Intelligenz: Unterschied zwischen den Versionen
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{{c|Leibliche Intelligenz ist die Fähigkeit intelligenten Umgangs mit [[Situation]]en in der [[Einleibung]] ohne [[Explikation]] einzelner [[Bedeutung]]en.|S-BW 86}} | {{c|Leibliche Intelligenz ist die Fähigkeit intelligenten Umgangs mit [[Situation]]en in der [[Einleibung]] ohne [[Explikation]] einzelner [[Bedeutung]]en.|S-BW 86}} | ||
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{{c|Es kommt dann auf eine "Nase" für [[Situation]]en, einen Spürsinn, der solche rasch und vielfältig aufzufassen weiß, und Fähigkeit zur wendigen und doch zielsicheren Anpassung an sie an, auch auf die Ausdauer dieser Fähigkeiten, wenn sie in dichter Folge andauernd herausgefordert werden. Das Wahrnehmen des homerischen Helden ist weitgehend von dieser Art, ein Denken (noein) in Situationen, Erfassen und Reagieren in eins, wie Caesars "veni, vidi, vici".|S-IV 375}} | {{c|Es kommt dann auf eine "Nase" für [[Situation]]en, einen Spürsinn, der solche rasch und vielfältig aufzufassen weiß, und Fähigkeit zur wendigen und doch zielsicheren Anpassung an sie an, auch auf die Ausdauer dieser Fähigkeiten, wenn sie in dichter Folge andauernd herausgefordert werden. Das Wahrnehmen des homerischen Helden ist weitgehend von dieser Art, ein Denken (noein) in Situationen, Erfassen und Reagieren in eins, wie Caesars "veni, vidi, vici".|S-IV 375}} | ||
− | + | {{c|Leibliche Intelligenz ist intensives Spüren. Das setzt voraus, das Ichbehauptung und [[personale Emanzipation]] stark zurückgenommen sind zugunsten unmittelbarer Nachbarschaft zu den [[Phänomen]]en.|GL-RB 51}} | |
== Hermeneutische Intelligenz == | == Hermeneutische Intelligenz == | ||
{{c|Hermeneutisch intelligentes [[Denken]] expliziert Bedeutungen so sparsam aus [[Situation]]en, dass diese in ihrer Ganzheit unversehrt berücksichtigt und geschont werden, sei es als durchscheinend durch den Schleier der kombinierten einzelnen [[Bedeutung]]en, sei es als den Umgang mit diesen Bedeutungen leitend. Im ersten Fall ist das hermeneutische [[Denken]] Dichten, im zweiten ein Denken mit Takt oder Fingerspitzengefühl.|S-BW 86f}} | {{c|Hermeneutisch intelligentes [[Denken]] expliziert Bedeutungen so sparsam aus [[Situation]]en, dass diese in ihrer Ganzheit unversehrt berücksichtigt und geschont werden, sei es als durchscheinend durch den Schleier der kombinierten einzelnen [[Bedeutung]]en, sei es als den Umgang mit diesen Bedeutungen leitend. Im ersten Fall ist das hermeneutische [[Denken]] Dichten, im zweiten ein Denken mit Takt oder Fingerspitzengefühl.|S-BW 86f}} | ||
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+ | {{c|Während die leibliche Intelligenz ohne Einsatz von Sprache auskommt, sind die hermeneutische und die analytische auf Rede angewiesen, wobei in einer wichtigen Art hermeneutischer Intelligenz die Grenze allerdings so verschwimmt, dass die hermeneutische Leistung auch ohne Rede auskommt und dann in Leistung leiblicher Intelligenz übergeht.|S-BW 90}} | ||
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+ | {{c|Die Angewiesenheit auf Rede in den anderen Fällen beruht darauf, dass das Denken im engeren Sinn aus der binnendiffusen Bedeutusamkeit einzelne Bedeutungen abruft und solche nur durch Rede identifizierbar sind. Der wesentliche Zug des hermeneutisch intelligenten Denkens besteht darin, dass bei der Explikation auf die Integrität der Situation oder der Situationen, aus denen expliziert wird, Rücksicht genommen wird.|S-BW 90}} | ||
