Prozessontologie: Unterschied zwischen den Versionen
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=== [[Ernst Cassirer]] === | === [[Ernst Cassirer]] === |
Version vom 17. Oktober 2014, 07:02 Uhr
Wissenschaftsgeschichtliche Bezüge
Die Prozessontologie entwickelt sich aus der Verzerrung der ordnenden Dynamik (der komplementären Identität im Äquivalenzprinzip z.B. im Auf und Ab, Hin und Her) zur haltlosen Kinetik, schon zwischen Empedokles und Demokrit. (S-DWdeP 122)
Aus dem Tonosstrom einer arachischen Dynamik wird der Prozess als Verkettung von diskreten, typisierten Ereignissen.
- Physik:
- Entdeckung der elektromagnetischen Feldkräfte
- mechanistische Physik -> Relativitätstheorie (Einstein) und Quantenphysik: Raum als relationales vierdimensionales Feld: Raumzeit
- Biologie: Evolutionstheorie
Die Prozessontologie müsste korrekterweise Ereignisontologie heissen, da Prozesse immer als Verkettung oder Strom von Ereignissen verstanden werden, und damit immer von einer numerischen Mannigfaltigkeit ausgegangen wird.
Ereignis als Grundkategorie
Im Unterschied zur Dingphilosophie, die in einem dreigliedrigen Netzwerkmodell (Ding, Eigenschaft, Relation) mündet, geht die Prozessphilosophie nur noch von dem Ereignis als Grundkategorie aus. Hinzu kommt häufig auch die Vorstellung von der relationalen Verkettung und der Kategorisierung der Ereignissketten, so dass die Hauptkategorien einer Prozessontologie wie folgt sind:
- Ereignisse
- Relationen zwischen den Ereignissen
- Gattungen der Ereignisketten
(Vgl: S-WNP 199, S-NGdE 17-26)
Nur objektive Ereignisse
Es werden nur objektive Tatsachen anerkannt. Subjektive Tatsachen werden nicht anerkannt.
Nur diskrete Ereignisse, keine Relationen
Die Vorstellung, es gibt nur Ereignisse nennt man "aktualistische Ereignisontologie". Vertreter: Singer.
Siehe: Bestreiten der Relationen bei Wilhelm von Ockham
Siehe Projektionismus und Extensionismus: Konstellationen (geordneter Mengen) registrierbarer Ereignisse
Siehe: Diskrete Ontologie
Ereignisse und Relationen
Ereignisse und Anschlussrelationen
Prozesstypen: Gattungen der Ereignisketten
Ontologie der Ereignisketten als Prozesstypen, z.B. physisch, psychisch, sozial.
Psychisch, Physisch, Sozial
Von der Prozessphilosophie wird vernachlässigt, dass zusätzlich die Annahme von verschiedenen Ereignistypen erforderlich ist, und es damit leicht zu einem Schubladendendenken kommt. (Psychische, Physische, Sprachliche Ereignisse). Häufig gibt es nur ein Typus von Relation, der diese Ereignisse des gleichen Typs miteinander verbindet: der Anschluss.
(Musikalischer) Gestaltverlauf als Ereigniskette
Auch ein Gestaltverlauf kann als Ereigniskette im Sinne der Prozessontologie verstanden werden.
Ereignis jenseits von Subjekt und Objekt
Die Prozessontologie macht den Vorschlag eines entsubjektivierten Bewusstseins ohne Bewussthaben. Affektives Betroffensein von Gefühlen ist ohne betroffenes Subjekt aber nicht vorstellbar. Daher wird die Prozessontologie durch seine Subjekt- und Objektlosigkeit in letzter Konsequenz zum Idealismus.
