Wahrnehmung: Unterschied zwischen den Versionen

Aus TopoWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Zeile 24: Zeile 24:
 
(Vgl.: S-WNP 178)
 
(Vgl.: S-WNP 178)
  
== Keine Trennung zwischen Wahrnehmungsakt und Gegenstand ==
+
== Keine Trennung von Wahrnehmungsakt und Gegenstand ==
 
{{c|Gemäß der Lehre von der [[Intentionalität]] des [[Bewusstsein]]s gilt das Wahrnehmen als ein Akt, wodurch dieses das wahrgenommene Objekt erfasst: der Akt des Sehens z.B. das Farbige, der Akt des Hörens den Schall und das Schallende usw. Jeder solcher Akt soll von seinem Gegenstand verschieden sein. Diese Meinung tritt mit dem Anspruch auf, eine unwidersprechliche Tatsache festzustellen, und in der Tat: Die Annahme, dass bei jeder optischen Wahrnehmung ein Akt des Sehens und ein gesehenes Objekt zu unterscheiden seien, scheint auf den ersten Blick ganz trivial zu sein. In Wirklichkeit handelt es sich dennoch nicht um eine unschuldige Banalität. Bei schlichter, ungestörtet Wahrnehmung lässt sich nämlich durch bloßes Achten auf den unwidersprechlich sich zeigenden Tatbestand außer dem z.B. Gesehenen oder Gehörten keineswegs ein davon verschiedenes Sehen und Hören oder gar sehendes und hörendes Subjekt ausfindig machen, sondern dann tritt ein, was Hegel einmal so beschrieben hat:|S-Sub 7f}}
 
{{c|Gemäß der Lehre von der [[Intentionalität]] des [[Bewusstsein]]s gilt das Wahrnehmen als ein Akt, wodurch dieses das wahrgenommene Objekt erfasst: der Akt des Sehens z.B. das Farbige, der Akt des Hörens den Schall und das Schallende usw. Jeder solcher Akt soll von seinem Gegenstand verschieden sein. Diese Meinung tritt mit dem Anspruch auf, eine unwidersprechliche Tatsache festzustellen, und in der Tat: Die Annahme, dass bei jeder optischen Wahrnehmung ein Akt des Sehens und ein gesehenes Objekt zu unterscheiden seien, scheint auf den ersten Blick ganz trivial zu sein. In Wirklichkeit handelt es sich dennoch nicht um eine unschuldige Banalität. Bei schlichter, ungestörtet Wahrnehmung lässt sich nämlich durch bloßes Achten auf den unwidersprechlich sich zeigenden Tatbestand außer dem z.B. Gesehenen oder Gehörten keineswegs ein davon verschiedenes Sehen und Hören oder gar sehendes und hörendes Subjekt ausfindig machen, sondern dann tritt ein, was Hegel einmal so beschrieben hat:|S-Sub 7f}}
  

Version vom 5. März 2011, 21:55 Uhr

Wahrnehmen ist nicht ein Registrieren von Empfindungen, sondern ein Bemerken, was los ist. (S-WNP 334)

Wahrnehmung als leibliche Kommunikation

Wahrnehmen ist keine Bewegung vom physikalischen Raum in den Bewußtseinsraum, sondern eine Beziehung von Leib und Gegenstand in einer gemeinsamen Welt - eine Form von Kommunikation. (F-LRP 95)

Phänomenologisch ist Wahrnehmung nicht Verarbeitung physischer Reize mit mysteriösem Umspringen von Gehirnprozessen in Seelenzustände, sondern leibliche Kommunikation über die Brücke der Bewegungssuggestionen und synästhetischen Charaktere. (S-WNP 254)

Wahrnehmung als Einleibung

Die Normalform der Wahrnehmung ist die antagonistische Einleibung mit primärem Eingespieltsein beider Seiten auf einander durch einen sie zusammenschließenden vitalen Antrieb .... (S-WNP 390)

Spannbreite des Wahrnehmens

Ein Gefühl braucht nicht ergreifend zu sein, um wahrgenommen zu werden. Es kann auch bloß wahrgenommen werden.

Bsp eines bloß wahrgenommenen Gefühls: Wie atmet rings Gefühl der Stille, Der Ordnung, der Zufriedenheit (Faust Vers 2691 f.)

