Systemische Topologie: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Umstand, dass die systemische Eingebundenheit eines Phänomens wesentlich wichtiger sein kann, als das Wesen oder Eigenschaften des Phänomens selbst, ist auch Grundbotschaft einer systemischen Topologie, für die der Ort eine Phänomens im systemischen Kontext wichtiger ist.
 
Der Umstand, dass die systemische Eingebundenheit eines Phänomens wesentlich wichtiger sein kann, als das Wesen oder Eigenschaften des Phänomens selbst, ist auch Grundbotschaft einer systemischen Topologie, für die der Ort eine Phänomens im systemischen Kontext wichtiger ist.
  
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* Beziehung als Verortung
 
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Version vom 24. Januar 2015, 20:55 Uhr

Grundlagen

  • Praxis:
    • Davis-Therapie: Orientierungspunkt im Raum, Selbst-Modellierung
    • Hypnotherapie: imaginiertes Sichbefinden in Räumen
      • Imagination des sichereren Ortes
    • Soziales Panorama: Beziehung als Verortung
    • Aufstellungen: Verortung und repräsentierende Wahrnehmung
      • Selbstintegration: eigener Raum, Grenze, Selbst
    • Schamanische Rituale: Verortung von Seelen und Geistern

Philosophische Grundlagen der systemischen Topologie

  • Neue Phänomenologie: Spielraum statt Zeitpunkt, Fühlen und Gefühl
  • szenische Philosophie: Grundverfassung des szenischen Raums
  • japanische Philosophie und Buddhismus: Offenheit für räumliche Phänomene
  • systemisches Denken: weniger die Attribute, sondern die Situation und Beziehung
  • schamanische Weisheiten: Erfahrung von räumlicher Zeitlosigkeit

Neue Phänomenologie

Hermann Schmitz bestimmt in seiner Neuen Phänomenologie die Aufgabe der Philosophie wie folgt: "Philosophie ist das Sichbesinnen des Menschen auf sein Sichfinden in seiner Umgebung." In dieser Definition klingt an, dass der Ort des Sichfindenden eine wesentliche Rolle in der Neuen Phänomenologie spielt. So unterscheidet er den absoluten vom relativen Ort, und bestimmt den absoluten Ort wie folgt: "Der absolute Ort einer Person ist der je eigene Leib, der sich im affektiven Betroffensein zeigt." Davon zu unterscheiden ist der relative Ort als der mögliche oder faktische Ort eines Körpers im dimensionalen Raum. Durch diese Unterscheidung der beiden Ortstypen und die Entscheidung, dem Leib als absoluten Ort den Vorzug zu geben, legt Hermann Schmitz die Grundlage für eine philosophische Topologie, die sich nicht auf Orte im dimensionalen Raum beschränkt.

Über den absoluten Ort des je eigenen Leibes erschließt sich der Zugang zur Räumlichkeit der Gefühle, für die Hermann Schmitz entschieden eintritt. Diese Räumlichkeit ist wahrlich keine dimensionale aber eine erfahrbare Räumlichkeit von Enge, Weite und Richtung. Mit dieser grundlegenden Phänomenologie der Räumlichkeit möchte er die herkömmliche Vorstellung von Gefühlen als Introjekten ablösen. Gefühle lassen sich nicht auf interne Zustände des Körpers reduzieren, schon gar nicht auf neuronale Zustände, sondern Gefühle sind erlebte Raumqualitäten, die am eigenen Leib gefühlt werden. Hermann Schmitz löst die Introjektion der Gefühle, die sich in der westlichen Philosophie seit ca. 450 v.Chr. durch die westliche Philosophiegeschichte als Introjektionismus durchzieht, durch die Einsicht in deren Räumlichkeit ab.

Neben dem Begriff des Ortes und Raumes spielt ein weiterer Begriff eine entscheiden Rolle zu Fundierung der systemischen Topologie: die Situation bei Hermann Schmitz. Denn der Leib befindet sich stets in Situationen, die erst nachträglich expliziert und durch sprachliche Vereinzelung beschrieben werden können. Vorgängig ist das Erlebnis eines Sichfindens in einer Umgebung, die zugleich die unfreiwillige Hingebung an die Atmosphäre beeinhaltet. Umgebung ist daher nicht der Kontakt mit der Außenwelt, sondern die Stimmung, in die man leiblich-atmosphärisch gerät.