{{c|Hermeneutisch ist eine Intelligenz, die der poetischen [[Explikation]] dadurch nahe kommt, dass sie sich nicht darauf beschränkt, einzelne Bedeutungen (d.h. Sachverhalte, Programme, Probleme) zu explizieren und zu kombinieren, sondern die binnendiffuse [[Bedeutsamkeit]] ganzheitlich im Auge behält, um sich mit geschickter Sparsamkeit der [[Explikation]] ihr anzupassen. Eine Domäne für Entfaltung hermeneutischer Intelligenz ist das Gespräch, eine aktuelle [[Situation]], die mit unzähligen zuständlichen oder aktuellen Situationen beladen ist, die darüber bestimmen, was gerade dazu ansteht, gesagt oder verschwiegen zu werden.|S-SuK 55}} | {{c|Hermeneutisch ist eine Intelligenz, die der poetischen [[Explikation]] dadurch nahe kommt, dass sie sich nicht darauf beschränkt, einzelne Bedeutungen (d.h. Sachverhalte, Programme, Probleme) zu explizieren und zu kombinieren, sondern die binnendiffuse [[Bedeutsamkeit]] ganzheitlich im Auge behält, um sich mit geschickter Sparsamkeit der [[Explikation]] ihr anzupassen. Eine Domäne für Entfaltung hermeneutischer Intelligenz ist das Gespräch, eine aktuelle [[Situation]], die mit unzähligen zuständlichen oder aktuellen Situationen beladen ist, die darüber bestimmen, was gerade dazu ansteht, gesagt oder verschwiegen zu werden.|S-SuK 55}} | ||
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+ | {{c|Der wesentliche Zug des hermeneutischen intelligenten Denkens besteht darin, dass bei der Explikation auf die Integrität der Situation oder der Situationen, aus denen expliziert wird, Rücksicht genommen wird. Das kann auf zwei Weise geschehen, | ||
+ | * durch Anpassung an Situationen | ||
+ | * oder durch Gestaltung (einschließlich Nachgestaltung) von Situationen. | ||
+ | Im ersten Fall bewährt sich die Intelligenz als Takt, der sie Situation als ganze und nicht nur als Steinbruch für einzelne Bedeutungen respektiert und im Auge behält. Diese Art hermeneutischen Denkens ist unerlässlich, wo es um erfolgreiche Menschenbehandlung geht, sei es in der Politik, in der Wirtschaftsbetrieben, im Verkauf, beim Arzt, in der Familie usw.; aber auch der Historiker und der Ethnologe benötigen für ihr Verstehen vergangener oder fremdartiger Populationen und Persönlichkeiten hermeneutische Intelligenz.|S-B 90}} | ||
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+ | {{c|In dieser Hinsicht neigt die hermeneutische Intelligenz zu sparsamer Explikation, bis dahin, dass die Explikation ganz entfallen kann und muss, um die Situation in ihrer Ganzheit sichtbar zu machen und ihr zu entsprechen. Dann genügen etwa Blicke, Schweigen, ein Händedruck, ja das sanfte Alleinlassen als Träger neuer, nicht expliziter und doch eindringlicher Bedeutungen (Sachverhalte, Programme, Probleme), in denen die Situation aufgefangen wird, und das hermeneutische Denken geht in das leibliche über, wovon ich vorhin gesprochen habe.|S-B 91}} | ||
