Am Ursprung der Sprache muss wohl ein mächtiger Durchbruch
privativer Weitung in der
leiblichen Dynamik der
Menschen gestanden haben, wodurch sie vom Druck der
Situationen in der
Einleibung so frei wurden, dass diese nicht mehr allein durch Rufe und Schreie, die dieser Druck aus sich hervorpresst, beantwortet werden konnten.
(S-DRdN 238)
Natürliche Sprachen als Situation aus Sätzen
Sprachen sind teils
- natürliche Sprachen,
- teils Kunstsprachen.
Natürliche Sprachen sind
Situationen, in die man entweder (besonders in der Kindheit) ganzheitlich hineinwächst oder schrittweise und willkürlich eindringt, bis man sie "kann" oder "beherrscht", wie Schwimmen oder Tanzen oder ein Instrument (Klavier, Schreibmaschine, Auto usw.)
(S-NGdE 240f)
[Sprache ist] ein Gesamtprogramm oder Verhaltensmuster, bestehend aus
Regeln (d.h. Programmen für möglichen Gehorsam, denen unbestimmt häufig gehorcht werden kann), die mit im Allgemeinen unverbindlicher (d.h. vom Belieben des Adressaten, hier des jeweiligen Sprechers, abhängiger) Geltung Rezepte dafür angeben, wie man sich zu benehmen hat, um redend Sachverhalte, Programme und Probleme darzustellen und dabei nach Bedarf
Sprechakte zu vollbringen.
(S-NGdE 239f)
Einbettung in der Sprache
Die Einbettung befähigt den Sprecher, mit ihr [der Sprache] redend umzugehen. (S-NGdE 260)
Das Kind wächst ganzheitlich in eine Sprache hinein, dringt in sie ein.
Das Kennen der
Bedeutungen und Sinne doxischer Diamorphe ... beruht auf dem so erworbenen ganzheitlichen
Innesein; ...
(S-DuG 187)
Sprache kein System sondern Nomos
Eine Sprache ist eine
Situation, die ganz in ihrem Programmgehalt aufgeht und damit ihr eigener
Nomos ist. Der Grundsatz für die kategoriale Einordnung von Sprachen kann also lauten:
Eine Sprache ist kein System, sondern ein Nomos. (S-DRdN 214)
Sprache kein Zeichensystem
"Niemand zweifelt heute daran, dass die Sprache ein Zeichensystem ist." (Harald Weinrich, Sprache heisst Sprachen, Tübingen 2011, S. 25)
Siehe: Sprache als Menge oder Situation von Regeln
Inventartheorie der Sprache
Siehe: Elementarismus
Gebrauchstheorie der Sprache
- Leitmotiv: "Bedeutung gleich Verhalten (und zwar gleich dem Verhalten, das zu dem Wort führt, und dem Verhalten, das durch das Wort ausgelöst wird)." (Hörmann, zit.n. S-DuG 187)
Darüber sind sich die Behavioristen einig mit
Wittgenstein, der seinem Leser den Befehl gibt: "Sieh den Satz als Instrument an, und seinen Sinn als seine Verwendung!" Hier werden Sprache und Rede vermengt.
(S-DuG 187)
Insofern betrifft die Gebrauchstheorie der Sprache nicht die
Rede, aber sie bleibt trivial und sagt nicht mehr als die volkstümliche Rede vom Sprachgebrauch. Nicht trivial ist freilich die Unterscheidung des sinnvollen Sprachgebrauchs vom Missbrauch der Sprache (z.B. durch Sprachverhunzung, Blödeleien, Missgriffe eines Sprachunkundigen), aber gerade dazu ist die Gebrauchstheorie nicht in der Lage, denn sie setzt ja Bedeutung (ist gleich) Gebrauch oder Verhalten, und Missbrauch ist so gut Gebrauch wie sinnvoller Gebrauch.
(S-NGdE 242)
- Bedeutung = Gebrauch = Verhalten
- aber: dann ist Gebrauch von Missbrauch nicht zu unterscheiden
Eine Sprache besteht aus Sätzen. Ein
Satz ist eine
Regel zur Erzeugung von
Sprüchen.
(S-DRdN 211)
Sprache und Rede
Gegen Wittgensteins Aussage: "Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache."
