Situation: Unterschied zwischen den Versionen

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Übersetzungen: chin. 無 (wu), jap. 無 (mu), häufig übersetzt mit "Nichts" (siehe [[Verhältnis#Übersicht|Skizze]])
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Übersetzungen: chin. 無 (wu), jap. 無 (mu), häufig übersetzt mit "Nichts" (siehe [[#Situation und Konstellation|Skizze]])
  
 
Eine Situation (auch: [[Feld|topisches Feld]]) ist
 
Eine Situation (auch: [[Feld|topisches Feld]]) ist

Version vom 17. Februar 2012, 09:24 Uhr

Übersetzungen: chin. 無 (wu), jap. 無 (mu), häufig übersetzt mit "Nichts" (siehe Skizze)

Eine Situation (auch: topisches Feld) ist

  • ganzheitlich, d.h. nach außen abgehoben und in sich zusammengehalten. Die Ganzheit der Situationen geht also der Einzelheit oder numerischen Einheit grundsätzlich vor.
  • bedeutsam, d.h. sie wird durch eine Bedeutsamkeit zusammengehalten, welche aus Bedeutungen besteht.
  • binnendiffus, d.h. in ihr ist nicht alles (eventuell gar nichts) einzeln.

Der Mensch behauptet sich in seiner Umgebung, indem er Situationen als Konstellationen einzelner Faktoren rekonstruiert, ohne die Bedeutsamkeit der Situationen dadurch ausschöpfen zu können; die Rekonstruktion bleibt ein probierendes Anfassen.

Alle Wahrnehmung ist Wahrnehmung von Situationen. (S-JdN 42)

Situationen sind die Grundgegebenheiten des In-der-Welt-seins, wie Heidegger sagen würde, sowohl des leiblichen Zutunhabens mit etwas in Wahrnehmung und Bewegung als auch in allen Weisen besonnenen Umgangs. Schon jede zweckmäßig geführte Körperbewegung ist eine Situation. (S-JdN 42)

Situation, Atmosphäre, Gefühl

Situationen werden fast immer von gefühlsträchtigen Atmosphären durchzogen. (Vgl: S-WNP 248)

Nur nicht in Gefahrensituationen, in denen der Schreck und der Bedarf sofortiger Reaktion das Fühlen blockieren. (Vgl: S-WNP 249)

Situationen sind meist durchzogen von Gefühlen. (Vgl: S-DzB 24)

Anbindung von Situationen

Ohne dingliche Anbindung

Eindrücke können als bloße Atmosphären ohne dingliche Anbindung gleichsam in der Luft liegen, etwas als Atmosphäre diffusen Misstrauens in der Wahnstimmung beginnender Schizophrenie, oder wenn jemand unter besonderen Umständen merkt, dass irgend etwas nicht stimmt, ohne dahinterzukommen - ich zitiere zum Beleg gern die Verse, die in Goethes Faust Margarete spricht, als sie in ihrer Stube kommt, in der gerade, ohne dass sie es ahnt, der Teufel gewesen ist -, oder als die Katastrophenstimmung in schwüler Tropenhitze, von der im vorigen Jahrhundert der polnischer Schriftsteller Sinkiewicz aus einem Spital in Sansibar berichtet. (S-LGK 12)

Mit dinglicher Anbindung

Meist aber haften Eindrücke an Dingen oder Halbdingen oder deren Konstellationen. (S-LGK 12)

Wenn es eine dingliche Anbindung gibt, dann müssten Situationen und Gefühle genau so objektiv sein, wie die Dinge, an denen sie anhaften. Siehe dazu: Objektivität der Gefühle

Beispiele

Situationen sind alle motorischen Kompetenzen und ihre Ausübung, also jede zweckmäßig, unwillkürlich oder willkürlich, geführte freie Gliederbewegung, z.B. beim Kauen fester Nahrung, beim Sprechen oder bei der Abwehr von Gefahren. In allen solchen Fällen wird vieles verstanden (Sachverhalte), vorgenommen (Programme), ohne dass mehr als weniges davon einzeln bewusst wird (gar nichts bei ganz unwillkürlichem Tun.) (S-KE 47f)

Wer z.B. auf regennasser, dicht befahrener Straße durch geschicktes Ausweichen, Bremsen oder Beschleunigen des Autos einen drohenden Unfall entkommt, hat die relevanten Sachverhalte,

