Prozessontologie: Unterschied zwischen den Versionen

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Im Unterschied zur [[Dingphilosophie]], die in einem dreigliedrigen [[Netzwerk]]modell ([[Ding]], [[Eigenschaft]], [[Relation]]) mündet, geht die Prozessphilosophie nur noch von dem [[Ereignis]] als Grundkategorie aus. Hinzu kommt häufig auch die Vorstellung von der relationalen Verkettung und der Kategorisierung der Ereignissketten, so dass die Hauptkategorien einer Prozessontologie wie folgt sind:

Version vom 29. Oktober 2011, 21:13 Uhr

Historische Bezugnahmen

Dabei reflektiert Whitehead insbesondere die Umbrüche in der modernen Naturwissenschaft, die von der mechanistischen Physik Newtonscher Prägung zur Relativitätstheorie und Quantenphysik, in der Biologie zur Evolutionstheorie geführt haben. (F-WCP 14)

Ereignis als Grundkategorie

Im Unterschied zur Dingphilosophie, die in einem dreigliedrigen Netzwerkmodell (Ding, Eigenschaft, Relation) mündet, geht die Prozessphilosophie nur noch von dem Ereignis als Grundkategorie aus. Hinzu kommt häufig auch die Vorstellung von der relationalen Verkettung und der Kategorisierung der Ereignissketten, so dass die Hauptkategorien einer Prozessontologie wie folgt sind:

(Vgl: S-WNP 199, S-NGdE 17-26)

Nur diskrete Ereignisse

Die Vorstellung, es gibt nur Ereignisse nennt man "aktualistische Ereignisontologie". Vertreter: Singer.

Siehe: Diskrete Ontologie

Ereignisse und Relationen

Ereignisse und Anschlussrelationen

Prozesstypen: Gattungen der Ereignisketten

Ontologie der Ereignisketten als Prozesstypen, z.B. physisch, psychisch, sozial.

Gestaltverlauf als Ereigniskette

Auch ein Gestaltverlauf kann als Ereigniskette im Sinne der Prozessontologie verstanden werden.

Genetische Frage

Die Prozessphilosophie lässt sich von der genetischen Frage inspirieren, also der Frage, in welchen Geschehnissreihen oder Ereignisketten etwas auftritt. Damit steht sie quer zur phänomenologischen Frage.

Ereignistypen

Von der Prozessphilosophie wird jedoch vernachlässigt, dass zusätzlich die Annahme von verschiedenen Ereignistypen erforderlich ist, und es damit leicht zu einem Schubladendendenken kommt. (Psychische, Physische, Sprachliche Ereignisse). Häufig gibt es nur ein Typus von Relation, der diese Ereignisse des gleichen Typs miteinander verbindet: der Anschluss.

Operative Systemtheorie

Luhmann als Vertreter operativer Systemmodelle lässt sich als Prozessdenker einstufen, da er ein Kettenmodell der Operationen verfolgt. Die Motivation, aus der heraus ein operatives, zeitgetriebenes Systemmodell verfolgt, ist verständlich: die Reduktion der Komplexität. Allerdings vergisst er, dass nicht nur die Zeit Komplexität reduziert sondern auch Situationen:

Situationen reduzieren Komplexität. Niklas Luhmann hat das verkannt. (S-WNP 277)

Typisch für die operative Systemtheorie sind Aussagen wie:

  • Nur die Kommunikation kommuniziert. Der Mensch ist nur die Umwelt eines sozialen Systems.

Entsubjektivierung des Bewusstseins

Avenarius gibt der Entsubjektivierung des Bewusstseins, dem der Bezug auf jemand, dem etwas bewusst ist, genommen ist, die erste durchdachte Form, steht damit aber in einem Strom, der von Hume bis zur Gegenwart reicht. (S-BW 13)

Die Prozessontologie macht den Vorschlag eines entsubjektivierten Bewusstseins ohne Bewussthaben.

Affektives Betroffensein von Gefühlen ist ohne betroffenes Subjekt nicht vorstellbar.

Kontinuum zwischen Geist und Natur

Da Whitehead und Langer von einem Kontinuumzwischen ‚Geist‘ und ‚Natur‘ ausgehen, können sie naturwissenschaftliche Resultate eher in ihre jeweilige Naturphilosophie integrieren als anderetheoretische Schulen. (Landweer/Renz in: Klassische Emotionstheorien, S. 15)

Fühlen als Prozess

Gefühle werden ignoriert, Fühlen als Prozess behandelt.