Spannbreite:

  • gegenständliche Atmosphäre
  • ...
  • von der Atmosphäre mit einer Spur affektiven Betroffenseins gestreift und angerührt.
  • ...
  • Atmosphäre als ergreifende Macht

(Vgl.: S-WNP 178)

Keine Trennung von Wahrnehmungsakt und Gegenstand

Gemäß der Lehre von der Intentionalität des Bewusstseins gilt das Wahrnehmen als ein Akt, wodurch dieses das wahrgenommene Objekt erfasst: der Akt des Sehens z.B. das Farbige, der Akt des Hörens den Schall und das Schallende usw. Jeder solcher Akt soll von seinem Gegenstand verschieden sein. Diese Meinung tritt mit dem Anspruch auf, eine unwidersprechliche Tatsache festzustellen, und in der Tat: Die Annahme, dass bei jeder optischen Wahrnehmung ein Akt des Sehens und ein gesehenes Objekt zu unterscheiden seien, scheint auf den ersten Blick ganz trivial zu sein. In Wirklichkeit handelt es sich dennoch nicht um eine unschuldige Banalität. Bei schlichter, ungestörtet Wahrnehmung lässt sich nämlich durch bloßes Achten auf den unwidersprechlich sich zeigenden Tatbestand außer dem z.B. Gesehenen oder Gehörten keineswegs ein davon verschiedenes Sehen und Hören oder gar sehendes und hörendes Subjekt ausfindig machen, sondern dann tritt ein, was Hegel einmal so beschrieben hat: (S-Sub 7f)

Die Entgegensetzung des Anschauenden und Angeschauten, dass sie Subjekt und Objekt sind, fällt in der Anschauung selbst weg, ihre Verschiedenheit ist nur eine Möglichkeit der Trennung; ein Mensch, der ganz in der Anschauung der Sonne versunken wäre, wäre nur ein Gefühl des Lichts, ein Lichtgefühl als Wesen. Wer ganz in der Anschauung eines anderen lebt, wäre ganz dieser andere selbst, nur mit der Möglichkeit, ein anderer zu sein. (Hegel, Die theologischen Jugendschriften, Tübingen 1907, S. 316. Zit.n.: S-Sub 8)

Wahrnehmung als Wahrnehmung von Situationen

Alle Wahrnehmung ist Wahrnehmung von Situationen; es führt in die Irre, sie als sinnliche Wahrnehmung zu bezeichnen, die sich hauptsächlich auf die von den Sinnesorganen vermittelten Qualitäten bezöge. Wahrnehmung ist in erster Linie Wahrnehmung was los ist an Sachverhalten, Programmen und Problemen, so schon beim Säugling als Wahrnehmen von Situationen mit Programmen der Anziehung und Abstoßung, mit Legierung von Sachverhalten und Programmen in Gestalt der Lust. Gründlich verkehrt ist die Unterstellung, dass solche Bedeutungen erst in einer Serie einzelner bloß sinnlicher Erfahrungen hinzugelernt würden; vielmehr gibt es einzelne Erfahrungen nur als Fälle von Bedeutungen. Jede sinnliche Erfahrung ist auch unsinnlich. ... Was dem Säugling fehlt, ist nicht das Baden in Bedeutungen, sondern die Explikation der für ihn noch absolut chaotisch-mannigfaltigen Bedeutsamkeit der erlebten Situation. Aber auch die feinste intellektuelle Explikation führt nicht über Situationen hinaus. ... (S-JdN 42)

Phänomenologische und naturwissenschaftliche Wahrnehmung

Die Phänomenologie der Wahrnehmung steht in Konkurrenz mit anderen Disziplinen, die beanspruchen Experten für Wahrnehmungen zu sein: die Sinnesphysiologie, Neurophysiologie etc.

Gemessen an dem Erfolg der letzteren [der Sinnes- und Neurophysiologie] und insbesondere ihrer technischen und therapeutischen Anwendbarkeit scheint es nötig, das Unternehmen einer Phänomenologie der Wahrnehmung zu legitimieren und in ein Verhältnis zur Neurophysiologie zu setzen. (B-LaA 41)

Ebenso wie bei der Natur, besteht Auslegungskonkurrenz.

Gnostische und pathische Wahrnehmung

Gnostische Wahrnehmung Pathische Wahrnehmung
kognitives System pathisches System

Objektivität ensteht aus dem Zusammenspiel des affektiven und des kognitiven Systems, aus der Komplementarität des pathischen und des gnostischen Wahrnehmens. (F-LRP 244)

Gnostische Wahrnehmung

im kognitiv und rational strukturierten Raum dauerhafter Sachverhalte

Pathische Wahrnehmung

Resonanzphänomene im präsentisch geprägten Stimmungsraum.

Beispiel Natur: Naturdinge und -räume gleichen Saiten, die durch den Menschen in seiner Gestimmtheit erst zum Klingen gebracht werden. (F-LRP 239)