Denken: Unterschied zwischen den Versionen
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− | Nicht das Denken gibt uns den Zugang zum [[Leben]]; es ist das Leben, welches dem Denken den Zugang zu sich erlaubt. | + | {{c|Nicht das Denken gibt uns den Zugang zum [[Leben]]; es ist das Leben, welches dem Denken den Zugang zu sich erlaubt.|Michel Henry, F-LuL 289}} |
{{c|Menschliches Denken ist diskursiv, d.h. Denken in [[Beziehung|Beziehungen]] von etwas zu etwas.|S-JDN 30}} | {{c|Menschliches Denken ist diskursiv, d.h. Denken in [[Beziehung|Beziehungen]] von etwas zu etwas.|S-JDN 30}} | ||
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{{c|Menschen können nur in gerichteten Beziehungen (...) denken; ... Erst der Fluss der Zeit auf der modalen Seite der modalen Lagezeit erlaubt den Menschen, zu denken.|S-L 130}} | {{c|Menschen können nur in gerichteten Beziehungen (...) denken; ... Erst der Fluss der Zeit auf der modalen Seite der modalen Lagezeit erlaubt den Menschen, zu denken.|S-L 130}} | ||
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+ | {{c|(Leibliches Spüren und) Fühlen 'identifiziert', [[denken]] 'distanziert'.|GR-LS 252}} | ||
== Hauptsätze des Denkens == | == Hauptsätze des Denkens == | ||
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=== Vieter Hauptsatz des Denkens === | === Vieter Hauptsatz des Denkens === | ||
{{c|Erinnerungen sind dispositional festgehaltene Erfahrungen.|GR-LS 344}} | {{c|Erinnerungen sind dispositional festgehaltene Erfahrungen.|GR-LS 344}} | ||
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+ | == Europäische Fixierung auf das Denken == | ||
+ | {{c|Für den Hauptstrom der europäischen Philosophie und Anthropologie blieb jedoch die problematische Fixierung der [[seinsgewissheit]]lichen Evidenz auf das Denken typisch, die Platon initiierte und dann Descartes durch das ''cogito ergo sum'' neuzeitlich aufbereitete. Dadurch suchte man die [[Seinsgewissheit]] aus dem Denkprozess abzuleiten und nicht aus der [[Subjektivität]] des leiblichen [[Spüren]]s. Durch die radikale Trennung von Körper und Denken ging das leibliche Fundament verloren.|GR-LS 354}} | ||
== Denken als leiblicher Prozess des Wahrnehmens == | == Denken als leiblicher Prozess des Wahrnehmens == | ||
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{{c|Vom formalen Denken aus kommt man erkenntnistheoretisch nicht zurück zur Leiblichkeit des Selbst-Bewusstseins.|GR-LS 333}} | {{c|Vom formalen Denken aus kommt man erkenntnistheoretisch nicht zurück zur Leiblichkeit des Selbst-Bewusstseins.|GR-LS 333}} | ||
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+ | === Leibliche Lokalisation des Denkens === | ||
+ | {{c|Mit der Lokalisation von Denk-Prozessen im Leib, also als leibliches Geschehen, wird eine andere als die bisherigen Möglichkeiten der 'Verortung' angeboten, und auch der Auflösung von 'Psychologie' in NeuroPhysiologie ein Riegel vorgeschoben.|GR-LS 349}} | ||
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+ | * Aufstellung als leibliche Verortung der Explikate | ||
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+ | == Denken als personale mnemotechnische Kompetenz == | ||
+ | (GR-LS 360) | ||
== Denken als semi-autonomer Prozess == | == Denken als semi-autonomer Prozess == | ||
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+ | === Das leibliche Es des Denkens === | ||
+ | {{c|Die Rückseite des 'Ich denke' wird vom 'Es denkt' gebildet; und dieses 'Es' ist der Leib.|GR-LS 357}} | ||
