Verhältnis

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Man unterscheidet:

  • Identitätsverhältnis
  • duales Verhältnis (Relation)
  • graduelles Verhältnis
  • topisches Verhältnis

Im Identitätsverhältnis sind zwei verschiedene Dinge miteinander identisch, es geht also im wesentlich um eine Identität als Einzelnes.

Im dualen Verhältnis stehen sich zwei verschiedene Dinge als zwei verschiedene Wesen gegenüber.

Im topischen Verhältnis (oder auch chaotischen Verhältnis) sind zwei verschiedene Sachen durch ihre Orthaftigkeit miteinander verbunden, ab so chaotisch, dass weder diese Sachen noch diese Beziehung vereinzelbar ist.

Identitätsverhältnis

Aristoteles:

... bei wirklich geschehender Wahrnehmung seien Wahrnehmendes und Wahrgenommenes, z.B. Gehör und Schall, geradezu identisch. Das geht freilich zu weit. Hören ist kein Fremdbewusstsein; Subjekt und Objekt sind dann nicht identisch, aber auch nicht verschieden, sondern realiter unentschieden hinsichtlich der Frage, ob sie dies oder jenes seien. (S-Sub: 11)

Sloterdijk:

Wenn man die Eins an den Anfang stellt, ist man gezwungen, darüber nachzudenken, wie dieses Eine sich derart selbst teilen konnte, dass es aus sich den Übergang in die Zwei- und Mehrzahl schaffte. Die klassische spekulative Metaphysik ist ein einziges Phantasieren über die Selbstzerreißung und Selbstbegattung des Einen, über seine Ur-Teilung oder Ur-Entzweiung und seine Wege zur Wiedervereinigung - hier liegt die Matrix der sogenannten Großen Erzählungen. Auch was das 19. Jahrhundert philosophisch unter Geschichte versteht, bleibt diesem Schema unterworfen. (SH-DSudT 147)

Duales Verhältnis

  • 1+1 oder 2+1
  • Ein duales Verhältnis ist ein Verhältnis mit zwei Einzelnen (1+1) und einer vereinzelbaren Relation (2+1).
  • Kausales Verhältnis und Kausalität

Der Spuk fällt weg, wenn wir mit der Zwei beginnen. Mit dem Denken der Zwei beziehe ich den Standpunkt einer minimal-pluralistischen Ontologie. Was ich die Sphäre nenne, ist von Anfang an nur als dyadische Form, als Zweieinigkeitsstruktur gegeben. (Sloterdijk in SH-DSudT 14)

Wenn ich die Dichotomien, die ich ausgewählt habe, ablehne, ist dem nicht so, weil ich ihre intuitive Überzeugungskraft nicht wahrnehme oder weil die intuitive Überzeugungskraft in meinen Augen nicht zählt. Es ist eher so, weil diese Dichotomien so etwas wie störende Sehlinsen sind, die eher verhindern dass wir die wirklichen Phänomene - die Phänomene, die ich beschrieben haben - in ihrem vollem Umfang und Bedeutung sehen. (Putnam 1995, 30. Zit.n. FV-OW 347)

Außen - Innen

Auch das Außen-Innen-Verhältnis ist ein typisch duales Verhältnis. Im Unterschied zum In-Verhältnis als topischen Verhältnis. Siehe In-Sein.

Doch schon die räumliche Metapher des Gegenübers ist fragwürdig ... (FV-OW 202)

Subjekt - Objekt : Gedanke - Körper

Die Aufteilung zwischen Subjekt auf der einen Seite und Objekt auf der anderen Seite knüpft an eine tief sitzende Intuition an, die unser Verhältnis zur Welt als ein Gegenüber beschreibt. Wir haben Erfahrungen mit den Erscheinungsweisen der Wirklichkeit als Gedanke und Körper und wir wissen um die Unterschiede zwischen den Erscheinungsweisen. Wir leben in einer Kultur, die die Absonderung des Bewusstseins von der zu beobachtenden Welt zu einem Grundpfeiler ihrer Interpretation der Wirklichkeit gemacht hat. ... In unserer Kultur ist nun die Unterscheidung in eine Trennung übergangen. Ihre kategoriale Trennung bei Descartes aber ist eine dramatische Verkürzung in der Beschreibung der Wirklichkeit, die zu Fehlinterpretationen führt und die in der Regel dazu neigt, der Ortlosigkeit des Subjekts Vorschub zu leisten. (FV-OW 192f)