In der Sprache wird nicht gesprochen und daher nichts gebraucht; mit der Sprache wird geredet, und diese
Rede wird zu allerlei Zwecken, u.a. zur Verständigung mit anderen, gebraucht. Die
Bedeutung von Worten und anderen sprachlichen Ausdrücken gehört zur Sprache, nicht zur
Rede, und hat daher mit Gebrauch nichts zu tun. Wohl kann man, wenn man die Sprache kennen lernen will, ihr System aus dem beobachteten Gebrauch in der
Rede erschließen, aber der Könner, der die Sprache gelernt hat oder von Kind auf in sie hineingewachsen ist, hat das nicht nötig, sondern er ist entweder in sie als Muttersprache mit seiner persönlichen
Situation eingepflanzt (implantiert) oder er kann in diese
Situation leicht hineinschlüpfen, wenn er eine Fremdsprache beherrscht.
(S-Weg 584f)
Analogie von Sprache und Rede:
- Sprache als Wasserbecken in dem ich mich treiben lasse. Wasser ist nicht greifbar.
- Rede als Spucken von Wasser aus dem Mund. Spucken als vertikale Explikation als Tätigkeit.
Siehe: Rede und Sprache
Sprache und Denken
Es wird deutlich, wie Sprachstruktur und Denkstruktur einander stützen und bestätigen können. (RE-SuS 211)
Siehe: Denken und Sprache
Sprache und Leib
Insofern gleicht die Sprache dem
motorischen Körperschema bei der zweckmäßigen Führung willkürlicher und unwillkürlicher Körperbewegungen ohne Entgleiten in die Apraxie. Ich habe diesen Typ von Mannigfaltigkeit als
diffus chaotisch-mannigfaltig bezeichnet, ...
(S-DRdN 213f)
Siehe: Aufstellung als transverbale Sprache, Intuitive Erfassung von Regeln
Sprache und Welt
[N]icht die Worte der Sprache vermitteln uns das Verständnis der
Welt, sondern unsere individuelle Orientierung in der Welt vermittelt uns das Verständnis der Worte und Sätze.
(FM-BKS3 243)
Sprachabhängigkeit
Ich habe gezeigt, dass vielmehr Individuen (d.h. einzelne
Sachen, die keine Fälle von sich haben) abstrakte, sprachabhängige
Objekte und statt ihrer
Situationen, solange sie ganzheitlich, aber nicht einzeln sind, mit ihrer binnendiffusen
Bedeutsamkeit konkret (unabhängig von Sprache) sind.
(S-LU 66)
Das primäre Weltverhältnis ist daher wie bei den Tieren durch Gefühle (Gefühlsprimat), nicht durch Sprache.
Es gibt Sachverhalte als vorsprachliche Gegenstände.
Unzulänglichkeit der Sprache
Sprachfreie Probleme
Verführungen der Sprachtypen
Subjekt: Möglichkeit oder Zwang
In der deutschen Sprache und auch in den meisten Sprachen der indoeuropäischen Sprachfamilie gibt es einen weitgehenden
Zwang zum
Subjekt, während die chinesische und japanische Sprache vielmehr die
Möglichkeit besitzen, ein
Subjekt im
Satz zu spezifizieren. Das heißt, wenn der zum Ausdruck gebrachte
Sachverhalt kein Subjekt erfordert, muss kein Subjekt bestimmt werden, wenn es aber für notwendig erachtet wird,
kann es bestimmt werden.
(RE-SuS 206)
Subjektlose Sätze im Deutschen
Im 19. Jahrhundert fand in der deutschen Sprache eine längere Debatte über subjektlose Sätze und Urteile statt, die heute fast ganz in Vergessenheit geraten ist, obwohl sie für die Philosophie Heideggers und für die gerade verhandelte Fragestellung von besonderer Bedeutung ist. (RE-SuS 206)
Inzwischen scheinen auch europäische Philosophen die Ebene der "subjektlosen Sätze" für ihr Denken fruchtbar zu machen, was vielleicht auch erklären mag, warum sich z.B. Nietzsche und Heidegger in Ostasien so großer Beliebtheit erfreuen. (RE-SuS 212)
Subjekt, Prädikat, Objekt
Die indogermanische Syntax verführt z.B. dazu, die Welt als ein
Geflecht von Substanzen, die durch kausale
Beziehungen verbunden sind, aufzufassen.
