Sachverhalt: Unterschied zwischen den Versionen

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* objektiver Sachverhalt: "Thomas Latka ist traurig."
 
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* subjektiver Sachverhalt: "Ich bin traurig."
 
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== Sachverhalte und Sprache ==
 
== Sachverhalte und Sprache ==

Version vom 1. Juli 2012, 11:17 Uhr

Sachverhalte, die meist Programme und/oder Probleme enthalten, sind Gattungen oder Bestimmungen von etwas, das ihr Fall ist. Einzeln müssen sie sein, um eine Menge als den Umfang einer bestimmten, einzelnen Gattung bestimmen zu können.

Sachverhalte sind Abhebungen vom Dasein. (S-III4, 397)

Sachverhalte können sich durch Explikation einzeln aus Situationen abheben. Sie sind also Abhebungen vom Dasein, die sich ihrerseits von Situationen abheben können. (S-III4, 416f)

Objektive und subjektive Sachverhalte

Ein Sachverhalt ist 'objektiv', wenn jeder ihn aussagen kann, falls er nur genügend viel weiss und genügend gut (in irgend einer Sprache) sprechen kann. Ein Sachverhalt ist 'subjektiv', wenn ihn höchstens Einer, und zwar im eigenen Namen, aussagen kann, obwohl es den Anderen freisteht, den Sachverhalt, den sie nicht aussagen können, eindeutig (...) zu kennzeichnen, so dass sie über ihn, auch ohne ihn auszusagen, sprechen können. Die Existenz subjektiver Sachverhalte zeige ich am affektiven Betroffensein. (S-NGdE 59)

  • objektiver Sachverhalt: "Thomas Latka ist traurig."
  • subjektiver Sachverhalt: "Ich bin traurig."

Abhebungen von der Wirklichkeit

Sachverhalte sind Abhebungen von der Wirklichkeit. (S-NGdE 65)

Sachverhalte und Sprache

Sachverhalte in den Fesseln der Sprache

Auch bei Wittgenstein (und im Husserlkreis) können die Sachverhalte nicht aus dem Schatten der Sprache treten, aufgrund der seltsam naiven von Platon ausgehenden elementaristischen Inventartheorie der sprachliche Rede. (Vgl.: S-NGdE 58)

Sachverhalte als vorsprachliche Gegenstände

Gegen alle diese Einschränkungen will ich die Sachverhalte mündig sprechen; ich will zeigen, dass sie keiner Anlehnung an die Sprache bedürfen, sondern vorsprachliche Gegenstände eigenen Rechts sind, und auch nicht abstrakte Entitäten, die erst durch Operationen intellektueller Verarbeitung des Gegebenen zu Stande kommen oder zugänglich werden und insofern weniger elementar oder natürlich wären als Farben, Dinge oder gar Substanzen, sondern nächstliegende Bestandteile unmittelbarer Lebenserfahrung. (S-NgdE 58)

Sachverhalte sind hiernach Gegenstände eigener Art, nicht an Sprache und Sprachfähigkeit gebunden und nicht als begleitende Gebilde aus sprachlichen Strukturen konstruierbar. Ihre enge Verknüpfung mit der Sprache, wodurch sich Aussagen zur Darstellung und Identifizierung von Sachverhalten eigenen, wird durch diese Eigenständigkeit nicht angetastet; sie beruht auf der explikativen Leistung der Rede, Sachverhalte (sowie Programme und Probleme) aus Situationen hervorzuheben und einzeln festzuhalten. (S-NGdE 63)

Unsprachlichkeit subjektiver Sachverhalte

Der entscheidende Hebel zur Befreiung der Sachverhalte aus den Fesseln der Sprache ist meine Entdeckung der subjektiven Sachverhalte (einschließlich der Tatsachen). (S-NGdE 58f)

Mit der Aufdeckung der subjektiven Sachverhalte (und damit der subjektiven Tatsachen) am affektiven Betroffensein ist das Nötige für den Nachweis der vorsprachlichen Natur der Sachverhalte schon getan. (S-NGdE 60)

Die Unsprachlichkeit der subjektiven Sachverhalte (sowie Programme und Probleme) des affektiven Betroffenseinsn lässt sich aber nicht nur an solchen noch nicht zur Sprachfähigkeit gediehenen Lebewesen erhärten. Wer in Trauer wenigstens noch sagen kann "Ich bin traurig", ist schon nicht mehr ganz so traurig wie ein in tiefe Trauer versunkener Mensch, ... (S-NGdE 61)

Keine Isomorphie zu Satzaussprüchen

Sachverhalte haben mit sie darstellenden Satzaussprüchen keinerlei strukturelle Ähnlichkeit. (S-NGdE 243)

Siehe: Isomorphie, Ähnlichkeit

Sachverhalte sind nicht aus Sachen zusammengesetzt

Axiom von Schnelle: Dass die Bedeutung von Sätzen sich irgendwie aus der Bedeutung der Wörter zusammensetzt, die der Satz enthält ..., diese syntagmatische Bestimmung erscheint als nahezu trivial. (Helmut Schnelle, zit. n. S-III4, 384f)

Wittgenstein erhebt die Zusammensetzung von Sachverhalten aus Sachen zu einem grundlegenden Dogma seiner frühen, im Tractatus logico-philosophicus niedergelegten Lehre. (S-III4, 385)

Argumente gegen die These, dass Sachverhalte aus einzelnen Sachen zusammengesetzt sind:

  • Möglichkeit, dieselben Sachverhalte durch Sätze ganz verschiedener Struktur zu beschreiben. Z.B. gibt es auch Sprachen mit ganz anderer Struktur, z.B. das Japanische.
  • Es kann keinen Gegenstand geben, der aus Teilen, die es nicht gibt, besteht. Sehr wohl gibt es aber Sachverhalte, sogar Tatsachen, für die angemessene Beschreibungen existieren, in denen Gegenstände, die es nicht gibt, z.B. durch Satzsubjekte genannt werden.
  • Wenn alle Sachverhalte durch Zusammensetzung von Sachen gebildet wären, müsste jeder Überschuss eines Sachverhaltes über einen anderen dadurch gebildet werden können, dass zu diesem eine ihm fehlende, in jedem vorhandene Sache hinzugefügt würde. Der Überschuss der subjektiven Tatsache über die entsprechende objektive Tatsache kann jedoch nicht durch einer in dieser noch fehlenden Sache aufgeholt werden: keine additive "Ichtönung" erzeugt aus einer objektiven einen subjektive Tatsache.

(S-III4, 386ff)