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* Der Neurokonstruktivismus (z.B. G. Roth) beruft sich auf die naturwissenschaftliche Hirnforschung, und geht damit eine Koalitation mit dem reduktionistischen Realismus ein. Er kombiniert damit auf seltsame Weise den konstruktivistischen Antirealismus gegenüber der Welt mit dem Realismus der (Neuro-)Naturwissenschaft und widerspricht sich damit letztlich selbst. Von den meisten systemischen Praktikern wird dieser Widerspruch zwischen Konstruktivismus und neurowissenschaftlichem Realismus gar nicht als solcher erkannt oder letztlich fahrlässig in Kauf genommen, da man sich von einer in Mode gekommenen neurowissenschaftlichen Argumentation Legitimations- und Marktvorteile verspricht. Im Therapiekontext scheint es legitim, die Neurowissenschaft im Interesse eines besseren Compliance zu utilisieren, aber als wissenschaftstheoretische Position ist diese Kombination nicht haltbar.  
 
* Der Neurokonstruktivismus (z.B. G. Roth) beruft sich auf die naturwissenschaftliche Hirnforschung, und geht damit eine Koalitation mit dem reduktionistischen Realismus ein. Er kombiniert damit auf seltsame Weise den konstruktivistischen Antirealismus gegenüber der Welt mit dem Realismus der (Neuro-)Naturwissenschaft und widerspricht sich damit letztlich selbst. Von den meisten systemischen Praktikern wird dieser Widerspruch zwischen Konstruktivismus und neurowissenschaftlichem Realismus gar nicht als solcher erkannt oder letztlich fahrlässig in Kauf genommen, da man sich von einer in Mode gekommenen neurowissenschaftlichen Argumentation Legitimations- und Marktvorteile verspricht. Im Therapiekontext scheint es legitim, die Neurowissenschaft im Interesse eines besseren Compliance zu utilisieren, aber als wissenschaftstheoretische Position ist diese Kombination nicht haltbar.  
  
* Der sozialer Konstruktivismus (z.B. Gergen) beruft sich auf auf die sozialen Abstimmungsprozesse der Konstruktionen und rückt damit in die Nähe des Explikationismus, der ebenso von einer grundlegenden Einbettung alles Seins in Situation ausgeht. Ein so verstandener sozialer Konstruktivismus entspricht damit dem erkenntnistheoretischen Explikationismus, wenn er die zentralen ontologischen Annahmen des Konstruktivismus fallen lässt, dass die Welt aus lauter Einzelnem besteht.
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* Der sozialer Konstruktivismus (z.B. Gergen) beruft sich auf auf die sozialen Abstimmungsprozesse der Konstruktionen und rückt damit in die Nähe des Explikationismus, der ebenso von einer grundlegenden Einbettung alles Seins in Situation ohne Identität und Einzelheit ausgeht. Ein so verstandener sozialer Konstruktivismus entspricht damit dem erkenntnistheoretischen Explikationismus, wenn er die zentralen ontologischen Annahmen des Konstruktivismus fallen lässt, dass die Welt aus lauter Einzelnem besteht.

Version vom 12. September 2017, 15:10 Uhr

Die erkenntnistheoretische Position des systemischen Phänomenologie grenzt sich auf der einen Seite ab gegen einen dingontologischen Realismus der Sachen und auf der anderen Seite gegen einem prozessontologischen Konstruktivismus.

Realismus Konstruktivismus Explikationismus
Vorrangige Ontologie Dingontologie Prozessontologie Situationsontologie
Realismus Relativismus (in Beliebigkeit, wenn nicht sozial normiert) Relativismus (in faktischer Betroffenheit)
Metapher Besuch: Es gibt Dinge, denen wir prinzipiell einen Besuch abstatten können. Besuch: Ersatzbefriedigung, da wir den Dingen keinen Besuch abstatten können. Ernte: Wir leben auf Feldern und ernten Früchte.
Vertreter Aristoteles, Leibniz, Kant Mach, Wittgenstein, Luhmann Hegel, Dilthey, Heidegger
Spruch Erkenntnis ist das Erkennen des Ding-an-sichs. Erkenntnis wird aus einzelnen Sinneseindrücken synthetisiert und konstruiert. Erkenntnis ist eine Seinsart des In-der-Welt-seins. (Heidegger: SuZ 61)

Konstruktivismus

Der Konstruktivismus tritt in verschiedenen Formen auf, und hat deutliche Überschneidungen mit dem erkenntnistheoretischen Realismus und Explikationismus:

  • Der Neurokonstruktivismus (z.B. G. Roth) beruft sich auf die naturwissenschaftliche Hirnforschung, und geht damit eine Koalitation mit dem reduktionistischen Realismus ein. Er kombiniert damit auf seltsame Weise den konstruktivistischen Antirealismus gegenüber der Welt mit dem Realismus der (Neuro-)Naturwissenschaft und widerspricht sich damit letztlich selbst. Von den meisten systemischen Praktikern wird dieser Widerspruch zwischen Konstruktivismus und neurowissenschaftlichem Realismus gar nicht als solcher erkannt oder letztlich fahrlässig in Kauf genommen, da man sich von einer in Mode gekommenen neurowissenschaftlichen Argumentation Legitimations- und Marktvorteile verspricht. Im Therapiekontext scheint es legitim, die Neurowissenschaft im Interesse eines besseren Compliance zu utilisieren, aber als wissenschaftstheoretische Position ist diese Kombination nicht haltbar.
  • Der sozialer Konstruktivismus (z.B. Gergen) beruft sich auf auf die sozialen Abstimmungsprozesse der Konstruktionen und rückt damit in die Nähe des Explikationismus, der ebenso von einer grundlegenden Einbettung alles Seins in Situation ohne Identität und Einzelheit ausgeht. Ein so verstandener sozialer Konstruktivismus entspricht damit dem erkenntnistheoretischen Explikationismus, wenn er die zentralen ontologischen Annahmen des Konstruktivismus fallen lässt, dass die Welt aus lauter Einzelnem besteht.