Rede

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Horizontale und vertikale Leistung der Rede

Horizontal: Kommunikative Funktion

Ausdrucksfunktion der Rede

Vertikal: Explikative Funktion

Rede ist demnach in erster Linie Arbeit an Situationen. (S-LU 145)

Die explikative Redefunktion ist demnach von sich aus keineswegs kommunikativ, bereichert aber die personale Kommunikation unter Menschen ganz ungeheuer durch die Möglichkeit, sich über einzelne Sachverhalte, Programme und Probleme auszutauschen, statt nur in solidarischer oder antagonistischer Weise Situationen anzusprechen. (S-H 88)

Ich verstehe darunter nicht allein die syntaktisch gegliederte Rede, sondern jede Rede mit der explikativen Funktion, aus Situationen mit binnendiffuser Bedeutsamkeit einzelne Bedeutungen (d.h. Sachverhalte, Programme und Probleme) herauszuheben und zu Konstellationen zu vernetzen, statt nur – wie Tiere und Säuglinge – durch Rufe (Alarm-, Lockrufe u. dgl.) und Schreie solche Situationen ganzheitlich heraufzubeschwören, zu modifizieren und zu beantworten. (S-DWdeP 327)

Situation Sachverhalte.png

Sinn einer Rede: spielerische Identifizierung

Sinnvoll, d.h. verständlich, wir die Rede aber nicht durch den (an Zwecke gebundenen) Gebrauch, den man von ihr macht, denn dann wäre spontane, zweckfrei hervorbrechende Rede unverständlich, sondern durch spielerische Identifizierung. (S-DuG 188)

Insofern betrifft die Gebrauchstheorie die Sprache, nicht die Rede, ... (S-DuG 188)

Funktionen der Rede

Die beiden angegebenen Redefunktionen, Explikation aus Situationen und Implikation in sie, sind zusammen mit der Verknüpfung der vereinzelten Bedeutungen die grundlegenden, denen sich mannigfache weitere Sprechakte anschließen können. (S-BW 38)

Explikation aus Situationen

Siehe auch: Explikation aus Situationen durch Rede, Sprachliche Explikation

Aufrechterhaltung des lebensweltlichen Bezugs der Beschreibung (AB-BuB 65)

Ihre Angemessenheit weist die Beschreibung mithin aus durch die gelungene Aufrechterhaltung des lebensweltlichen Bezugs. Beschreibungen erweisen sich dort als ungenügend, wo sie den Zusammenhang mit der leib- und lebensweltlichen Geschichte auflösen. (AB-BuB 66)

Gute und Verfehlte Beschreibungen

Siehe: Kriterien für gelungene Explikationen

Beispiele für solche verfehlten Beschreibungen sind zum einen Sprachspiele, deren Wortwahl die Verbindung zu leib- und lebensweltlichen Geschichten verstellen, oder aber bestimme technikgestützte Diagnoseverfahren gleicher Wirkung. (AB-BuB 66)

Implikation in Situationen

...

Rede und Sprache

Nicht jede Rede ist eine sprachliche Rede. Allgemein ist Rede gestaltender Umgang mit Situationen durch Aktivierung eines geeigneten, vorzugsweise stimmlichen, Mediums ohne direkten Eingriff in den Inhalt der Situationen, bei Mensch und Tier. (S-DRdN 211f)

Von der Rede (parole) ist scharf die Sprache (langue) zu unterscheiden, ... (S-NGdE 239)

Die Überlegenheit dieser scharfen Sonderung von Rede einerseits, Sprache andererseits ... (S-NGdE 241)

Siehe: Sprache und Rede

Rede und Sprechen

Siehe: Sprechen

Rede und Satzausspruch

... nur Sprüche, nicht Sätze, kommen in der (mündlichen oder schriftlichen) Rede vor. Dieser Umstand wird wird oft, so auch von Kamlah und Lorenzen vernachlässigt. (S-GedW 36)

In der Rede kommen keine Sätze vor, sondern die davon total verschiedenen Satzaussprüche. (Vgl: S-NGdE 241)

Sätze sind Bestandteil einer Sprache, nämlich Regeln, denen durch Aussprüche, die dank spielerischer Identifizierung mit Sacherhalten, Programmen und Problemen sinnvoll sind, gehorcht werden kann. Solche Regeln können zweckmäßig, weise, verführerisch sein, aber sie können nicht selbst in jener semantisch primären Weise sinnvoll, d.h. verständliche Rede sein. (S-NGdE 241f)

Siehe: Satzausspruch, Satzförmige Rede, Satz

Evokative und satzförmige Rede

Evokativ ist eine Rede, die ganze unzerlegte Situationen mit binnendiffuser Bedeutsamkeit anspricht, indem sie diese heraufbeschwört, modifiziert oder beantwortet, z.B. durch Lock- oder Warnrufe. ... Explikative Rede hebt aus der binnendiffusen Bedeutsamkeit von Situationen einzelne Sachverhalte, einzelne Programme, einzelne Probleme heraus und/oder vernetzt sie. (S-LU 144f)

