Innenwelthypothese: Unterschied zwischen den Versionen

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{{c|Die Stimmung überfällt. Sie kommt weder von 'Außen' noch von 'Innen', sondern steigt als Weise des In-der-Welt-seins aus diesem selbst auf. ... Das Gestimmtsein bezieht sich nicht zunächst auf Seelisches, ist selbst kein Zustand drinnen, der dann auf rätselhafte Weise hinaus gelangt und auf die Dinge und Personen abfärbt.|Heidegger in: GR-IE_II2 155}}
 
{{c|Die Stimmung überfällt. Sie kommt weder von 'Außen' noch von 'Innen', sondern steigt als Weise des In-der-Welt-seins aus diesem selbst auf. ... Das Gestimmtsein bezieht sich nicht zunächst auf Seelisches, ist selbst kein Zustand drinnen, der dann auf rätselhafte Weise hinaus gelangt und auf die Dinge und Personen abfärbt.|Heidegger in: GR-IE_II2 155}}
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{{c|Dass Bollnow ... Heidegger kritisch folgte, wurde schon kurz erwähnt und auch darauf aufmerksam gemacht, dass sein Begriff der Stimmung, als einer "der Spaltung zwischen Mensch und Welt noch vorausliegenden ursprünglichen Einheit" (1956, 26), noch hinter die "schon ursprüngliche Einheit beider" zurückreichen sollte (1956, 40).|GR-IE_II2 156}}
  
 
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Version vom 15. Februar 2015, 00:30 Uhr

Mit Innenwelthypothese bezeichnet Schmitz die raumgreifende Folge des platonisch-cartesischen Dualismus und die Wirkung, dass dem Menschen "die Welt in einer Außenwelt und eine Innenwelt" zerfällt. Diese Aufspaltung hat Folgen für das Fühlen der Gefühle und für die Leiblichkeit des Menschen. Das Gefühl wird aus Sicht der Anhänger der Innenwelthypothese als Projektion verstanden, wobei demnach das Gefühl primär subjektgebunden ist und vom Subjekt auf die es umgebende Welt übertragen - projiziert - wird. (AB-BuB 140)

Innenweltdogma und Immanenzdogma

Innenweltdogma

Das Innenweltdogma, dem von Demokrit bis (ausschließlich) zur Richard Avenarius alle Philosophen und seit diesem fast alle Philosophen anhängen, wurde ... folgendermaßen gefasst:

Für jeden Bewussthaber zerfällt die Welt in seine Innenwelt und seine Außenwelt mit der Maßgabe, dass ihm ein Gegenstand seiner Außenwelt höchstens dann zu Bewusstsein kommt, wenn dieser Gegenstand in der Innenwelt des Betreffenden mindestens einen Vertreter hat. (S-HuH 90)

Kritik

  • Nietzsche
  • Empiriokritizisten: Avenarius und Mach
  • Husserl
Empiriokritizisten: Avenarius und Mach

Neben der oben angeführten Position Nietzsches waren es vor allem die Empiriokritizisten Avenarius und Mach, die bereits Ende des 19. Jahrhunderts – allerdings ohne Aufarbeitung der historischen Entwicklung – die Innen-Außen-Unterscheidung angriffen. Avenarius widmete dem Problem der Introjektion und deren Aufhebung sein Buch Der menschliche Weltbegriff. Für ihn (...) befand sich das Ich "inmitten einer Umgebung" vor, die "aus mannigfaltigen Bestandteilen zusammengesetzt" war, und um einen hinsichtlich der Abgrenzung in Außen- und Innenwelt neutralen Terminus zu gebrauchen, sprach er (...) bei Charakterisierung dieses Mannigfaltigen von "Vorfindungen." (GR-IE_II2 152)

Mach (...) sprach in diesem Zusammenhang antstatt von Vorfindungen von "Elementen" oder "Empfindungen", die sowohl die Welt als auch das Ich bildeten, so dass ihm "die Welt samt meinem Ich als eine zusammenhängend" erschien. Diese Erfahrung Machs (und vielleicht auch der Ansatz von Avenarius) verweist allerdings auf eine chaotische Ununterscheidbarkeit der Dinge, wie sie sich präsentiert, wenn die weltbildkonstituierenden, abgrenzenden Funktionen des Verstandes zum Erliegen kommen. Sie ähnelt die jenen mystischen Erfahrungen, die Schopenhauer für seine an indischer Mystik gewonnene Aufhebung des Willens in Anspruch nahm.