Graduelles Verhältnis

  • 1 bis n ( = 1 Gattung )
  • Gradmesser für z.B. mehr oder weniger Körperlichkeit, mehr oder weniger Gedanke

Ausdruck eines Grades ist immer der Ausdruck von demselben, das als Gattung genannt werden sollte. Z.B. Leib als Gattung für das psycho-physische Kontinuum, siehe auch Panpsychismus.

subjektiv - objektiv

Wir nutzen die Begriffe objektiv und subjektiv im Sinne von graduellen Unterschieden. Die substantivierte Form als "Subjekt" oder "Objekt" ist wegen der genannten Doppeldeutigkeiten und Gefahren der Reifizierung außerhalb grammatikalischer Verwendungen besser zu vermeiden. (FV-OW 196)

Deshalb bleibt es möglich, die Adjektive subjektiv und objektiv auf das Schema nicht in einer absoluten, aber in einer komparativen Weise zu verwenden. Die Erscheinungsweisen des Leibes haben nach dem herkömmlichen Gebrauch dieser Begriffe einen mehr subjektiven oder einen mehr objektiven Charakter. Meine Gedanken sind eher subjektiv, mein Fuß eher objektiv. (FV-OW 193)

Realisationsverhältnis

  • A wird durch B realisiert (nicht exklusiv: A kann daher auch durch C realisiert werden)
  • Mittelding zwischen einem Identitätsverhältnis und einem dualen Verhältnis.
  • Siehe: Realisationsrelation

Topisches Verhältnis

  • 1 in ∞ (unendlich = situativ)
  • Auch chaotisches Verhältnis genannt. (S-Sub 13)

Unentschiedenheit bzgl. der Identität oder der Verschiedenheit aufgrund des chaotischen Verhältnisses.

Siehe: In-Sein, Darin-Sein, Feld, Feldontologie, Ort, Topologie, Sphärologie

In diesem Fall stehen sich Subjekt und Objekt also nicht als verschiedene Wesen gegenüber, zwischen denen ein intentionaler Akt des Wahrnehmens vermitteln müsste. Auf der subjektiven Seite befindet sich dann vielmehr der spürbare Leib, auf der objektiven der Schall, und beide Seiten sind dann noch gar nicht so auseinandergekommen, dass es nötig wäre, sie erst wieder zusammenzuführen, damit Wahrnehmung geschehen kann. (S-Sub: 11)

An Stelle eines intentionalen Aktes, der vom Subjekt zum Objekt die Brücke schlüge, gibt es beim schlichten Wahrnehmen also vielmehr chaotisches Verhältnis zwischen dem Leiblichen und dem Sinnlich-Objektiven. (S-Sub: 11)

Sloterdijks Sphären, soviel lässt sich ohne Übertreibung sagen, ist der bislang bedeutungsvollste Beitrag der Philosophie zum Verständnis einer menschlichen Grunderfahrung, die man bislang sträflich vernachlässigte, obwohl sie doch so elementar ist: dass wir nicht einer Welt gegenüberstehen, wie es das traditionellen Subjekt-Objekt-Denken behauptet, sondern immer schon in etwas enthalten sind. Sloterdijk spricht Sinne, Empfindungen und Verstand an, um sie für die Erkundung des Naheliegenden zu gewinnen. Das Naheliegende? Es ist das, was von der Philosophie häufig übersehen wird: der gelebte und erlebte Raum. Wir leben stets in Räumen, in Sphären, in Atmosphären. Raumerfahrung ist die primäre Existenzerfahrung. (Safranski in VDU 75)

Diskussion

Erfahrungsgrundlagen:

  1. Erfahrung: topisches Verhältnis (Leib)
  2. Erfahrung: duales Verhältnis (Leib und Körper)
  3. Erfahrung: graduelles Verhältnis (Körper ... Psyche)