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{{c|[D]as Denken besitzt - wie auch das Fühlen - 'Semi-Autonomie', d.h. 'es denkt', bevor 'ich denke'. Doch dieses 'es' als Denken ist aus phänomenologischer Perspektive betrachtet nicht 'das Gehirn', sondern das Leib-Subjekt - d.h. der denkende Leib -, der auf Wahrnehmung denkend reagiert, indem er mnemonische in rationale Potenz umwandelt. Dass er dies auch auf körperlicher Ebene und 'gehirnlich beobachtbar' tut, sollte nicht dazu verführen, die neuronalen Prozesse mit den gedanklichen Prozessen gleichzusetzen.|GR-LS 329}} | {{c|[D]as Denken besitzt - wie auch das Fühlen - 'Semi-Autonomie', d.h. 'es denkt', bevor 'ich denke'. Doch dieses 'es' als Denken ist aus phänomenologischer Perspektive betrachtet nicht 'das Gehirn', sondern das Leib-Subjekt - d.h. der denkende Leib -, der auf Wahrnehmung denkend reagiert, indem er mnemonische in rationale Potenz umwandelt. Dass er dies auch auf körperlicher Ebene und 'gehirnlich beobachtbar' tut, sollte nicht dazu verführen, die neuronalen Prozesse mit den gedanklichen Prozessen gleichzusetzen.|GR-LS 329}} | ||
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+ | {{c|Denkt also der 'Leib' - als subjektive Vitalität -, so lässt sich das auch so ausdrücken, dass 'es' denkt, ohne dass 'ich' es bin (und ohne dieses 'es' direkt freudianisch zu verstehen). Denn das ist 'es' gerade nicht, das 'Ich' ins Spiel kommt, bzw. die Denkhandlung vollzieht. Doch auch dieses 'Ich' geht weit über das bloße ''cogito'' hinaus, nämlich als ein 'Ich', das Subjektivität ist, ohne denkend sein zu müssen.|GR-LS 353}} | ||
Der historisch-pathische Aspekt des Denken (GR-LS 338) | Der historisch-pathische Aspekt des Denken (GR-LS 338) | ||
− | {{c|Schon der homerische Mensch konnte 'ich' sagen, und war sich seines Standes in der Gemeinschaft als eines Individuums bewusst, aber hätte nicht mit der gleichen Überzeugung gesagt, dass | + | {{c|Schon der homerische Mensch konnte 'ich' sagen, und war sich seines Standes in der Gemeinschaft als eines Individuums bewusst, aber hätte nicht mit der gleichen Überzeugung gesagt, dass es denkt bzw. der Ursprung seiner Gedanken ist, sonden eher, dass ihm das Denken widerfährt, wobei die Quelle der Gedanken 'extern' zu seinem Ich zu lokalisieren war, also bei den Göttern oder daimonischen Kräften. Das 'moderne' Modell des 'Unterbewussten' - oder gar des 'Gehirns' - hat daran grundsätzlich nichts geändert: Alle diese 'Instanzen' sind der kinästhetischen Verfügungsgewalt entzogen.|GR-LS 338}} |
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+ | === Das seinsgewissheitliche Ich des Denkens === | ||
+ | {{c|Nicht das 'Denken' ist im ''cogito'' entscheidend, sondern das 'Ich'. Dieses enthält die ''subjektive Seinsgewissheit'', nicht das 'Denken'; d.h. es ist zunächst prinzipiell egal, ob ich davon spreche, dass ich denke oder fühle oder sehe. Das ''ich'' es bin, der das tut - bzw. dem unterworfen ist - ist mir im subjektiven Vollzug gewiss. Dass ich es bin, der denkt, nur, wenn ich selbst 'nach-denke' und nicht 'etwas denke', was ich nicht intendierte. Genau umgekehrt zum cartesischen Glauben bietet das Denken die 'minimalste' ''seingewissheitliche Evidenz''!|GR-LS 352}} | ||
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+ | Siehe: [[Subjektive Tatsache#Fichte|Entdeckung der subjektiven Tatsachen bei Fichte]] | ||
== Räumlichkeit des Denkens == | == Räumlichkeit des Denkens == | ||
