Subjektivität: Unterschied zwischen den Versionen

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== Personalisierung der Subjektivität ==

Version vom 1. Oktober 2012, 17:11 Uhr

So wie Subjektivität notwendig verkörpert ist, so ist ein geeignet organisierter, lebendiger Körper notwendig auch subjektiv. (F-DG 120)

Unterscheidung des Selbstbewusstseins:

Ziel: Neubestimmtung der Subjektivität, diese verstanden als das Der-sein-der-er-ist für einen jeden Bewussthaber (Bewussthaber = Subjekt). (S-WNP 15)

Subjektivität und Objektivität

Ontologische Unterscheidung für Bedeutungen aller Art

Bisher habe ich nur von subjektiven und objektiven Tatsachen gesprochen, weil diese Gegenüberstellung neu ist und wichtige ontologische Folgen hat. Sie lässt sich aber auf Bedeutungen jeder Art ausdehnen, also auf untatsächliche Sachverhalte, Programme und Probleme. Auf all diesen Feldern gibt es den Unterschied zwischen Subjektivität für jemand und Neutralität (Objektivität). (S-LU 88)

Subjektivität der Tatsachen

Neben neutralen Tatsachen gibt es auch subjektive Tatsachen.

Subjektive Tatsachen sind damit nicht nur rein subjektiv im Sinne von rein beliebig.

Die Subjektivität liegt eben nicht in speziellen Nuancen des Sachverhalts, sondern in der Involviertheit der jeweiligen Person. (B-LaA 48)

Subjektivität der Gefühle

Gefühle sind subjektiv, insofern sie nur durch eigenes Fühlen am eigenen Leib wahrgenommen werden können. Gefühle sind aber kein subjektiver Besitz (Possessorisches Missverständnis).

Gefühle können aber auch objektiv sein, wenn sie von mehreren vom gleichen Standpunkt aus gefühlt werden.

Kritik von Fuchs: Die Subjektivität liegt nur im Spüren als solchem, nicht im Gespürten. (Fuchs in S-WNP 181)

Subjektivität als Basis der Objektivität

Wegfall der Subjektivität erlaubt Objektivität.

Objektivität ist ohne Subjektivität nicht möglich, da alles Wahrnehmen leiblich ist, und nur nachträglich verobjektiviert (vergegenständlicht) werden kann.

Subjektivität liegt nicht in der radikalen Singularität der Erfahrung des Einzelmenschen, sondern vielmehr in dessen Involviertheit in Tatsachen, also seiner Betroffenheit durch sie. Damit hat man nicht mehr nötig, im Sinne des "individuum est ineffabile" das Subjekt zum schlechthin Unsagbaren zu deklarieren, weil man sich nämlich intersubjektiv über den Sachgehalt der jeweils subjektiven Erfahrungen sehr wohl verständigen kann. Diese Form der Intersubjektivität gründet also nicht in einem wie auch immer vom Subjekt unabhängig gedachten Objekt, sondern hat seine Basis in der sprachlich vermittelten Verständigung zwischen Subjekten. Diese Sichtweise wird getragen vom Konzept der "subjektiven Tatsachen", das heißt der Anerkennung von Sachverhalten, deren Erfahrung an die Betroffenheit einer Person durch sie gebunden ist, deren Sachverhalt aber gleichwohl - die entsprechende Artikulationsfähigkeit vorausgesetzt - kommunizierbar ist. (B-Fest80 30f)

Subjektivität ohne Subjekt

Das Subjekt hat sich im Zustand des affektives Betroffenseins (präreflexive Subjektivität) in eine Situation aufgelöst, und es gibt keinen mehr, der sich ängstigt, sondern nur noch das affektive Betroffensein in der primitiven Gegenwart.

