Explikationismus: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 12. August 2012, 19:28 Uhr

Der erkenntnistheoretische Explikationismus geht davon aus, dass Erkenntnis die Explikation von Tatsachen aus Situationen sind.

Erkenntnis als ... Explikation von Tatsachen aus Situationen (S-DuG 213)

Unentbehrlich für Erkenntnis ist ein Subjekt, unentbehrlich auch ein Sachverhalt, der eine Tatsache ist, ein Objekt aber nur in dem strikt formalen Sinn, des Bewusstgehabten, nicht im Sinne eines Objekts, "über" das etwas erkannt wird; ein solches Objekt kann in vollwertiger Erkenntnis fehlen, ... (S-DuG 212)

Die These, dass Tatsachen, die aus einer Situation (oder allenfalls einem chaotisch-mannigfaltigen Haufen, dem zur Situation die Ganzheit fehlt, ...) hervortreten, den Gegenstand der Erkenntnis bilden, will ich mit etwas gewagter Neubildung als erkenntnistheoretischer Explikationismus bezeichnen, bloß um den beiden von mir abgelehnten Auffassungen (erkenntnistheoretischer Realismus bzw. Holismus) eine bessere mit einem entsprechenden Schlagwort gegenüberstellen zu können. Die Sorge, wie das Subjekt zum Objekt kommen oder gar noch aus dem Gefängnis einer bloß privaten Innenwelt ausbrechen kann, stellt sich in dieser Perspektive als ganz und gar abwegiges Bedenken dar und wird ersetzt durch Ernstnehmen der Aufgabe, Situationen Tatsachen abzugewinnen. (S-DuG 214)

Gemäß dem erkenntnistheoretischen Explikationismus besteht Erkenntnis nicht in richtiger Beschreibung von Sachen, sondern in der Explikation von Tatsachen aus der Bedeutsamkeit von Situationen. Diese Gebundenheit des Erkennens an einen kontingenten Hof der Bedeutsamkeit schließt übrigens die relativistische Gestalt der Skepsis vielmehr aus statt ein, weil es für die Wahrheit einer Behauptung lediglich auf die Entscheidung zwischen kontradiktorischen Annahmen ankommt, die immer demselben "Hof" entnommen sind, so dass dessen Unterschied gegen andere solche Höfe für die Wahrheit nicht ins Gewicht fällt. Allerdings ist das immer Wahrheit in beschränkter Perspektive, nicht in der allumfassenden eines imagninären Alleskenners. Diese Beschränktheit lässt sich potentiell ad infinitum (wenn auch nicht vollständig) ausgleichen durch die Anpassungs- und Erweitungsfähgikeit solcher Höfe der Bedeutsamkeit. (S-Replik Pos 213)

Ernte statt Reise

Die Explikation von Sachverhalten, die Tatsachen sind, aus Situationen ist eher, als einer Reise, einer Ernte vergleichbar, wofür die Situationen den Acker bilden. Das Erkenntnisbemühen hat es, um im Bilde zu bleiben, einerseits mit dem Acker, andererseits mit der Frucht zu tun; es muss sich den ganzheitlichen Situationen, aber auch den Explikaten und ihrem Verhältnis unter einander zuwenden. (S-DuG 214)

Explikationismus und Konstruktivismus

Unterschiede

Explikationismus Konstruktivismus
Symbolik
Explikation
Konstruktion
Ausgangspunkt Die Ganzheit als subjektive Tatsache in Form einer bedeutsamen Situation Die Einzelheiten als neutrale Tatsache
Prozess Ex-Prozess: Explikation als
  • Herausheben
  • Herausnehmen

von Einzelnen, die zuvor nicht vergraben waren, sondern im Prozess als abstrakte Objekte entstehen.

Kon-Prozess: Konstruktion als

von Einzelnen zu einer Ganzheit

Verstehen möglich als Einfühlung bzw. Einleibung in eine Situation, als kultivierbares Talent unmöglich, da jedes psychische System (Psyche) operational abgeschlossen ist.
Skepsis provisorische Gültigkeit: "Die Tatsächlichkeit objektiver (und vieler subjektiver) Sachverhalte kann nicht endgültig (für immer und alle), sondern nur provisorisch (durch "Evidenz im Augenblick", Buchtitel von Manfred Sommer) gesichert werden. ontologische Skepsis: "Etwas ist nicht wirklich, sondern etwas gilt als wirklich."
  • Konstruktivistische Wahrnehmung ist stets physiologisch (Physiologismus)

Gemeinsamkeiten

Explikationismus Konstruktivismus
Erkenntnis ist stets subjektiv Das Phänomen für mich jetzt. Das eigene affektive Betroffensein in Form subjektiver Tatsachen. Es gibt so viele Tatsächlichkeiten wir Bewussthaber. Die eigenen Konstrukte: Es gibt soviele abgeschlossene psychischen Systeme wie Menschen.
Achtung der Meinung des anderen Wegen des affektiven Betroffensein des Anderen. Kritisch gegenüber der Verabsolutierung von Theorien, sondern Respekt vor der Qualität der subjektiven Tatsache, vor der Autonomie der Erfahrung Wegen der operationalen Geschlossenheit des kognitiven Systems. Bedeutung ist stets eine innere Konstruktion, da Sinne keine Bedeutungen transportieren (Physiologismus)
Die eigene Welt ist nicht alles
  • Es gibt in der Welt unzählig viele Bedeutungen und Sachen, die wenigstens für eine Person nicht deren persönlicher Welt gehören. (Vgl: S-SdG 123)
  • Unterscheidung zwischen persönlicher Welt und Welt.
  • Jeder konstruiert sich sein Bild von der Welt
  • Unterscheidung zwischen Konstruktion und Welt
Erkenntnis als Spiegel oder Tätigkeit Erkenntnis von Einzelheit durch Explikation (Explikationismus) Erkenntnis als Konstruktion (Konstruktivismus)
Fremde Psyche ist unerreichbar In eine fremde Psyche kann man nicht hinein, weil es sie gar nicht gibt sondern einen Introjektion ist. Aber man kann fremde Gefühle fühlen. In eine fremde Psyche kann man nicht hinein, weil sie operational geschlossen ist.

Dem sozialen Konstruktivismus entspricht in meiner Terminologie der erkenntnistheoretische Explikationismus (Hermann Schmitz: Replik Phänomenolgie als Anwalt der unwillkürlichen Lebenserfahrung, Pos 200)

  • Achtung vor der Meinung des Anderen:
  • Vorsicht bezüglich schneller Interpretation, Theorien nicht verabsolutieren zu wollen, sondern immer dem konkreten Erfahrungsbereich des Alltags verbunden zu bleiben, sowie die Autonomie der Erfahrung des anderen zu achten.

Siehe: Realismus, Konstruktivismus

Vergleich

  • Explikationismus als das Herausheben aus einer (je eigenen) ganzheitlichen Bedeutsamkeit
  • Konstruktivismus als Herstellung von Ganzheit durch Zusammenfügen