(S-WNP 364)
Die Berufung auf ein angeblich normale Sprache genügt nicht. Abgesehen davon, dass die Alltagssprache in nicht geringem Umfang "gesunkenes Kulturgut" früherer philosophischer Prägungen ist, über jede Sprache durch ihre Syntax und ihren Wortschatz bestimmte Suggestionen aus, die einer Auszeichung als normal im Wege stehen. Es handelt sich z.B. um die Formen von Subjekt und Prädikat, Subjekt und Objekt (Nominativ und Akkusativ), die dazu verführen,
Relationen für selbstverständlich zu halten und sich über ihre Ablösung aus komplexen, gleichermaßen von mehreren Seiten ablesbaren
Verhältnissen keine Gedanken zu machen, ferne dazu, alles für identisch und einzeln zu halten, als Gegenstand möglicher Aussagen.
(S-DWdeP2 608)
Geschehensprozesse ohne Subjekt und Objekt
Die Möglichkeit, das Subjekt und das Objekt einfach wegzulassen und nur den Vorgang als
Geschehen - oder das "Tun" - zu benennen, wie es im Chinesischen möglich ist, lässt bestimmte Phänomene, vor allem Naturerscheinungen und sinnliche Vorgänge, eindringlicher und lebendiger vor Augen treten. Im wesentlichen die die beiden genannten Phänomenfelder
wesentlich subjektlos im grammatischen und bei genauerer Betrachtung sogar im philosophischen Sinne, da es sich um Geschehensprozesse handelt, die vor jeder Idealisierung sich jenseits der Subjekt-Objekt-Trennung vollziehen und in denen "ich" selbst auch nur ein Moment im Gesamtvollzug bin.
(RE-SuS 210)
Prädikat und Situation als Basis
Wir wissen, dass ein sogenannter Gedanke oder ein Satz nichts weiter ist als die Richtung unserer Aufmerksamkeit auf irgendeinen Sinneseindruck, sei es ein neuer Sinneseindruck oder die Vorstellung oder Erinnerung uns wohlbekannter Eindrücke. Dieser psychologische Vorgang ergibt dass - um es zu wiederholen - das Prädikat eines Satzes, das Ausgesagte, das Prädizierte auch allein das Aussagenswerte, das Sprechenswerte ist, dass das Subjekt das Selbstverständliche ist, das in den Urzeiten der Sprache gewiss noch gar nicht gesagt wurde. Das Subjekt, das jetzt für das Hauptwort, für die Hauptsache gilt, muss eine jüngere Erfindung gewesen sein, es ist ein Parvenu. (FM-BKS3 253)
Wir haben gelernt, dass alle Worte auf metaphorischem Wege aus solchen allgemeinen hinweisenden Prädikaten entstanden sein müssen, das Dingwörter und Zeitwörter, dass die Kategorien der Sprache bis hinab zu den umfassenden Konjunktionen, dass sogar die Tonfärbungen der Frage, des Befehls, der Bitte usw. metaphorisch sich ausbreiten, dass noch in der "hochentwickelten" Sprache die
Situation es ist - wenn auch längst nicht mehr allein die gegenwärtige Situation - welche den Sinn des einzelnen Wortes erklärt. Die Worte sind vieldeutig; eindeutig werden sie durch die Einheit der Seelensituation im Sprechenden und Hörenden, soweit da eine Einheit herzustellen ist.
(FM-BKS3 243)
Wäre das Prädikat alleine ausgesprochen worden, der Schuldner hätte sich das psychologische
Subjekt schon hinzugedacht.
(FM-BKS3 229)
Immer ist es die
Situation, welche das psychologische Prädikat erst erklärt.
(FM-BKS3 229)
Prinzipiell wäre auch in der deutschen Sprache ein Sprachgebrauch möglich, der das situative Geschehen in den Vordergrund rückt, wie die Debatte über impersonale Urteile und subjektlose Sätze in der Logik zeigt. (RE-SuS 211)
Siehe: Geschehen
Aktiv, Passiv und Medium
Unsere Sprache macht es uns allerdings schwer, diesen ganz schlichten Tatbestand [der vorausgesetzten Subjekt-Objekt-Einheit in der
Wahrnehmung] zu formulieren, weil sie uns dazu zwingt, jedes Geschehen mit Hilfe von Verben im Aktiv oder Passiv als ein Tun oder Leiden auszugeben, wodurch sich der Unterschied zwischen Akt und Gegenstand der
Wahrnehmung als etwas ganz Selbstverständliches und vom Sprecher jeweils schon Zugegebenes aufzudrängen scheint.
