Sachverhalt: Unterschied zwischen den Versionen
Admin (Diskussion | Beiträge) |
Admin (Diskussion | Beiträge) |
||
(7 dazwischenliegende Versionen desselben Benutzers werden nicht angezeigt) | |||
Zeile 18: | Zeile 18: | ||
Hintergrund als [[Dasein]], [[Wirklichkeit]], [[Welt]], [[Situation]], worin man sich befindet ([[Topisches Verhältnis]]) | Hintergrund als [[Dasein]], [[Wirklichkeit]], [[Welt]], [[Situation]], worin man sich befindet ([[Topisches Verhältnis]]) | ||
+ | |||
+ | == Einzelheit von Sachverhalten nur über Sprache identifizierbar == | ||
+ | {{c|Sachverhalte können als einzelne nur sprachlich identifiziert werden; man kann nicht auf sie zeigen, also unsprachlich nicht einmal die Vorstufe des Identifizierens, zu der das Zeigen gelangt, erreichen. Dazu kommt die Abhängigkeit von besonderen Sprachen, weil die Möglichkeiten der Übersetzung in eine andere Sprache begrenzt sind.|S-LU 35}} | ||
== Sachverhalte und Sprache == | == Sachverhalte und Sprache == | ||
Zeile 43: | Zeile 46: | ||
{{c|Es wäre aber paradox, die sprachliche Rede zur Voraussetzung des Einzelseins von irgend etwas machen zu wollen. In der Tat sind Sachverhalte und Tatsachen vielmehr vorsprachlich.|S-WieP 20}} | {{c|Es wäre aber paradox, die sprachliche Rede zur Voraussetzung des Einzelseins von irgend etwas machen zu wollen. In der Tat sind Sachverhalte und Tatsachen vielmehr vorsprachlich.|S-WieP 20}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Während man Sachverhalte sonst immer als Abkömmlinge und Spiegelbilder sprachlicher Sätze auffasste, habe ich ihre Vorsprachlichkeit erwiesen und sie als das charakterisiert, wodurch etwas von der Wirklichkeit abgehoben wird, so dass die Fraglichkeit als prinzipielle Möglichkeit, etwas in Frage zu stellen - unabhängig davon, ob jemand da ist, der faktisch eine Frage stellen kann-, in die Welt kommt.|S-H 108}} | ||
+ | |||
+ | {{c|..., weil Sachverhalte vorsprachlich sind, wenn sie sich auch als diese einzelnen nur mit Hilfe der Sprache durch Rede identifizieren lassen. Dass sie vorsprachlich sind, also unabhängig davon, ob geredet wird, vorkommen, lässt sich schlagend an Hand der Unterscheidung zwischen objektiven und subjektiven Tatsachen beweisen.|S-GedW 36f}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Sachverhalte sind diejenigen Etwasse, die etwas in Frage stellen, so dass es offen ist für eine Entscheidung, die dem Sein, der Wirklichkeit, zufällt.|S-GedW 37}} | ||
==== Un-/ Vorsprachlichkeit [[subjektiver Sachverhalt|subjektiver Sachverhalte]] ==== | ==== Un-/ Vorsprachlichkeit [[subjektiver Sachverhalt|subjektiver Sachverhalte]] ==== | ||
Zeile 49: | Zeile 58: | ||
{{c|Mit der Aufdeckung der subjektiven Sachverhalte (und damit der subjektiven Tatsachen) am [[affektives Betroffensein|affektiven Betroffensein]] ist das Nötige für den Nachweis der vorsprachlichen Natur der Sachverhalte schon getan.|S-NGdE 60}} | {{c|Mit der Aufdeckung der subjektiven Sachverhalte (und damit der subjektiven Tatsachen) am [[affektives Betroffensein|affektiven Betroffensein]] ist das Nötige für den Nachweis der vorsprachlichen Natur der Sachverhalte schon getan.|S-NGdE 60}} | ||
− | {{c| | + | {{c|Ein schlagender Grund für die Annahme vorsprachlich existierender Tatsachen ergibt sich aus der Aufdeckung des Unterschiedes zwischen den subjektiven und den objektiven Tatsachen.|S-DRdN 32}} |