Subjektivität ist ursprünglicher eine Eigenschaft von Tatsachen als von Subjekten. (S-H 49)

Unterscheidungen

Reflexive und Präreflexive Subjektivität

Präreflexive Subjektivität

Das präreflexive Selbstbewusstsein konstituiert sich in der Affektion durch die Leiblichkeit und ist im Unterschied zum reflexiven Selbstbewusstsein eigenständig. Das präreflexive Selbstbewusstsein etabliert sich aus der Leiblichkeit heraus in der Weise, dass die Leiblichkeit qua Leiblichkeit eine Instanz in der Wahrnehmung ihrer selbst konstituiert, die man sich nach dem Modell der Doppelempfindung vorstellen kann, die jedoch, wie bereits kritisch angemerkt, keiner taktile Außenstimulation bedarf. (AB-BuB 90)

Das Subjekt hat sich, wenn ich mich panisch in der Dunkelheit fürchte, in eine Situation aufgelöst, und das Selbstbewusstsein besteht dann in der spezifischen Subjektivität der Tatsachen des affektiven Betroffenseins, hier die Angst, ohne einen, der sich ängstigt. (S-H 38f)

Wer ganz in tiefe, dumpfe Trauer versunken ist, kann nicht einmal mehr "Ich bin traurig" sagen, denn wegen der Versunkenheit hat er niemand mehr, dem er die Trauer zuschreiben könne, und trotzdem geht sie ihm so nah, dass er nicht nur objektiv betroffen ist, wie ein verbrannter Baum vom Blitz, sondern dies auch als eigenes Betroffensein spürt, als etwas, das ihn angeht; sonst wäre er nicht traurig. (S-H 48)

Siehe: Selbstgewahrsein, affektives Betroffensein

Reflexive Subjektivität

Reflexive Subjektivität als Selbstbewusstsein und Selbstzuschreibung, als Ich

Positionale und strikte Subjektivität

Positionale Subjektivität

Subjektivität ist in gewissem Sinn ein zentrales Thema wichtiger Philosophen schon vor Fichte, etwa bei Descartes, Leibniz und Kant. Dabei handel es sich aber um bloß positionale Subjektivität, die die in irgend einer Weise ausgezeichnete Position einer Sache in einer - eventuell die ganze Welt umfassenden - Konstellation betrifft, nicht die eigene Art dieser Sache, die bei Kant ganz unbestimmt bleibt, bei Descartes aber das gewöhnliche Maß irgend welcher endlichen Substanzen nicht übersteigt. (S-WNP 376)

die Subjektivität eines (z.B. als Quelle der Gewissheit oder als spontan konstituierender Organisator des Umfelds möglicher Erfahrung fungierenden) Stelleninhabers, wobei unklar blieb, warum der gerade ich sein soll. Er geht mich so wenig an wie eine beliebige Sache im Milieu der objektiven Tatsachen, wie die res cogitans, die Descartes mit größter Selbstverständlichkeit aus dem cogito macht, ohne einen Verlust an Subjektivität zu befürchten. Leibniz interessiert sich für das Ich nur als Modell einer einfachen Substanz, das er für seine Monaden-Metaphysik braucht; Kant will in den siebziger Jahren, vor der Wendung zum kritizistischen Immamentismus des Paralogismenkapitels der KrV, eine Selbstanschauung des Ich als einfache, spontane Seelensubstanz aus dem bloßen Gebrauch der ersten Person des Singulars erweisen, ohne diesem Gebrauch und seiner Rechtmäßigkeit auf den Grund zu gehen, und belässt es später bei einer ihm unerklärlichen Spaltung des Selbstbewusstseins in ein bloß leer angezeigtes Ding an sich (...) und ein psychologisches Ich, das bloße Erscheinung ist, als Objekt. (S-DWdeP2 427f)

Strikte Subjektivität

Fichte ist der Erste, dem das Rätsel der strikten die Eigenart des Gemeinten betreffenden Subjektivität aufgeht, die z.B. durch den Gebrauch des Wortes "ich" einer damit benannten Sache zugeschrieben wird. (S-WNP 376)

Erst Fichte besinnt sich auf Implikationen der Selbstzuschreibung. Daher hat er recht, wenn er dafür mehr Originalität auch Kant gegenüber in Anspruch nimmt. Jedoch ist die Subjektivität im strikten Sinn, die er als erster systematisch ins Auge fasst, gelegentlich schon in der Mystik aufgeblitzt, so bei Meister Eckhart und in der Theologia Deutsch des anonymen Frankfurters (vor 1497) ... (S-DWdeP2 427f)