Szenische Philosophie

Für Wolfgang Hogrebe beginnt die Philosophie mit folgender Frage, die er zugleich topologisch beantwortet: "Wo sind wir nachgeburtlich zuerst? Die simple Antwort: im Leben vor Ort. Das erste sind für uns daher

  • nicht - wie für Philosophen zumeist - handfeste Standarddinge des Alltags wie Tische und Stühle gemäß der Devise von W.V.O. Quine: "Alltägliche Dinge zuerst!",
  • auch nicht Sinnesdaten wie bei Locke und Hume oder Elementarerlebnisse wie bei Carnap,
  • aber auch nicht Prozesse wie bei Whitehead,
  • auch nicht Systeme wie bei Niklas Luhmann,
  • sondern schlichtweg Szenen, in denen wir uns vorfinden." (WH-RL 49f)

Japanische Philosophie

Die japanische Philosophie hat sich mit der Kyoto-Schule rund um Nishida auch wesentlich zu einer Philosophie des Ortes entwickelt. Nishidas Philosophie ist inspiriert von dem japanischen Zen-Buddhismus und versteht den Ort in seiner Reinheit als absoluten Nichts, in dem alle Dinge ihren Platz haben können. Im Gegensatz zur westlichen Philosophie, welche versucht, sich aus der Rolle des Subjektes mit den Dingen zu beschäftigen um anschließend davon zu abstrahieren (Subjektlogik), eröffnet Nishida eine erfrischend andere Perspektive, in dem er von einem Ort des absoluten Nichts ausgeht, in dem alle Dinge sich befinden ohne ihre Individualität und Konkretheit aufgeben zu müssen (Ortlogik). Nishidas Philosophie ist keine Substanzphilosophie in westlicher Tradition, die nach dem Wesen von Dingen fragt, sondern eine Philosophie des Ortes, die ihren Ortsbegriff letztlich im erfahrbaren absoluten Nichts gründet. In diesem letzten Ort des absoluten Nichts gibt es keine Gegenüberstellungen von Dingen oder Subjekt und Objekt sondern nur ein gemeinsames Darin-Sein dass zugleich jeden an seinem Ort belassen kann.

Mit dem Hinweis auf den Ortes des absoluten Nichts, in dem sich alle Dinge befinden ohne ihre ontologische Bestimmung zu verlieren, fundiert Nishida die philosophische Topologie von einer etwas anderen Seite als Schmitz, der sich auf den Leib als je eigenen Ort verlässt. Beide Ansätze passen nahtlos zusammen, wenn nicht den Fehler macht, den Leib mit dem Körper als abgeschlossenen Empfindungskasten zu verwechseln, sondern ihn als Resonanzboden für affektives Betroffensein zu verstehen, das jeder Subjekt-Objekt-Trennung vorgängig ist. Der Ort des absoluten Nichts und der leibliche Ort müssen sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern bedingen sich sogar, da ohne leiblichen Ort der Ort des absoluten Nichts nur ein Konzept und keine mögliche Erfahrung wäre.

Im Anschluss an Nishida gibt es etliche weitere Philosophen, die in der besonderen Betonung des Ortes oder Raumes zum Charakteristikum der japanischen Philosophie machen. Beispielhaft ist die Kritik von Watsuji, der an Heidegger kritisiert:

  • dass Heidegger das In-der-Welt-Sein nur von der Zeitlichkeit her interpretiert aber nicht von der Räumlichkeit
  • dass Heidegger das Dasein hauptsächlich von dem Einzelnen ausgehend bestimmt und die Eingebundenheit in Natur und Gesellschaft zu wenig berücksichtigt.

Beide Punkte können die Grundlage einer systemischen Topologie verstanden werden:

  • das Sein ist ein In-der-Welt-Sein und wesentlich von dem Sein an und in Orten zu verstehen
  • das Sein ist kein Sein des Einzelnen, sondern ein Sein in Eingebundenheit und Durchdringung von Natur, Kultur und Gesellschaft.

Schamanismus

Mit Schamanimus soll hier die spirituellen Praktiken der sibirischen, mongolischen und nordamerikanischen Nomadenstämme bezeichnet werden. Schamanismus wird dort weniger als religiöses Theorie- oder Glaubensystem gesehen, sondern eher als praktisch erlernbare Sprache oder Technik mit bestimmten Erfahrungen gemacht werden können.

Auch wenn es in der Philosophie ungewöhnlich ist, sich - bei aller Vagheit des Begriffes - auf Schamanismus zu beziehen, kenne ich keinen Grund, wieso eine phänomenologische Revision vor schamanischen Erfahrungen Halt machen sollte. Daher soll im folgenden, die Besonderheit schamanischen Erfahrungen erörtert werden, die für eine systemische Topologie grundlegend sein können.

Schamanische Erfahrungen sind vorallem dadurch gekennzeichnet, dass es leibliche Anwesenheiten ohne Körper geben kann. Diese hält auch Hermann Schmitz für möglich, wenn er schreibt: "Der menschliche Leib ist zwar an den menschlichen Körper gebunden, aber der Räumlichkeit und Dynamik so anders, dass es nicht unsinnig ist, sich vorzustellen, er könnte auch ausfahren, wie es z.B. die Schamanen und die Chinesen von ihren Seelen oder Teilseelen als missverstandenen Leibern glauben." (Schmitz in: Bernhard Langerock & Hermann Schmitz: Momentaufnahmen der Reflexion. S. 29)