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{{c|Mit dem Postulat einer spezifischen Ausdehnung eines Gedankens ist das Denken nicht, wie der sich auf die platonisch-augustinische Tradition stützende Descartes einfach definierte, eine 'unausgedehnte' 'reine' 'Denk-Sache' (''res cogitans''), die einem Körper als einer 'ausgedehnte Sache' (''res extensa'') dualistisch gegenüberstünde. Diese Sicht hat zwar ihre Berechtigung darin, dass man wegen der [[Unumkehrbarkeit der Individuationsrichtung]] nicht von der ortsräumlichen 'messbaren' Ausdehnung auf die Ausdehnungsformen des leiblichen Raums bzw. des [[Gefühlsraum|Gefühls-]] und Gedankenraums zurückgehen kann, doch geht sie zu weit, denn deshalb die Existenz von Gedanken und Gefühlen auf 'Ausdehnungslosigkeit' zu reduzieren, nimmt ihnen gerade jene [[Räumlichkeit]], die für ihr Verständnis wesentlich ist.|GR-LS 328}} | {{c|Mit dem Postulat einer spezifischen Ausdehnung eines Gedankens ist das Denken nicht, wie der sich auf die platonisch-augustinische Tradition stützende Descartes einfach definierte, eine 'unausgedehnte' 'reine' 'Denk-Sache' (''res cogitans''), die einem Körper als einer 'ausgedehnte Sache' (''res extensa'') dualistisch gegenüberstünde. Diese Sicht hat zwar ihre Berechtigung darin, dass man wegen der [[Unumkehrbarkeit der Individuationsrichtung]] nicht von der ortsräumlichen 'messbaren' Ausdehnung auf die Ausdehnungsformen des leiblichen Raums bzw. des [[Gefühlsraum|Gefühls-]] und Gedankenraums zurückgehen kann, doch geht sie zu weit, denn deshalb die Existenz von Gedanken und Gefühlen auf 'Ausdehnungslosigkeit' zu reduzieren, nimmt ihnen gerade jene [[Räumlichkeit]], die für ihr Verständnis wesentlich ist.|GR-LS 328}} | ||
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+ | === Objektiver Gedankenraum === | ||
+ | Göttliche Perspektive | ||
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+ | Leiblich-subjektive Perspektive | ||
== Denken der Gedanken == | == Denken der Gedanken == | ||
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{{c|Gedanken nehmen Beziehungen wahr, indem sie die dynamischen Prozesse des 'In-Relation-Setzens' - die schon für den einfachsten Abgleich gebraucht werden, wobei sie die protentionale Dimension der mnemonischen Potenz jeweils akualsieren - zu Begriffen auskristallisieren.|GR-LS 346}} | {{c|Gedanken nehmen Beziehungen wahr, indem sie die dynamischen Prozesse des 'In-Relation-Setzens' - die schon für den einfachsten Abgleich gebraucht werden, wobei sie die protentionale Dimension der mnemonischen Potenz jeweils akualsieren - zu Begriffen auskristallisieren.|GR-LS 346}} | ||
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+ | {{c|Die Evidenz dafür, dass Gedanken nicht nur durch das cartesische 'Ich denke' (''cogito'') entstehen, also nicht ausschließlich vom 'Ich' gemacht werden, sondern dass sie, wie die Gefühle und allgemein die Wahrnehmungen ''in'' Situationen vorhanden sind, ''aus'' denen sie wahrgenommen werden können. In diesem 'situativen' Sinn vollzieht sich das Denken und Fühlen in einem ''leiblichen Raum'', der nur partiell jener kinästhetischen Verfügungsgewalt unterliegt, die, durch das Erlernen von Denk-Bewegungen, in der Lage ist, selbst Gedanken hervorzubringen.|GR-LS 350}} | ||
== Denken und [[Sprache]] == | == Denken und [[Sprache]] == |
Aktuelle Version vom 19. Mai 2017, 20:05 Uhr
Hauptsätze des Denkens
Erster Hauptsatz des Denkens
Zweiter Hauptsatz des Denkens
Dritter Hauptsatz des Denkens
Vieter Hauptsatz des Denkens
Europäische Fixierung auf das Denken
Denken als leiblicher Prozess des Wahrnehmens
Leibliche Lokalisation des Denkens
- Aufstellung als leibliche Verortung der Explikate
Denken als personale mnemotechnische Kompetenz
(GR-LS 360)
Denken als semi-autonomer Prozess
Das leibliche Es des Denkens
Der historisch-pathische Aspekt des Denken (GR-LS 338)
Das seinsgewissheitliche Ich des Denkens
Siehe: Entdeckung der subjektiven Tatsachen bei Fichte
Räumlichkeit des Denkens
Objektiver Gedankenraum
Göttliche Perspektive
Leiblicher Gedankenraum
Leiblich-subjektive Perspektive
Denken der Gedanken
Denken und Sprache
Denken basiert immer auf satzförmiger Rede.