+ | ==== Lebewesen ohne Sprachfähigkeit ==== | ||
{{c|Es ist offensichtlich, dass viele [[Bewussthaber]] [[affektives Betroffensein|affektiven Betroffenseins]] fähig sind, ohne eine [[Sprache]] und [[satzförmige Rede]] mächtig zu sein, z.B. [[Tier]]e und [[Säugling]]e.|S-LU 67}} | {{c|Es ist offensichtlich, dass viele [[Bewussthaber]] [[affektives Betroffensein|affektiven Betroffenseins]] fähig sind, ohne eine [[Sprache]] und [[satzförmige Rede]] mächtig zu sein, z.B. [[Tier]]e und [[Säugling]]e.|S-LU 67}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Affektiv betroffen sind auch Tiere, Idioten und Babies, die überhaupt nicht sprechen können, und doch gehört zu ihrem affektive Betroffensein das Innesein oder Bewussthaben, dass es sich um sie selber handelt, in der WEise, dass etwas sie angeht und nicht bloß neutral an ihnen vorüberzieht. Dabei handelt es sich um für sie subjektive Tatsachen, die ihnen freilich kaum als einzelne mit numerischer Einheit vorschweben, sondern gelöst wie Salz im Wasser in absolut chaotischer Mannigfaltigkeit einer Situation.|S-NGdE 60}} | ||
+ | |||
+ | {{c|Schon die [[Tier]]e werden unruhig, wenn sie spüren, dass etwas in der Luft, d.h. in der Situation, liegt, das nicht geheuer ist, und können es doch nicht in eine Frage fassen, weil sie keine Sachverhalte als einzelne aus der Situation, in der sie gefangen sind, herauszuheben vermögen; den Menschen widerfährt oft das Entsprechende, und obwohl sie in der Explikation der Bedeutsamkeit weiter kommen, haben sie oft Schwierigkeiten damit, die richtigen Fragen zu stellen, deren Beantwortung die Beunruhigung durch das offene Problem abschließen kann.|S-GedW 37}} | ||
+ | |||
+ | ==== Ausfall des Besprechenkönnens bei affektiven Betroffensein ==== | ||
+ | {{c|Die Unsprachlichkeit der subjektiven Sachverhalte (sowie Programme und Probleme) des [[affektives Betroffensein|affektiven Betroffenseins]] lässt sich aber nicht nur an solchen noch nicht zur Sprachfähigkeit gediehenen Lebewesen erhärten. Wer in Trauer wenigstens noch sagen kann "Ich bin traurig", ist schon nicht mehr ganz so traurig wie ein in tiefe Trauer versunkener Mensch, denn diese Versunkenheit nicht nur die Kenntnisnahme von sich als abgehobenem Subjekt, das sich mit "ich" auf sich beziehen kann, nimmt, sondern auch die zum Besprechen nötige Objektivierung oder Thematisierung der Trauer, und doch ist das Ergriffensein von der Trauer und das (kein Subjekt als numerische Einheit erfordernde) Innesein, dass sie ihn angeht, bei dem Betroffenen viel eindringlicher ausgeprägt, als wenn er mehr Distanz zu seiner Trauer hat; ... In diesen Fällen erweist sich die Sprachfreiheit (Unabhängigkeit von sprachlicher Rede) an für den Betroffenen subjektiven Tatsachen durch dessen Unfähigkeit zum Besprechen, auch wenn er sonst ein normal sprachfähiger Erwachsener ist.|S-NGdE 61}} | ||
+ | |||
+ | -> Sprachzentrum wird runtergefahren: [[PEP]] | ||
== Keine Isomorphie zwischen Sachverhalt und [[Satzausspruch]] == | == Keine Isomorphie zwischen Sachverhalt und [[Satzausspruch]] == |
Aktuelle Version vom 16. Juli 2019, 06:52 Uhr
Sachverhalte, die meist Programme und/oder Probleme enthalten, sind Gattungen oder Bestimmungen von etwas, das ihr Fall ist. Einzeln müssen sie sein, um eine Menge als den Umfang einer bestimmten, einzelnen Gattung bestimmen zu können.