Bewusstsein als Bewusstseinsstrom: Vom festen Körper zur Flüssigkeit

... von einigen Autoren um 1900 (James, Husserl) vorgenommene Umdeutung der Seele zum Bewusstseinsstrom, wobei das Modell des festen Körpers (Seele als Haus) mehr oder weniger konsequent durch das Modell einer Flüssigkeit abgelöst wurde. (S-Erk 192)

Vertreter

  • Heraklit ("alles fliesst"-Heraklit)
  • Avenarius
  • Hume
  • Fichte (Tathandlung, die sich selber tut)
  • Whitehead
  • Mach
  • Einstein
  • Luhmann
  • Donald Davidson
  • Rescher

Hume

Hume traut sich zu, von allen Menschen außer einigen Metaphysikern "zu behaupten, dass sie nichts sind als ein Bündel oder eine Sammlung verschiedener Perzeptionen, die einander mit unbeschreiblicher Schnelligkeit folgen und beständig in Fluss und Bewegung sind", z.B. der "Perzeptionen der Wärme und Kälte, des Lichtes oder Schattens, der Liebe oder des Hasses, der Lust oder Unlust." (S-BW 13)

Die nächste Revision der Gegenstandstheorie wurde durch Hume eingeleitet, der Substanzen und Akzidentien (oder Modi) zu Ereignissen verschmolz, aber an der Gegenüberstellung mit den Relationen und an deren Abwertung festhielt. (S-Erk 157)

William James

Fichte

Wo bleibe ich in einer solchen Welt neutraler Elemente? Diese Frage stellt als Philosoph Johann Gottlieb Fichte. Er gelangt damit dicht in die Nähe der Entdeckung der subjektiven Tatsachen, versäumt sie aber und mauert das Ich in eine Tathandlung ein, die nur sich selber tut. (S-KE 26)

Henri Bergson

Edmund Husserl

Schneiden wir den Ichleib vom empirischen Ich ab, und beschränken wir dann das reine psychische Ich auf seinen phänomenalen Gehalt, so reduziert es sich auf die Bewusstseinseinheit, also auf die reale Erlebniskomplexion (...) Das phänomenologisch reduzierte Ich ist also nichts Eigenartiges, das über den mannigfaltigen Erlebnisse schwebte, sondern es ist einfach mit ihrer eigenen Verknüpfungseinheit identisch. (Husserl, Logische Untersuchungen, 2. Band, 1. Teil. 4. Auflage 1928, S. 353. Zit.n: S-BW 14)

Lichtenberg

"Es denkt, sollte man sagen, so wie man sagt: es blitzt. Zu sagen cogito, ist schon zu viel, sobald man es durch Ich denke übersetzt. Das ich anzunehmen, zu postulieren, ist praktisches Bedürfnis." (S-BW 13)

Whitehead

Die Natur ist eine Bühne für die wechselseitigen Beziehungen von Aktivitäten. Alle Dinge ändern sich, die Aktivitäten wie ihre Wechselbeziehungen ... An die Stelle der aristotelischen Vorstellung von der Prozession der Formen ist (in der modernen Physik) die Vorstellung von den Formen der Prozesse getreten. (Whitehead, Nature and Life, S. 36. Zit.n.: EW-PuS 70)

Siehe auch: Raumzeit als objektive Prozessgestalt

Ernst Mach

"Das Ich ist unrettbar." "Die Elemente bilden das Ich. Ich empfinde Grün, will sagen, dass das Element Grün in einem gewissen Komplex von anderen Elementen (Empfindungen, Erinnerungen) vorkommt. Wenn ich aufhöre, Grün zu empfinden, wenn ich sterbe, so kommen die Elemente nicht mehr in der gewohnten geläufigen Gesellschaft vor. Damit ist alles gesagt." (S-BW 13)

Martin Heidegger

Das Ereignis ist das neutrale "und" im Titel "Sein und Zeit". Das Ereignis ist weder das Sein noch die Zeit. (ZuS 46-7)

Das Ereignis als Zwischen?

Wittgenstein

Im Sachverhalt hängen die Gegenstände in einander, wie Glieder in einer Kette. (T2.03)

Ernst Cassirer

Wie viele seiner zeitgenössischen philosophischen Kollegen auch konzeptualisiert Cassirer das Bewustseinsleben mit der Metapher des Stromes als abgesetzt gegen die atomistische, von stabilen elementaren Bewusstseinseinheiten ausgehende Assoziationspsychologie. Dies verbindet Cassirer mit Denkern wie William James, Henri Bergson, Edmund Husserl und dem jungen Martin Heidegger. (Heinz Paetzold: Ernst Cassirer - zur Einführung. S. 137)

Kritik

Der Begriff des Lebens eines Wesens ist gleichwohl nicht der eines Ereignisses, sondern vielmehr der einer Aktivität. (Schark 205)

Kritik am Konzept des Lebensstroms (Schark 207)

Wenn es bei der Frage nach dem Ursprung des Ich gelingt, den Strom der Bewusstseinsvorstellungen und -regungen zeitweilig anzuhalten, kommt es zu einer Gemütsstille, die als ein beglückender Zustand der Leere, aber auch als ein Durchflutetsein von einem milden inneren Licht erfahren wird. Gleichzeitig fühlt man sich schwere- und körperlos. (F-R 111)

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