Paradigmen: Unterschied zwischen den Versionen

Aus TopoWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 25: Zeile 25:
 
![[Singularismus]]
 
![[Singularismus]]
 
|Vereinzelbare Individuen
 
|Vereinzelbare Individuen
|Das Dritte als Vereinzelbares:
+
|Vereinzelbare Individuen u. Relationen
* Sprache als vereinzelbares Regelsystem ([[Wittgenstein]])
+
|
|Vereinzelte Ereignisse in einzelnen Ketten
+
* Sprechen als vereinzelbare Ereignisse in einem System vereinzelbarer Regeln ([[Wittgenstein]])
 
| -
 
| -
 
|-
 
|-

Version vom 28. August 2011, 20:11 Uhr

Übersicht

Paradigma Monadisches/ Dualistisches Paradigma Relationales Paradigma Operatives Paradigma Topisches Paradigma
Individuum-Modell Individuum und Außenwelt Individuum und Relationen mit der Außenwelt/Anderen Individuum als mehrere Prozessketten Individuum und topische Relationen mit der Welt
Philosophie Demokrit, Platon, Aristoteles, Leibniz, Psychologismus, Introjektionismus, Naturalismus, Dualismus, Dingontologie
  • Europa: Feuerbach, Buber, ..., Habermaß, Joas
  • Amerika: Meads Symbolischer Interaktionismus
Whitehead, Wittgensteins Sprachphilosophie, Luhmann Prozessontologie
Singularismus Vereinzelbare Individuen Vereinzelbare Individuen u. Relationen
  • Sprechen als vereinzelbare Ereignisse in einem System vereinzelbarer Regeln (Wittgenstein)
-
Phänomenologie Unterscheidung durch Abgrenzung Bezogenheit durch Beziehungen Bezogenheit durch Abgrenzung Bezogenheit durch Darin-Sein
Psychologie
  • einsame Seele: Bedürfnisbefriedigung im Außen, Freuds dualistische Triebtheorie, Monadentheorie
  • Bedürfnis nach Autonomie, Freiheit
  • vernetzte Seele: Relationale Psychoanalyse, systemischer Ansatz
  • Bedürfnis nach Bindung, Nähe
  • Säuglingsforschung, Bindungsforschung
  • Versteckter Leib-Seele-Dualismus
  • Kognitive Verhaltenstherapie
Biologie System-Umwelt-Modell Neurobiologie: Spiegelneuronen Autopoiese Bio-Phänomenologie: Bio-Photonen
Soziologie Individuum und Gesellschaft als Mikro/Makro-Spaltung Simmel, Netzwerktheorie Operative Systemtheorie von Luhmann Sozio-Phänomenologie, Topische Systemtheorie
Gesellschaft Schichten Ketten Netzwerke Atmosphären
Physik Beobachterunabhängigkeit Beobachterabhängigkeit Beobachterreflexivität Beobachter als kontextuell Betroffener
+ Neues Individuum und Andere + Beziehungen (relational turn) Beziehungen als temporale Entitäten +Topische (=vertikale) Beziehungsqualität (topological turn) Achsen

relational turn

Psychoanalyse:

Der Mensch wendet sich dem anderen Menschen nicht nur zu, weil er ein Kommunikations- oder Triebbedürfnis zu befriedigen hat, weil er Schutz braucht oder Hunger verspürt oder weil ihm langweilig ist, sondern weil er sich dadurch als Mensch erst konstituiert. (AT-DvS 17)

Hypostasierung der Intersubjektivität als Drittes

Die relationale Intersubjektivität wird als eigenständiges Drittes hypostasiert, z.B. als Sprache.

Intersubjektivität als Sprache bei Lacan:

Aber Lacans Vorstellung von Sprache lässt jenen vorsprachlichen Teil der Verständigung außer Acht, den die Säuglingsforschung zum unverzichtbaren Bestandteil psychoanalytischer Theorie gemacht hat. (Jessica Benjamin in: AT-DvS 76)

Kritik, Intersubjektivität als vorsprachlicher gemeinsamer Rhythmus:

Nach meinem Triangulierungskonzept konstituiert sich Anerkennung nicht erst in der Vermittlung durch Sprache, sondern bereits in einem frühen, nonverbalen Entwicklungsstadium, das dem Kind in der Interaktion mit der Mutter (oder mit einer anderen Bezugsperson) die emergente Erfahrung eines miteinander geteilten Verhaltensmusters, eines gemeinsamen Rhythmus vermittelt. Deshalb habe ich vorgeschlagen, ein "emergentes" oder "synergetisches" Drittes anzunehmen, das sich vom intrapsychischen Dritten der Mutter unterscheidet (Benjamin 2007). Diese Form des Dritten ist bereits in jenem frühesten, gestisch vermittelten Austausch zwischen Mutter und Kind wirksam, der der so genannten symbiotischen Phase angehört. Ich sehe darin bereits eine Form der Triangulierung und schlage vor, das Prinzip der Affektresonanz, das Mutter und Kind miteinander verbindet und sich buchstäblich in der symbiotischen Einheit konstituiert, die "Gemeinschaft im Dritten" (one in the third) zu nennen. (Jessica Benjamin in: AT-DvS 76)

In seiner Auseinandersetzung mit der Säuglingsforschung hat Sander (2002) das der Affektresonanz zugrunde liegende rhythmische Prinzip als "Rhythmizität" bezeichnet; es ist für ihn eines von zwei Prinzipien menschlicher Interaktion (das andere Prinzip nennt er "Spezifität"). (Jessica Benjamin in: AT-DvS 76)

In empirischen Studien zum mimischen Austausch zwischen Mutter und Kind (Beebe u. Lachmann 1994) zeigt sich, wie beide sich an einem Dritten ausrichten und einen gemeinsamen Rhythmus erzeugen, der sich nicht auf ein Schema Aktion/Reaktion reduzieren lässt, bei dem einer aktiv und der andere passiv ist oder einer vorgibt und der andere nachzieht. ... Aktion und Reaktion charakterisieren in ihrer Einseitigkeit den Erfahrungsmodus komplementärer Zweiheit, während ein geteiltes Drittes als Gemeinschaftsleistung erlebt wird. (Jessica Benjamin in: AT-DvS 77)

Dualistischer Restbestand

Im relationalen Paradigma gibt es den dualistischen Restbestand der Trennung zwischen Körper und Seele: Dualismus

Relationale Übertreibungen

Bei allem Intersubjektivismus geht es darum, den relational turn auch nicht zu übertreiben, d.h. ein ausgewogenes Verhältnis von inter- und intra-psychischem Geschehen zu betrachten.

Übliche Übertreibungen des interpsychischen und damit intersubjektiven Geschehens sind:

  • Das Selbst ist nur Produkt der Interaktion

Gegen die relationalen Übertreibungen ist zu betonen:

topological turn

Das "Dritte" als vorsprachliche Situation.