Damit gibt es aber – zumindest in der mystischen Erfahrung – keinen Ort mehr für die Subjektivität und die gespürte seinsgewissheitliche Evidenz; mystische Ethikansätze laufen zwangsläufig auf eine Entpersonalisierung hinaus; die das subjektiv-leibliche Fundament des Menschen in der Lebenswelt mit seinen biografisch eingeschriebenen Dispositionen als letztlich illusionär entlarvt. (GR-IE_II2 152f)

Husserl

... doch fiel Husserl immer wieder in ältere Auffassungen zurück. Der einzige Unterschied zu den zurückgewiesenen Ansichten bestand darin, dass Husserl die Gegenstände nicht erst in die Seele hineinkommen ließ – darin sah er das größte Problem der Verkapselungstheorien –, sondern dass er sie von Anfang an bereits im Bewusstseinsstrom lokalisierte. Damit gelang es ihm aber letztendlich nicht, paltonischem Einfluss zu entgehen. Auch er betrachtete die Seele als eine Innenwelt und dachte sie als einen abgeschlossenen Bereich, indem die so genannten Bewusstseinsvorgänge abliefen. (GR-IE_II2 154)

Scheler

Ohne Seelen-Begriff kam auch Scheler, der Kritik an der Auffassung der Introjektion von Avenarius übte, nicht aus. Diese Kritik ist nicht wirklich überzeugend, denn einerseits betonte er zwar, dass der Unterschied zwischen Individuum und Umwelt "psychophysisch indifferent" sei, also nicht auf Körper und Seele verteilt werden könnte, andererseits warnte er davor diesen Unterschied mit dem zwischen "Ich und Außenwelt" zu verwechseln. (GR-IE_II2 154f)

Heidegger

Heidegger (...) kritisierte sowohl psychologische Ansätze als auch die husserlsche Konzeption. "Die gewöhnliche Psychologie" fasse "das Wollen, Wünschen, Hängen und Drängen als Formen der psychischen Tätigkeit auf, als psychische Akte und Triebe, wobei die 'Psyche' als ein für sich bestehender, innerer Bezirk gedacht" werde. Dovh "von solchen Psychismen" gelange man "indessen nie zur Sorge-Struktur, zum In-der-Welt-sein". (GR-IE_II2 155)

Die Stimmung überfällt. Sie kommt weder von 'Außen' noch von 'Innen', sondern steigt als Weise des In-der-Welt-seins aus diesem selbst auf. ... Das Gestimmtsein bezieht sich nicht zunächst auf Seelisches, ist selbst kein Zustand drinnen, der dann auf rätselhafte Weise hinaus gelangt und auf die Dinge und Personen abfärbt. (Heidegger in: GR-IE_II2 155)

Bollnow

Dass Bollnow ... Heidegger kritisch folgte, wurde schon kurz erwähnt und auch darauf aufmerksam gemacht, dass sein Begriff der Stimmung, als einer "der Spaltung zwischen Mensch und Welt noch vorausliegenden ursprünglichen Einheit" (1956, 26), noch hinter die "schon ursprüngliche Einheit beider" zurückreichen sollte (1956, 40). (GR-IE_II2 156)

Immanenzdogma

Dieses Innenweltdogma wird von einer einflussreichen, Philosophenschulen übergreifenden abgeschlossenen Innenwelt mit den Vertretern von Gegenständen seiner Außenwelt allein gelassen und der Verlegenheit ausgesetzt, wie er von den Vertetern zu den vertretenen Gegenständen, die er als Bewussthaber dann nicht besuchen kann, eine Brücke schlagen soll. (S-HuH 90)

Seit Descartes steigt das Dogma bei den Philosophen raktenhaft im Ansehen, so bei Locke, Hume und Leibniz, später bei Kant und in krasser Zuspitzung bei Fichte. (S-HuH 91)

Siehe: Introjektionismus, Projektionismus, Psychologismus, Dualismus, Weltspaltung