Menschliche und tierische Rede

tierische Rede menschliche Rede
kommunikative Rede Mitteilungen Mitteilungen
sozial integrierende Rede
als Einstimmung in Situationen durch Plakatierung
Singen, Rufen Singen, Rufen
explikative Rede Satzförmige Rede

Die menschliche Rede hat der tierischen die explikative Funktion voraus, Situationen durch Abruf einzelner Sachverhalte, Programme oder Probleme aus ihrem Hof der Bedeutsamkeit explizieren zu können. (S-WNP 370)

Dass sie leiblich ist, haben menschliche und tierische Rede gemein, aber

Tierische Rede

Tierische Rede bearbeitet Situationen primär durch Rufe und Schreie, die Situationen heraufbeschwören, modifizieren oder beantworten, z.B. Lock-, Alarm- und Klagerufe. (S-DRdN 211f)

Der Ruf ist ein Ansprechen von Situationen, die dadurch geweckt, modifiziert oder quittiert werden, z.B. als Interjektion, Lock- oder Warnruf. (S-WNP 264)

Menschliche Rede

Das spezifisch Menschliche an der Rede ist nur ihre explikative Funktion, die sich aus der Beantwortung ganzheitlicher, unexplizierter Situationen in tierischer Rede durch Zonen des Übergangs abhebt, da es auch beim Menschen Redeweisen gibt, die nichts explizieren. (S-NGdE 237)

Das Spezifische der menschlichen Rede ist ihre explikative Funktion, mit Hilfe von Sätzen, die einer Sprache entnommen werden, aus Situationen einzelne Sachverhalte, einzelne Programme, einzelne Probleme herauszuholen. Erst durch solche Vereinzelung von Bedeutungen gibt es einzelne Sachen; die Ganzheit von Situationen ist als solche nicht schon Einzelheit. (S-WNP 264)

Siehe: Satzförmige Rede, Satz

Typen explikativer Rede

Die explikative menschliche Rede hat zwei Formen, als prosaische und als poetische Explikation:

Prosaische Explikation

Die prosaische Explikation tut ihr Werk ohne Schonung der Ganzheit der zu explizierenden Situation. Prototyp ist die Problemlösung. Ein theoretisches Problem ("Wie verhält es sich?") oder ein praktisches ("Was soll ich tun?") ist, mindestens wenn die Lösung Schwierigkeit macht, eine Situation, nämlich eine zunächst undurchsichtige binnendiffuse Fülle von Bedeutungen, ganzheitlich zusammengehalten durch den Problemdruck zur Lösung hin, die durch tastende Explikationsversuche vorbereitet wird und darin besteht, dass am Ende ein Sachverhalt als Tatsache bzw. (bei praktischen Problemen) ein Programm als geltendes ausgezeichnet, der ganze Rest an Bedeutsamkeit des Problems aber diskreditiert und weggeworfen wird. (S-WNP 264)

Poetische Explikation

Im Gegensatz zur Problemlösung schont die poetische Explikation die zu explizierende Situation durch geschickte Sparsamkeit der Rede, die hinter einem dünnen, aber passend und treffend gewebten Schleier beredeter Sachverhalte, Programme und Probleme die ungebrochene Ganzheit der Situation mit der binnendiffusen Fülle ihrer Bedeutsamkeit durchscheinen lässt. (S-WNP 264)

Poesie macht durch poetische Explikation von Situationen den Mutterboden sichtbar, dem das prosaische Explizieren und Kombinieren bloß das Netz von Konstellationen überwirft, das dazu bestimmt ist, die Situationen zersetzend zu beherrschen. (Vgl: S-WNP 265)

Insbesondere durch Lautmalerei (Onomatopoesie) wird versucht Situationen möglich sparsam aber einprägsam zu beschreiben:

  • Deutsch: puff, dong, Klong, ratsch, hui, peng, boing, bums, rums, blub-blub, schnipp, hatschi
  • sprachabhängige: kikeriki (de), kukeleku (nl), cock-a-doodle-doo(en)

Therapeutische Rede als Explikation

Therapeutische Rede bei einem ganzheitlich-bedeutsamen Problem:

  • Als Externalisierung des Problems kann Person und Problem (Fühlen und Gefühl) voneinander getrennt werden.
  • Als narrativer Ansatz in der systemischen Therapie: siehe: White/Epston: "Die Zähmung der Monster" 1990 (vgl: SE-SaL 47)
  • Als alternativer Ansatz zur explikativen Rede: Reframing
  • als stärkende Rede

Rede als Abbildung oder Antwort

Aristoteles überwindet mit der Satztheorie in De interpretatione sowie mit seiner Kategorienlehre (...) dieses altertümliche Sprachverständnis Platons von der Rede als gliedernder Aufzählung des Was (12.2). Er versteht die Aussage nicht mehr wie Platon, als Abbildung, sondern als Antwort auf eine Frage. (S-DWdeP2 580)