Historische Wurzeln: Wilhelm von Ockham
Im Bezug zu Wilhelm von Ockam:
Empiriokritizismus: Avenarius, Mach
Daher: Prozessontologie als Ontologie der Musik im Dreieck
Einordnung des Strukturkerns
- Pluralismus statt Dualismus
- Genetischer Strukturalismus statt Substanzmetaphysik: strukturale statt kausale, genetische Analyse
- Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung
Subjektdenken
Siehe: Idealismus, insbesondere Subjektiver Idealismus
Prozessdenken
Die Prozessphilosophie lässt sich von der genetischen Frage inspirieren, also der Frage, in welchen Geschehnissreihen oder Ereignisketten etwas auftritt. Damit steht sie quer zur phänomenologischen Frage.
Kritik am statischen Dingkonzept, das durch Newtons Grundbegriff der trägen Massen seine wissenschaftliche Verfestigung erfahren hat.
Etwas besitzt sein Sein nur durch sein Wirken.
Bewusstseinsstrom: Vom festen Körper zur Flüssigkeit
Das Vorbild für James Bewusstseinsstrom war der Atemstrom.
Strukturdenken
Operative Systemtheorie
Luhmann als Vertreter operativer Systemmodelle lässt sich als Prozessdenker einstufen, da er ein Kettenmodell der Operationen verfolgt. Die Motivation, aus der heraus ein operatives, zeitgetriebenes Systemmodell verfolgt, ist verständlich: die Reduktion der Komplexität. Allerdings vergisst er, dass nicht nur die Zeit Komplexität reduziert sondern auch Situationen:
Typisch für die operative Systemtheorie sind Aussagen wie:
- Nur die Kommunikation kommuniziert. Der Mensch ist nur die Umwelt eines sozialen Systems.
Kontinuum zwischen Geist und Natur
Prozess als Kette oder Bewegung
Prozess als Kette von Ereignissen
- Ereigniskette
Prozess als Ruhe in der Bewegung
- leibliche Bewegung in Ruhe
Fühlen als Prozess
- Das Fühlen wird als Prozess behandelt.
- Gefühle hingegen, können nicht thematisiert werden.
Vertreter
- Heraklit ("alles fliesst"-Heraklit)
- Avenarius
- Hume
- Fichte (Tathandlung, die sich selber tut)
- Whitehead
- Mach
- Einstein
- Luhmann
- Donald Davidson
- Rescher
Buddhismus
China
Die ununterbrochene Wandlung der Welt im Blick hat Philosophen im alten China zu einer Lehre vom Seienden gebracht, die das Fließende und Flüchtige in den Mittelpunkt rückt. Wenn alles fließt und sich wandelt, keine Situation der anderen gleicht, lassen sich Phänomene nicht festhalten und im Grunde auch nicht begrifflich fixieren. Worte sind so gesehen in ihrer situativ "wandernden Bedeutung" immer nur Krug- und Becherworte.
Diese Sicht auf die Welt kontrastiert mit einer europäischen Ontologie, welche die festen Körper zum Leitbild erhob, mit eindeutigen Begriffen hantierte, so dass alles Seiende dem Menschen überaus handhabbar, manipulierbar, beherrschbar erscheint.
Plotin als Mystiker
Wilhelm von Ockham
Siehe Auslöschung der Relation bei Wilhelm von Ockham
Avenarius
Hume
William James
Fichte
Wo bleibe ich in einer solchen Welt neutraler Elemente? Diese Frage stellt als Philosoph Johann Gottlieb Fichte. Er gelangt damit dicht in die Nähe der Entdeckung der subjektiven Tatsachen, versäumt sie aber und mauert das Ich in eine Tathandlung ein, die nur sich selber tut. (S-KE 26)
Henri Bergson
Edmund Husserl
Lichtenberg
Einwurf von Lichtenberg gegen Descartes:
Whitehead
Siehe auch: Raumzeit als objektive Prozessgestalt
Über den prozessontologischen Strukturkern hinaus:
Ernst Mach
Martin Heidegger
Insbesondere der "junge" Martin Heidegger.
Das Ereignis als Zwischen?