Fichte hat seine Entdeckung der strikten Subjektivität niemals zur vollen Klarheit gebracht, sondern sie mit bösen Folgen für die Rezipienten und Verbreiter dieser Entdeckung durch verschiedene Gegenmotive verstellt. (S-DWdeP2 428)

Horizontale und Vertikale Subjektivität

Vertikale Subjektivität

In der Tiefe des Unbewusssten

Horizontale Subjektivität

In der Breite des gelebten Beziehungsfeldes

Dabei kommt dem Leibgedächtnis eine besondere Rolle zu, insofern es die leiblichen und zwischenleiblichen oder Beziehungserfahrungen eines Menschen in implizit wirksame Bereitschaften verwandelt, die dem Lebensvollzug unbewusst zugrunde liegen. (F-LuU 4)

Siehe: Leibgedächtnis als Ort des Unbewussten

Subjektivität als affektives Betroffensein statt beobachtende Perspektive

Subjektivität als Perspektive unzureichend

Der Begriff Perspektive verführt auch gegen Nagels eigene Tendenz dazu, die Wahrnehmung an Gegenständen zu orientieren und nicht an Sachverhalten, Programmen oder Problemen. Gegenstände können aber nicht subjektiv sein. ... Es zeigt sich also, dass die enge Bindung von Subjektivität und Perspektivität untauglich ist. (MG-PMS 42)

Subjektivität als affektives Betroffensein

Die Subjektivität kommt nicht zur Welt hinzu, sondern entspringt mit ihr aus derselben Quelle, in die der erwachsene und besonnene Mensch eintaucht, wenn er die Fassung verliert, z.B. im elementar-leiblichen Betroffensein, ganz banal auch schon oder fast im Lachen und Weinen. Ich bezeichne diese Quelle als die primitive Gegenwart. (S-WzNP 15)

Siehe: Affektives Betroffensein, subjektive Tatsache

Abschälung der Subjektivität

Siehe: Abhebung des Eigenen vom Fremden

Personalisierung der Subjektivität

Die Personalisierung der Subjektivität in der Dimension des Eigenen und des Fremden.

Personalisierung der Subjektivität.png
Quelle: http://www.teol.ku.dk/afd/ast/arrangementer/200911020/Hermann_Schmitz__tysk_Subjektivitaet.PDF/

Ursprünge

Vertreter:

Kierkegaards Ernst

Philosophen der genannten Tradtionslinie haben ... versucht, der Subjektivität ihr eigenes Recht zu geben und sie aus der erkenntnistheoretischen Konkurrenz mit der Objektivität zu befreien.

Den Anfang macht Soren Kierkegaard mit der Einführung der Existenzbegriffe. Sein Prototyp dafür ist der Begriff des Ernstes. Er verwendet in diesem Zusammenhang den Ausdruck Ernst nicht als Eigenschaft, wie etwas in dem Satz Herr X ist ein ernster Mann, sondern adverbial wie in dem Satz Mir ist es ernst mit der Philosophie. Ernst als Existenzbegriff ist also kein Prädikat, sondern bezeichnet eine Seinsweise, und zwar im Denken oder Handeln, insofern der Denkende und Handelnde sich in seinem Denken oder Handeln engagiert, das heißt, darin selbst mit auf dem Spiel steht. (B-LaA 45)

Heideggers Jemeinigkeit

Dasein ist jemeines, weil Dasein nur vorkommt als ein Sein von jemandem, dem es in seinem Sein um dieses selbst geht. (B-LaA 46)

Schmitz' subjektive Tatsachen

Hermann Schmitz hat dieses Moment der Sorge bei Heidegger oder der Beteiligung, des Engagements bei Kierkegaard mit dem Ausdruck der affektiven Betroffenheit bezeichnet und auf dieser Basis den Begriff der subjektiven Tatsache eingeführt. Subjektive Tatsachen sind nach ihm Tatsachen des affektiven Betroffenseins. (B-LaA 46)