{{c|Hermeneutische Intelligenz widersetzt sich beiden, diskursiver Analyse wie dem Schweigen. Sie gesteht einem Reden Vorrang zu, das Sachverhalte ''sparsam'' und ''schonend'' expliziert und auch nur so weit, dass vielsagenden Eindrücke unversehrt erhalten bleiben - in ihrer Gesamtheit und Geschlossenheit. Literarische, insbesondere poetische Sprache, die sich mit Anspielungen, metaphorischen Umschreibungen begnügt, folgt hermeneutischer Intelligenz, um "die Situation als ganze und nicht nur als Steinbruch für einzelne Bedeutungen zu respektieren und im Auge zu behalten."<br> | {{c|Hermeneutische Intelligenz widersetzt sich beiden, diskursiver Analyse wie dem Schweigen. Sie gesteht einem Reden Vorrang zu, das Sachverhalte ''sparsam'' und ''schonend'' expliziert und auch nur so weit, dass vielsagenden Eindrücke unversehrt erhalten bleiben - in ihrer Gesamtheit und Geschlossenheit. Literarische, insbesondere poetische Sprache, die sich mit Anspielungen, metaphorischen Umschreibungen begnügt, folgt hermeneutischer Intelligenz, um "die Situation als ganze und nicht nur als Steinbruch für einzelne Bedeutungen zu respektieren und im Auge zu behalten."<br> | ||
− | Hermeneutisch intelligent ist die sprachbildliche Umgang mit Welt und Wirklichkeit in ''Zhuangzi'' und zugleich radikal verschieden von der uns vertrauten Vorstellung von Wort und Bild als bloße ''Repräsentanten'' der Realität. So ließe sich unter Berufung auf das ''Zhuangzi'' der | + | Hermeneutisch intelligent ist die sprachbildliche Umgang mit Welt und Wirklichkeit in ''Zhuangzi'' und zugleich radikal verschieden von der uns vertrauten Vorstellung von Wort und Bild als bloße ''Repräsentanten'' der Realität. So ließe sich unter Berufung auf das ''Zhuangzi'' der [[Repräsentation]]stheorie eine "Philosophie der [[Präsenz]]" entgegensetzen: "Es hat einen Namen (''mìng'' 名), und es hat eine Realität (''shí'' 實). Das macht die Dinge (''wù'' 物) aus."|GL-RB 54}} |
== Analytische Intelligenz == | == Analytische Intelligenz == |
Aktuelle Version vom 27. Juli 2021, 22:50 Uhr
Intelligentes Denken im weitesten Sinn kommt in drei Gestalten vor,
- als leiblich intelligentes,
- hermeneutisch intelligentes und
- analytisch intelligentes Denken. (S-BW 86)
Intelligenz
- im Umgang mit Situationen: leibliche Intelligenz
- im Umgang mit einzelnen Bedeutungen aus Situationen: hermeneutische und analytische Intelligenz
Siehe: Denktypen
Leibliche Intelligenz
Stephen Gilligan: somatic mind (im Unterschied zum verbal mind)
Hermeneutische Intelligenz
Der wesentliche Zug des hermeneutischen intelligenten Denkens besteht darin, dass bei der Explikation auf die Integrität der Situation oder der Situationen, aus denen expliziert wird, Rücksicht genommen wird. Das kann auf zwei Weise geschehen,
- durch Anpassung an Situationen
- oder durch Gestaltung (einschließlich Nachgestaltung) von Situationen.
Hermeneutische Intelligenz widersetzt sich beiden, diskursiver Analyse wie dem Schweigen. Sie gesteht einem Reden Vorrang zu, das Sachverhalte sparsam und schonend expliziert und auch nur so weit, dass vielsagenden Eindrücke unversehrt erhalten bleiben - in ihrer Gesamtheit und Geschlossenheit. Literarische, insbesondere poetische Sprache, die sich mit Anspielungen, metaphorischen Umschreibungen begnügt, folgt hermeneutischer Intelligenz, um "die Situation als ganze und nicht nur als Steinbruch für einzelne Bedeutungen zu respektieren und im Auge zu behalten."
Analytische Intelligenz
Siehe: Abstraktion, Konstruktion