Der besondere Grund, wieso Schamanismus für eine philosophische Topologie relevant sein kann, ist der Umstand, dass im Schamanismus die Erfahrung des Raumes und der Zeitlosigkeit eine besondere Rolle spielt. "Schamanische Heilung findet in einem zeitlosen Raum statt, in einer mystischen Zeit, in der alles, was jemals war oder sein wird, anwesend ist. Während eines schamanischen Rituals ist alles darauf ausgerichtet, die Teilnehmer von einem linearen Zeitempfinden zu lösen. ... Der Schamane richtet seine Aufmerksamkeit auf die Erfahrung des Raums, nicht der Zeit: die vier Himmelsrichtungen, der Himmel und die Oberwelt über uns, die Erde und die Unterwelt unter uns." (DvK-HKVA 29)

In der Zeitlosigkeit einer schamanischen Erfahrung werden leibliche Anwesenheiten ohne Körper gespürt. Diese Anwesenheiten kann sowohl die eigene als auch fremde Seelen sein. Ähnlich wie Nishidas Ort des absoluten Nichts, in dem alle Dinge mit ihrem je einen Sein enthalten sind, gibt es im Schamanismus einen Raum, in dem alle Seelen auf individuelle Weise aufgehoben sind. Schamanische Praktiken erlauben es an der Grenze zu diesem Raum Kontakt zu halten und Seelen einzuladen, sich leiblichen zu manifestieren. Gemäß der Zen-Weißheit: "Der Geist hat keinen Wohnort, aber er kann sich manifestieren."

Systemtheorie

Mit Systemtheorie ist hier im folgenden nicht das soziologische Modell von Luhmann, sondern das systemische Denken gemeint, wie es im Rahmen des sytemischen Therapie- und Beratungsansätze entwickelt und praktiziert wird hat. Zentrale Komponente des sytemischen Denkens ist die Vorstellung, dass ein Phänomen nicht isoliert vom situativen oder sozialen Kontext betrachtet und therapiert werden kann, sondern stets die kontextuelle Eingebundenheit eine zentrale und auch stabilisierende Rolle für das leidvolle Phänomen spielt. Diese Form des systemischen Denkens hat sich gerade in Auseinandersetzung zu den individualistischen und pathologisiertenden Ansätzen in der Psychotherapie entwickelt, bei der es vorrangig um Krankheiten und Behandlungen von einzelnen Menschen geht. Grundlage des systemischen Denkens ist es, dass Phänomene nicht einfach als Attribute einer Sache verstanden werden, sondern als Ausdrucks eines Geschehens im Kontext. Somit wird auch für die Behandlung der Kontext eines Phänomens mindestens ebenso wichtig wie der Patient selbst, der im Extremfall nur noch als Opfer der Kontextbedingungen gesehen wird.

Der Umstand, dass die systemische Eingebundenheit eines Phänomens wesentlich wichtiger sein kann, als das Wesen oder Eigenschaften des Phänomens selbst, ist auch Grundbotschaft einer systemischen Topologie, für die der Ort eine Phänomens im systemischen Kontext wichtiger ist.

Paradigmen: Auf dem Weg zur systemischen Topologie

Monadisches Paradigma

Relationales Paradigma

Operatives Paradigma

Topisches Paradigma

  • Beziehung als Verortung

Topologische Phänomenologie

Duales und topisches Verhältnis

Duales Verhältnis Topisches Verhältnis
Stellung Vorstellung Einstellung
Begrenzung Durchdringung

Raum

  • Weite - Enge
  • Richtung
  • Orte
    • Erweiterung zu Schmitz: auch Phänomenologie relativer Orte, an der Grenze zwischen Richtungs- und Ortsraum
    • Phänomenologischer und dimensionaler Ortsraum

Grenze

  • Hart oder weich
  • (un)durchlässig

Feldphänomene

  • Atmosphäre, Stimmung
  • Durchdringung, Resonanz

Anwendungen systemischer Topologie

  • Aufstellungen
  • Soziales Panorama
  • Szenisches Externalisieren
  • Dissoziation durch Verortung
  • Davis-Orientierung:
    • Legasthenie, Dyskalkulie
    • Autismus
  • Phänomenologie des Ortsraumes

Hilfreiche Metaphern systemischer Topologie

Verortung im eigenen Erlebnisraum

  • Soziales Panorama
  • Aufstellungsarbeit

Drinnen / Draußen

Oben / Unten

Nah / Fern

Richtung

Persönlicher Schutzraum

  • systemische Selbst-Integration

Transpersonale Anbindung

  • Selbst-Kontakt

Raumphänomene

Der Leibraum

  • Körper (materialer Körper)
  • Leib (astraler Körper)
  • ätherischer Körper
  • mentaler Körper

Der personale Raum

  • der eigene Raum in Psychotherapien
  • Entfernung und Grenze
  • der "Schutzraum" bei Angst, Allergien etc.
  • sicherer Ort durch Grenze
  • die Grenze des persönlichen Raumes als Verbindung von Autonomie und Bindung

Der Sozialraum

  • Bezogenheit

Der Naturraum

  • Naturraum als Atmosphäre
  • systemische Naturtherapie

Der transpersonale Raum in Zeitlosigkeit

Haltungsphänomene

  • Haltung und Beziehung als entscheidende Wirkfaktoren
  • Utilisation, Kompetenzorientierung, Allparteilichkeit, Neugier etc.

Glossar

Ein-Stellung

Haltung

Stand-Punkt

Verortung