Einfluss der Sprache auf das Denken
Siehe: Verführungen der Sprachtypen
Denktypen
- Analytisches Denken: Dinge in Sprache kombinieren. (Analytische Intelligenz)
- Hermeneutisches Denken: Dinge aus Situationen herausholen (Hermeneutische Intelligenz)
- Situatives 'Denken': Situationen erkennen (Leibliche Intelligenz)
- Räumliches Denken: Räumliche Bilder situativ erkennen
- Leiblich-Situatives 'Denken': Gefühle situativ spüren
Übersicht
Analytisches Denken | Hermeneutisches Denken | Situatives Denken, Denken in Situationen | |
---|---|---|---|
Intelligenz | Analytische Intelligenz | Hermeneutische Intelligenz | Leibliche Intelligenz |
Leistung | Dinge kombinieren z.B. mittels satzförmiger Rede (Sprache) | Sparsame Explikation von Dingen aus Situationen | Typisierendes Denken in vielsagenden Eindrücken, Umgang mit Situationen durch Einleibung |
Zeitigkeit | Nachzeitigkeit | Nach- und Gleichzeitigkeit | Gleichzeitigkeit |
Grammatik | Feste explizite Regelgrammatik | Weiche Grammatik | implizite, leibliche Grammatik (ohne explizierbare Regeln, kontra Wittgenstein) |
Modell | Teilchen | Feld -> Teilchen | Welle, Feld, Stimmung, Atmosphäre |
Siehe: Logo-Topo, Sprachtypen, Duales und Topisches Verhältnis, Übersicht
Denktypen Klassifizierung nach Level and Mode
Types of Thought Processes Classified by Level and Mode (Zit. n. D-TSC 57):
Level of
Thought Process |
Mode of Thought Process | |
---|---|---|
Visual | Verbal | |
Memory | Picture-like imagery | Exact verbal memory |
Relational Thought | Manipulation of spatial relationships | Manipulation of symbolic relationships |
MacLoad's Verbal-Spatial-Tests
MacLoad's Result Showing Average Amount of Time It Takes Two Groups to Comprehend a Sentence and Then to Verify that It Does or Does Not Describe a Picture. (Zit.n. D-TSC 59)
Groups | Length of Time in Seconds | |
---|---|---|
Comprehension | Verification | |
Verbal coders | 1.65 | 1.21 |
Spatial coders | 2.60 | .65 |
Quelle: MacLeod, Colin M., Hunt, E.B., and Mathews, N.N.: Individual differences in the verification of sentence-picture-relationships. Journal of Verbal Learning and Verbal Behavior, 17:493-507, 1978; Sternberg, R.J., and Weil, E.M.: An aptitude x strategy interaction in linear syllogistic reasoning. Journal of Educational Psychology, 72:226-239, 1980.