(S-Sub 8)
Siehe:
Sprache ohne Namen
In einer Sprache ohne Namen, die mit Verben im Infinitiv, Adverbien und einem kompliziertem System von Adverbialsuffixen sowie Satzverbindungen auskäme, könnte alles gesagt werden, was wir in unserer Sprache an Sachverhalten, Programmen und Problemen darstellen können, aber von keiner einzelnen anderen Sache wäre dabei die Rede; unsere impersonale Konstruktionen wie "Es regnet" oder "Hier ist gut sein" geben eine Ahnung von der Möglichkeit einer solchen Sprache, mehr noch die grönländische Sprache, wie Finck sie geschildert hat. (S-BW 47)
Es lässt sich nämlich eine fiktive Sprache ausdenken, die nur aus Verben im Infinitiv und Adverbien mit einem die Grammatik regelnden System von Adverbialsuffixen sowie satzbildenden Partikeln (wie "nicht", "und", "weil") bestünde und in dem Sinn gleich ausdrucksstark wie die unsrige wäre, dass sie für dieselben Sachverhalte, Programme und Probleme, insbesondere also für dieselben Tatsachen, mögliche Aussagen zur Verfügung stellte. (S-WieP 19)
Eine Sprache ohne Namen, die sich auf Infinitive, Adverbien mit einem reich entwickelten Anhang von Adverbialsuffixen zur grammatischen Steuerung und satzbildende Operatoren (der Negation, Satzverknüpfung, Quantifizierung und Modalität) beschränkte, könnte ebenso elegant, bequem und ausdrucksfähig wie die unsrige sein, aber ihre Einzelwesen wären:
In einer solchen Sprache würde
Das zum Sprechen dieser Sprache gehörige Denken wäre
- nicht diskursiv,
- sondern müsste von einem ganzheitlichen Geschehen her differenzieren und nuancieren.
Weil wir das nicht können, bleibt eine solche Sprache uns versagt. Die
grönländische Sprache scheint aber in diese Richtung zu tendieren.
(S-DWdeP2 620)
Idealtypus der Sprache ohne Namen:
- ohne Namen
- nur mit Verben im Infinitiv
- keine personale Konjugation: z.B. Japanisch
- keine Tempi: Vergangenheit/Zukunft
- keine Modi: Aktiv/Passiv
- Sätze um einen zentralen Vorgangsausdruck herum gebaut: S->O->[P]
- Prädikatlogisch: z.B. Japanisch
- Adverbien, Adverbialsuffixe: adverbiale statt nominale Äquivalente
- Konjunktionen zur Sätzeverbindung
Beispiele auf Deutsch:
- Es regnet
- Hier lässt sich's leben
- Hier ist gut sein
Beispiele auf Japanisch:
- liebend sein (愛してる)
- essend sein (食べてる)
Siehe: Nominalismus als Behauptung es gibt nur konkrete Objekte keine Namen
Sprachtypen
Logo- und Topo-Sprache
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Logo-Sprache Horizontale Sprache
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Topo-Sprache Vertikale Sprache
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Einzelwesen
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Körper, Personen, Farben, Geräusche
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Sachverhalte, Programme, Probleme
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Dargestelltes
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Beziehungen einer Sache zu anderen Sachen
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komplexe Verhältnisse vor der Aufspaltung in Relationen
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Geschehen
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Tun oder Leiden (Aktiv oder Passiv)
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Medialer Geschehenshintergrund
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Beispiel
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Objekte
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abstrakte Objekte: Dinge mit Namen (je nach Sprache unterschiedlich)
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konkrete Objekte: Situationen
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Denken
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- von einem ganzheitlichen Geschehen her nuancierend
- hermeneutisch, situativ
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Sprachen
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Indoeuropäische Sprachen
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Japanisch, Grönländisch
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Siehe: Logo-Topo, Denktypen
Vergleich: Deutsch, Japanisch, Grönländisch
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Deutsch
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Japanisch
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Grönländisch