Sachverhalte können sich durch Explikation einzeln aus Situationen abheben. Sie sind also Abhebungen vom Dasein, die sich ihrerseits von Situationen abheben können. (S-III4, 416f)
Objektive und subjektive Sachverhalte
- objektiver Sachverhalt: "Thomas Latka ist traurig."
- subjektiver Sachverhalt: "Ich bin traurig."
These der ursprünglichen Subjektivität der Sachverhalte
Sachverhalte als Abhebungen vom Hintergrund
Hintergrund als Dasein, Wirklichkeit, Welt, Situation, worin man sich befindet (Topisches Verhältnis)
Einzelheit von Sachverhalten nur über Sprache identifizierbar
Sachverhalte und Sprache
Siehe: Sprachabhängigkeit, Spruch, Explikation
Sachverhalte in den Fesseln der Sprache
Vereinzelte Sachverhalte sind von der Sprache gefärbt also davon abhängig, aber nicht wesentlich durch Sprache gemacht. D.h. die Färberei baut keine Autos, sondern färbt sie nur. Ich kann dasselbe Auto beliebig häufig neu lackieren, also denselben Sachverhalt in unterschiedlichen Sätzen formulieren. Es bleibt steht dasselbe Auto. Es gibt sogar für Farben Normen, also nicht alle Farben (wie Polizei oder Feuerwehr) dürfen für jedes Auto verwendet werden, oder wenn sie verwendet werden, dann erkennt jeder, dass das nicht erlaubt ist. Die Autos werden also nicht durch die Farbe oder die Färberei gefesselt, sondern bekommen dort nur eine Farbe, mit der sie sich zeigen können.
Auch bei Wittgenstein (und im Husserlkreis) können die Sachverhalte nicht aus dem Schatten der Sprache treten, aufgrund der seltsam naiven von Platon ausgehenden elementaristischen Inventartheorie der sprachliche Rede. (Vgl.: S-NGdE 58)
Sachverhalte als vorsprachliche Gegenstände
Un-/ Vorsprachlichkeit subjektiver Sachverhalte
Lebewesen ohne Sprachfähigkeit
Ausfall des Besprechenkönnens bei affektiven Betroffensein
-> Sprachzentrum wird runtergefahren: PEP
Keine Isomorphie zwischen Sachverhalt und Satzausspruch
Siehe: Isomorphie, Ähnlichkeit, Isomorphiemodell der Wahrheit
Sachverhalte und Sachen
Ontologischer Vorrang von Sachverhalten
Sachverhalte sind nicht aus Sachen zusammengesetzt
Axiom von Schnelle: Dass die Bedeutung von Sätzen sich irgendwie aus der Bedeutung der Wörter zusammensetzt, die der Satz enthält ..., diese syntagmatische Bestimmung erscheint als nahezu trivial. (Helmut Schnelle, zit. n. S-III4, 384f)
Wittgenstein erhebt die Zusammensetzung von Sachverhalten aus Sachen zu einem grundlegenden Dogma seiner frühen, im Tractatus logico-philosophicus niedergelegten Lehre. (S-III4, 385)
Argumente gegen die These, dass Sachverhalte aus einzelnen Sachen zusammengesetzt sind:
- Möglichkeit, dieselben Sachverhalte durch Sätze ganz verschiedener Struktur zu beschreiben. Z.B. gibt es auch Sprachen mit ganz anderer Struktur, z.B. das Japanische.
- Es kann keinen Gegenstand geben, der aus Teilen, die es nicht gibt, besteht. Sehr wohl gibt es aber Sachverhalte, sogar Tatsachen, für die angemessene Beschreibungen existieren, in denen Gegenstände, die es nicht gibt, z.B. durch Satzsubjekte genannt werden.
- Wenn alle Sachverhalte durch Zusammensetzung von Sachen gebildet wären, müsste jeder Überschuss eines Sachverhaltes über einen anderen dadurch gebildet werden können, dass zu diesem eine ihm fehlende, in jedem vorhandene Sache hinzugefügt würde. Der Überschuss der subjektiven Tatsache über die entsprechende objektive Tatsache kann jedoch nicht durch einer in dieser noch fehlenden Sache aufgeholt werden: keine additive "Ichtönung" erzeugt aus einer objektiven einen subjektive Tatsache.
(S-III4, 386ff)