Wahrnehmung: Unterschied zwischen den Versionen
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{{c|Diese objektivierende Leistung der menschlichen Wahrnehmung verdankt sich jedoch nicht nur, wie von [[Plessner]] angenommen, einer individuellen Distanz, sondern vor allem einer ''impliziten [[Intersubjektivität]]''. Die von mir wahrgenommenen Dinge sind zugleich immer auch für Andere grundsätzlich wahrnehmbar. Durch die implizite Teilnehmerperspektive ("Wir"-Perspektive erhält meine subjektive Wahrnehmung ihre prinzipielle, wenn auch widerlegbare Objektivität. An die Stelle eines ''naiven Realismus'' können wir also einen ''lebensweltlichen [[Realismus]]'' setzen.|F-DG 179}} | {{c|Diese objektivierende Leistung der menschlichen Wahrnehmung verdankt sich jedoch nicht nur, wie von [[Plessner]] angenommen, einer individuellen Distanz, sondern vor allem einer ''impliziten [[Intersubjektivität]]''. Die von mir wahrgenommenen Dinge sind zugleich immer auch für Andere grundsätzlich wahrnehmbar. Durch die implizite Teilnehmerperspektive ("Wir"-Perspektive erhält meine subjektive Wahrnehmung ihre prinzipielle, wenn auch widerlegbare Objektivität. An die Stelle eines ''naiven Realismus'' können wir also einen ''lebensweltlichen [[Realismus]]'' setzen.|F-DG 179}} | ||
Version vom 17. Mai 2011, 15:55 Uhr
Wahrnehmen ist nicht ein Registrieren von Empfindungen, sondern ein Bemerken, was los ist. (S-WNP 334)
Wahrnehmung als leibliche Kommunikation
Wahrnehmen ist keine Bewegung vom physikalischen Raum in den Bewußtseinsraum, sondern eine Beziehung von Leib und Gegenstand in einer gemeinsamen Welt - eine Form von Kommunikation. (F-LRP 95)
Phänomenologisch ist Wahrnehmung nicht Verarbeitung physischer Reize mit mysteriösem Umspringen von Gehirnprozessen in Seelenzustände, sondern leibliche Kommunikation über die Brücke der Bewegungssuggestionen und synästhetischen Charaktere. (S-WNP 254)
Wahrnehmung als Einleibung
Die Normalform der Wahrnehmung ist die antagonistische Einleibung mit primärem Eingespieltsein beider Seiten auf einander durch einen sie zusammenschließenden vitalen Antrieb .... (S-WNP 390)
Spannbreite des Wahrnehmens
Ein Gefühl braucht nicht ergreifend zu sein, um wahrgenommen zu werden. Es kann auch bloß wahrgenommen werden.
Bsp eines bloß wahrgenommenen Gefühls: Wie atmet rings Gefühl der Stille, Der Ordnung, der Zufriedenheit (Faust Vers 2691 f.)
Spannbreite:
- gegenständliche Atmosphäre
- ...
- von der Atmosphäre mit einer Spur affektiven Betroffenseins gestreift und angerührt.
- ...
- Atmosphäre als ergreifende Macht
(Vgl.: S-WNP 178)
Keine Trennung von Wahrnehmungsakt und Gegenstand
Viele Sprachen neigen durch ihre Aktiv-Passiv-Struktur dazu, diese Trennung von Wahrnehmungsakt und Gegenstand zu betonen. Neben dem Aktiv und Passiv ist das Medium ein Modi, dass uns alternative Strukturen vorstellbar werden lässt.
Wahrnehmung als Wahrnehmung von Situationen
Alle Wahrnehmung ist Wahrnehmung von Situationen; es führt in die Irre, sie als sinnliche Wahrnehmung zu bezeichnen, die sich hauptsächlich auf die von den Sinnesorganen vermittelten Qualitäten bezöge. Wahrnehmung ist in erster Linie Wahrnehmung was los ist an Sachverhalten, Programmen und Problemen, so schon beim Säugling als Wahrnehmen von Situationen mit Programmen der Anziehung und Abstoßung, mit Legierung von Sachverhalten und Programmen in Gestalt der Lust. Gründlich verkehrt ist die Unterstellung, dass solche Bedeutungen erst in einer Serie einzelner bloß sinnlicher Erfahrungen hinzugelernt würden; vielmehr gibt es einzelne Erfahrungen nur als Fälle von Bedeutungen. Jede sinnliche Erfahrung ist auch unsinnlich. ... Was dem Säugling fehlt, ist nicht das Baden in Bedeutungen, sondern die Explikation der für ihn noch absolut chaotisch-mannigfaltigen Bedeutsamkeit der erlebten Situation. Aber auch die feinste intellektuelle Explikation führt nicht über Situationen hinaus. ... (S-JdN 42)
Intuitive Wahrnehmung
Klimatische Wahrnehmungsweise
Es ist so schwül, so dumpfig hie
Und ist doch eben so warm nicht drauß.
Es wird mir so, ich weiß nicht wie -
Ich wollt, die Mutter käm nach Haus.
Siehe: Klima
Intersubjektivität der Wahrnehmung
Objektivität der Wahrnehmung
- individuelle Distanz (exzentrische Positionalität)
- implizite Intersubjektivität (implizite Teilnehmerperspektive)
Kultivierte Wahrnehmung
Repräsentierende und präsentische Wahrnehmung
Repräsentierende Wahrnehmung
Repräsentierende Wahrnehmung ist die stellvertretende Wahrnehmung von etwas, z.B. als Stellvertreter in Aufstellungen.
Präsentische Wahrnehmung
Wahrnehmung geschieht immer in leiblicher Präsenz. Das wichtige ist gerade, in der Präsenz als Aufmerksamkeit zu bleiben, und fremde von eigenen Gefühlen zu unterscheiden.
- Siehe: Fremde Gefühle
Zusammenhang von Wahrnehmung und eigenleiblichem Spüren
Phänomenologische und naturwissenschaftliche Wahrnehmung
Die Phänomenologie der Wahrnehmung steht in Konkurrenz mit anderen Disziplinen, die beanspruchen Experten für Wahrnehmungen zu sein: die Sinnesphysiologie, Neurophysiologie etc.
Gemessen an dem Erfolg der letzteren [der Sinnes- und Neurophysiologie] und insbesondere ihrer technischen und therapeutischen Anwendbarkeit scheint es nötig, das Unternehmen einer Phänomenologie der Wahrnehmung zu legitimieren und in ein Verhältnis zur Neurophysiologie zu setzen. (B-LaA 41)
Ebenso wie bei der Natur, besteht Auslegungskonkurrenz.
Gnostische und pathische Wahrnehmung
Gnostische Wahrnehmung | Pathische Wahrnehmung |
kognitives System | pathisches System |
Objektivität ensteht aus dem Zusammenspiel des affektiven und des kognitiven Systems, aus der Komplementarität des pathischen und des gnostischen Wahrnehmens. (F-LRP 244)
Gnostische Wahrnehmung
im kognitiv und rational strukturierten Raum dauerhafter Sachverhalte
Pathische Wahrnehmung
Resonanzphänomene im präsentisch geprägten Stimmungsraum.
Beispiel Natur: Naturdinge und -räume gleichen Saiten, die durch den Menschen in seiner Gestimmtheit erst zum Klingen gebracht werden. (F-LRP 239)