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Thema/ Subjekt/ Objekt/ Prädikat
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[S] <- P <- O
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T/S -> O -> [P]
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[P + (T/S)+(O)]
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Primäre Verb-Konjugation: Person und Numerus
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primäre Konjugation: 1.-3. Person, Singular + Plural (wie in allen indogermanischen Sprachen)
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keine primäre Konjugation: keine Person und kein Numerus
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primäre Konjugation: 1.-3. Person + 3. Person reflexiv, Singular + Plural
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Namen
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reichlich
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reichlich (aber beliebig auslassbar)
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wenig (im Verb als Suffix enthalten), Nominal-Inkorporation
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- Möglicher Verlust der Subjekt-Dominanz im Satz:
- durch (Nominal-)Inkorporation des Nomens an das Verb, z.B. bei polysynthetischen Sprachen (bsp. Grönländisch)
- oder fehlendes Subjekt bzw. Thema statt Subjekt und fehlende Konjugation des Verbs (bsp. Japanisch)
Wichtigkeit von Subjekt, Objekt, Prädikat und Mittel
Grönländisch
Dabei handelt es sich um eine Sprache, die Vorgänge wie die Tötung eines Menschen nicht als Beziehung eines
Subjektes (des Töters) zu einem
Objekt (dem Getöteten) ausdrückt, sondern durch ein Vorgangswort im Infinitiv als ein
Geschehen, das durch adverbiale Zusätze, die auch über die aktive und die passive Rolle Beteiligter Auskunft geben, näher bestimmt wird. Dem entspricht graphisch die
Darstellung eines Zustandes oder
Ereignisses durch ein
Bild oder Diagramm, das mit einem Schlage ohne Durchlaufen aufgefasst werden soll, in der Weise von Robert Fludd. Dann erübrigt sich die Auszeichnung einzelner Referentien und Relate nach Art von Nägeln oder Haken, zwischen denen eine
Beziehung aufgespannt wird, als Anleitung, wie man durchlaufen soll.
(S-JdN 374f)
Neben der Betonung leiblicher Kommunikation verweist Schmitz auch immer wieder darauf, dass die Sprache uns die Annahme intentionaler Strukturen suggeriert, obwohl sie dem Vorgang vollkommen äußerlich ist. (A-SdE 261f)
Man kann sich darüber wundern, wie die im Grunde billige und triviale sprachliche Gelegenheit, mit der Rede von einem Bewußtsein die von einem Gegenstand dieses Bewußtseins zu verbinden, als sicherer und fruchtbarer Leitfaden wissenschaftlicher Forschung ausgegeben werden konnte. Unsere Sprache legt es uns nahe,
- jede Freude als Freude über etwas,
- jeden Haß als Haß gegen etwas,
- jedes Wollen als Wollen eines Ziels,
- jeden Gedanken als Gedanken an etwas,
- jede Erwartung als Erwartung von etwas
u. dgl. mehr zu verstehen; diese sprachliche Bequemlichkeit hängt mit dem Unterschied des Aktivs und des Passivs in den indogermanischen Sprachen zusammen. (S-Sub 2)
Die in unsere Sprachen eingelassene Unterscheidung von Aktiv und Passiv erschwert es, so die Argumentation von Schmitz, Wahrnehmungen unabhängig vom aktiven oder passiven Subjekt thematisieren zu können. Die Formulierung eines passiven und anonymen Wahrnehmungsvorgangs, indem nicht bereits die Unterscheidung von Subjekt und Objekt, von Wahrnehmendem und Wahrzunehmendem vorausgesetzt ist, ist nicht so naheliegend. Viel eher geben wir die Ereignisse als ein Tun oder Erleiden, im Aktiv oder Passiv an, so dass der Unterschied zwischen dem Wahrnehmungsakt un dem, worauf die Wahrnehmung sich richtig, bereits vorausgesetzt wird. (A-SdE 262)
Solche grammatische Suggestion darf aber nicht den Umstand verdecken, daß z.B. bei schlichter optischer Wahrnehmung außer dem optisch dargeboteten Gehalt nicht auch noch ein davon verschiedenes Sehen als Bewußtsein dieses Gehalts vorzufinden ist. (S-Sub 8)
Die Kritik der Intentionalität ist immer auch eine Auseinandersetzung mit den sprachlichen Strukturen der Bindung vorpersonaler Ereignisse an personale Strukturen der Aktivität und der Passivität eines transzendentalen Subjekts. (A-SdE 262)
Zitate
Wie soll unsere Sprache, die eine Subjekt- und Objektsprache ist, etwas erfassen, was sich jenseits solcher Bezüge ereignet? (H-PS 182)
Verweise