Die Ereignis-Mystik (S-HuH 412)
Wittgenstein
Im Sachverhalt hängen die Gegenstände in einander, wie Glieder in einer Kette. (T2.03)
Das Erbe Machs tritt die Wiener Schule des logischen Positivismus an, zeitweilig verbündet mit Wittgenstein, der, nachdem er sich die Paradoxie der rezessiven Entfremdung der Subjektivität im Tractatus logico-philosophicus von der Seele geschrieben hat, nach der Aufnahme seiner Lehrtätigkeit in Cambridge in die Gedankenbahn von Lichtenberg, Avenarius und Mach einschwenkt und das cogito zum Es denkt umzudeuten versucht. Um die Subjektivität aus den Tatsachen loszuwerden, entwickelt er zwei Strategien:
- die konventionalistische, wonach ich als Subjekt oder Bewussthaber (jeder auf seine Weise) eine Spielfigur bin wie der König im Schachspiel,
- und eine expressionistische, die die Aussage subjektiver Tatsachen des affektiven Betroffenseins in bloße Kundgabe nach Art von Interjektionen verkehrt.
Hier ist mit Händen zu greifen, dass Wittgenstein Schwierigkeiten mit Regel und Regelbefolgung auf einer nominalistischen Ontologie beruhen, die wahrscheinlich der zweistufigen von Hume gleicht, mit einzelnen Ereignisssen und Relationen zwischen ihnen als einzigen Gegenstandstypen.
Die einzelnen Ereignisse sind in Wittgensteins Beispiel die Aufzeichnungen der Atomfigur, und die Relation besteht in der Wiederholung. Wittgenstein vermisst zwischen diesen Wiederholungen das Band der Regel im Sinne eines unmittelbar, intuitiv gegebenen allgemeinen (d.h. nicht nur auf ein einzelnes Ereignis bezüglichen) Programmes in gleicher Weise, wie Hume das Band der Kausalität als Rechtfertigung des Vertrauens in einen gleichmäßigen Ablauf des Geschehens vermisst. Den Ersatz des Fehlenden beschafft sich Wittgenstein in einer Weise, die abermals dem Behelf von Hume analog ist: Hume berief sich auf die Assoziation im Sinne der psychologischen Assoziationsgesetze, um an die Stelle einer intuitiv und rational zuverlässigen Rechtfertigung des Glaubens an erwartbare Gleichförmigkeit die psychische Motivierung durch Gewohnheit zu setzen. An die Stelle der psychologischen Assoziation tritt bei Wittgenstein so etwas wie eine soziologische: das eingeschliffene Sprachspiel oder die Gepflogenheit einer Personengruppe, die das Vertrauen auf Gleichförmigkeit des Verhaltens der Angehörigen im Sinne der Regelbefolgung zwar nicht rational rechtfertigt, aber so plausibel macht, dass man sich durchschnittlich drauf verlassen kann. (S-SaP 387f)Ernst Cassirer
Wie viele seiner zeitgenössischen philosophischen Kollegen auch konzeptualisiert Cassirer das Bewustseinsleben mit der Metapher des Stromes als abgesetzt gegen die atomistische, von stabilen elementaren Bewusstseinseinheiten ausgehende Assoziationspsychologie. Dies verbindet Cassirer mit Denkern wie William James, Henri Bergson, Edmund Husserl und dem jungen Martin Heidegger. (Heinz Paetzold: Ernst Cassirer - zur Einführung. S. 137)
Jean Piaget
...
Niklas Luhmann
...
Zusammenfassung
Ein in ähnliche Richtung drängendes Interesse ist dann bei Denkern in Europa und Nordamerika im 20. Jahrhundert zu beobachten, wenn sie das "es" für ihre Argumentation auf einer grundsätzlichen und radikal philosophischen Ebenen in den Vordergrund rücken. In diesem Sinne sind nicht nur die Wendung
Alle heben durch diese Wendungen Sachverhalte in die Aufmerksamkeit, die nicht anhand von direkten Aussageverhältnissen ausdrückbar sind. (RE-SuS 212)Kritik
Kulturkritik an der Beschleunigungsmetapher
Richtung ohne Modalzeit unmöglich
Der Lagezeit ist keine Richtung zuzutrauen. Eine Richtung lässt sich nur aus dem Fluss der Zeit und damit aus der Modalzeit gewinnen.