Distanz zwischen Subjekt und Objekt: Siehe: Gegenstandsbewusstsein
Unterscheidung als Leistung der Subjekt-Objekt-Spaltung in der Ontogenese
(im 3. Lebensmonat)... (Siehe 228 in Andreas Brenner)
Vor der Vollendung des ersten Lebensjahres:
Unterscheidung als Vermögen Abstand zu gewinnen: Dissoziation
Vermögen den eigenen Raum zu finden und sich abzugrenzen.
Unterscheidung als Leistung des Ichs
Unterscheidung als fundamentale Idee
Unterscheidungswissen
Kritik: Gefühlswissen? (Zudem Titel eines Buches), Gewissheit der subjektiven Tatsachen im affektiven Betroffensein.
Unterscheidungen als 2S + 1G
Unterscheidungen werden gemacht. Sie sind Handlungen, die etwas herstellen: nämlich Unterschiede. Unterscheidungen ziehen Grenzen zwischen etwas (das bezeichnet und dadurch aus seinem Umfeld herausgehoben wird) und etwas anderem. Es gibt also dreierlei:
- die eine Seite,
- das Übrige als die andere Seite -
- und die Grenze zwischen beiden Seiten. (GS-W 363)
Innen-Außen
Auch das Innen-Außen-Verhältnis ist ein typisch duales Verhältnis. Im Unterschied zum In-Verhältnis als topischen Verhältnis. Siehe In-Sein.
Zwei mögliche Psyche-Körper-Umwelt Grenzziehungen:
- Innen als Psyche, Außen als Körper
- Innen als Körper, Außen als Umwelt
Siehe: Innen-Außen
Subjekt - Objekt
Aspektdualität
z.B. der biologische Aspektdualität eines Lebewesens bzw. einer Person:
Siehe: Personale Aspektdualität, Biologische Aspektdualität
Siehe: Aspektdualität als Polarität
Komplementarität
Siehe: Komplementarität
Duales Verhältnis als Dualismus
Siehe: Dualismus
Duales als relationales Verhältnis
Man unterscheidet:
Ein duales Verhältnis zwischen mehreren Elementen kann auch um eine Relation als Drittes Element ergänzt werden, und damit als polyzentrische Relation verstanden werden.
Vertreter
Freud
Topisches Verhältnis
- 1 in einer Situation, chaotische Mannigfaltigkeit
- Einbettung im Weiteraum
- Auch chaotisches Verhältnis genannt. (S-Sub 13)
- Leibliches In-Sein in Situationen: Eigene oder Fremde? (Biophiles Topisches Verhältnis)
- Unterscheidung von Schwingung und Resonanzkörper
- leiblich-durchdringend als affektives Betroffensein in Leibesinseln (z.B. Herz)
- Beziehung zum eigenen Raum, im Unterscheid zur Besetzung von fremden Räumen:
- In der Welt sein, In der Szene sein
- monovalent, und nicht bivalent (Vgl: WH-RL 87)
- Mystische Versunkenheit
Das topische Verhältnis kann zwar auch naturalistisch verstanden werden, hat seinen Ursprung jedoch in dem leibphänomenologischen Zugang zur Welt. Siehe Paradigmen und Einstellungen
Im topischen Verhältnis (oder auch chaotischen Verhältnis) sind zwei verschiedene Sachen durch ihre Orthaftigkeit miteinander verbunden, aber so chaotisch, dass weder diese Sachen noch diese Beziehung vereinzelbar ist.
Unentschiedenheit bzgl. der Identität oder der Verschiedenheit aufgrund des chaotischen Verhältnisses.
Siehe: In-Sein, Darin-Sein, Feld, Feldontologie, Ort, Topologie, Sphärologie, Mitwelt (statt Innen- und Außenwelt wie beim dualen Verhältnis), Dualismus, Mechanisch-Systemisch-Topisch, Wohnen, Szene, Befindlichkeit, Topo-Sprache als Verhältnissprache
Nondualität
Ein topisches Verhältnis ist - negativ definiert - eine nonduales Verhältnis, dadurch aber nicht hinreichend bestimmt. Da es aber die Tradition der Nondualität gibt, sollen hier einige Gedanken zum nondualen Verhältnis genannt werden.
Nondualität als Paradoxie?
Nondualität und Spiritualität
Überwindung der Subjekt-Objekt-Spaltung
Grundlegende Angebundenheit
Blick nach Innen bietet kein Gegenüber
Grundlegende Lebensvollzüge
- Lebensvollzüge geschehen jenseits von einer Innen- und Außen-Trennung (Innen-Außen)
- Vom Lebensvollzug zum objektiven Prozess: Gefahr, in eine Prozessontologie abzurutschen.
Wohnen
Siehe: Umfriedung
Grundgefühl: Vor-Ort-Sein
- Absolute Verortung: das Gefühl, vor Ort zu sein (absoluter Ort)
- Relative Verortung in Raum und Zeit geben Auskunft darüber, wo und wann. (Relativer Ort und Zeit)
Inkarnation
Christliche Verkörperungstradition
Während sich der Inkarnations-Begriff Merleau-Pontys sich also als zu eng erweist, erweist sich derjenige, den Schmitz gebraucht als zu weit: Schmitz versteht unter Inkarnation die Verdichtung von Atmosphären, die eine solche Konzentration erlangen, dass sie andere ergreifen können. Eine solche Weise des Inkarnations-Begriffs erscheint jedoch aus zwei Gründen nicht sinnvoll:
- Erstens ist auch er auf die Außenperspektive verwiesen und nur von dieser aus rekonstruierbar
- und hebt damit zweitens das Gewicht der Leib-Bedeutung auf, für die die Inkarnation steht.
Siehe: Person und Leib
Keine Identität
Andere Verhältnisse
Identitätsverhältnis
- 1=1, A=B
- Siehe: Identität, Identifizierung
Aristoteles:
Sloterdijk:
Polares Verhältnis
- 2P (2 Pole) (=graduelles Verhältnis?)
- Dynamiken des Leibes (Enge-Weite)
- Unterscheidung Körper-Leib.
Vgl: [MU-DLGG 188]
Siehe: Aspektdualität
Graduelles Verhältnis
- 1 bis n ( = 1 Gattung )
- Gradmesser für z.B. mehr oder weniger Körperlichkeit, mehr oder weniger Gedanke
- Gattungsmäßige Einheit von heterogenen Phänomenen wie Gedanke und Körper: Einheitserfahrung der Person
Ausdruck eines Grades ist immer der Ausdruck von demselben, das als Gattung genannt werden sollte. Z.B. Leib als Gattung für das psycho-physische Kontinuum, siehe auch Panpsychismus.
subjektiv - objektiv
Anschlussverhältnis
- Verkettung von zwei Ereignissen. Siehe Prozessontologie.
Realisationsverhältnis
- A wird durch B realisiert (nicht exklusiv: A kann daher auch durch C realisiert werden)
- Mittelding zwischen einem Identitätsverhältnis und einem dualen Verhältnis.
- Beispiel: Das Verhältnis von Person und Leib ist eine Realisationsrelation. Die Person wird durch den Körper leiblich realisiert.
- Siehe: Realisationsrelation
Diskussion
Erfahrungsgrundlagen:
- Erfahrung: topisches Verhältnis (Leib)
- Erfahrung: duales Verhältnis (Leib und Körper)
- Erfahrung: graduelles Verhältnis (Körper ... Psyche)