  • die Probleme des zunächst drohenden Zusammenstoßes und der bei Ausweichen eventuell hinzukommenden Bedrohungen ähnlicher Art und
  • die Programme möglicher Rettung

mit einem Schlag (in antagonistischer Einleibung) erfasst und auch schon zweckmäßig beantwortet, ohne zur Vereinzelung dieser Bedeutungen Zeit zu haben, außer allenfalls bei einem schmalen Teil davon. In solchen Fällen präsentiert sich die ganze Bedeutsamkeit der Situation auf einen Schlag. (S-KE 48)

Unterscheidungen

  • nach der augenblicklichen Gegebenheit: impressiv - segmentiert
  • nach dem zeitlichen Verlauf: aktuell - zuständlich

impressiv

  • vielsagende Eindrücke (-> gewöhnlich aktuelle Situtionen): kommen schon im Augenblick mit ihrer integrierenden Bedeutsamkeit ganz zum Vorschein
  • Bsp: Gefahrensituationen, die man ganzheitlich erfassen und mit einem Schlage treffend beantworten muss

segmentiert

  • kommt nicht im Augenblick mit ihrer integrierenden Bedeutsamkeit ganz zum Vorschein
  • können sich zu impressiven zusammenziehen, von denen sie plakatiert werden (Plakat-Situationen), also der vielsagende "erste Eindruck".
    • Plakat-Situation (kann über nächstere trügen)
    • plakatierten Situation

aktuell

  • wenn sich dieser Verlauf in beliebig dicht gesetzten Querschnitten auf Veränderungen prüfen lässt

zuständlich

  • Prüfung auf Veränderungen ist nur nach hinlänglich langen Fristen sinnvoll
  • Bsp: Sprachen, Institutionen, Freundschaften, Feindschaften, persönliche Situationen

Typen

impressiv segmentiert
aktuell (ia) Gefahrensituationen (sa) "durchblitzende Gespräche"
zuständlich (iz) das "Bild" eines Menschen (sz) Sprachen, Ehe, Familie

aktuell impressiv

  • Gefahrensituationen

aktuell segmentiert

  • Bsp. Gespräche mit einer nur fragmentarisch durchblitzenden integrierenden, binnendiffusen Bedeutsamkeit
  • Bsp. Probleme, an denen man ratlos grübelt

zuständlich impressiv

  • Bsp. das "Bild", das man sich von einem Menschen macht, den man gut zu kennen glaubt
  • Bsp. der typische oder individuelle Charakter eines Dinges, der sich im Wechsel seiner Gesichter durchhält, mit integrierende binnendiffuser Bedeutsamkeit

zuständlich segmentiert

  • Sprache
  • Ehe, Familie

Plakatierung als Verhältnis zwischen Situationen

In der Regel plakatiert eine impressive Situation (Plakat-Situation) eine segmentierte (plakatierte Situation). Segmentierte können sich zu impressiven gleichsam zusammenziehen.

Bsp:

  • bei der ersten Begegnung eines Menschen erhält man bereits einen prägnanten, vielsagenden Eindruck
  • die Figur des Bamberger Reiters, in der der "hohe Mut" der mittelalterlichen Adels- und Ritterkultur, einer segmentierten Situation mit binnendiffuser Bedeutsamkeit, schlagartig aufscheint.
  • Jesus im Gedicht von Tersteegen: "Ich bete an die Macht der Liebe, die sich in Jesus offenbart."

(S-DzB 25)

Inkludierende und implantierende Situationen

Inkludierende Situationen

Erstere stehen nicht im Widerspruch zum wurzellosen Individualismus und schwebenden Ironismus, die Schmitz als autistische und ironistische Verfehlungen des abendländischen Geistes bezeichnet. Includierende Situationen nennt Schmitz auch Konstellationen, es sind zu Konstellationen zersetzte Situationen, die dadurch charakterisiert sind, dass sie einem Selbst "die Freiheit lassen, sich unbeschadet aus ihnen zu lösen; ich denke etwa an Konventionen, äußerlich bleibende Lebens- und Umgangsformen und Kollektive Standpunkte für 'Mitläufer', an beherrschte Fremdsprachen u. dgl." Includierende Situationen sind temporäre Gefüge, die Teilnahme an ihnen ist als für subjektive Wahl offen anzusehen, sie sind relativ flüchtig und austauschbar. (Heubel 44)

Implantierende Situationen

Dem kontrastieren Situationen im emphatischen Sinne, die implantierende Situation, welche im Selbst "so tiefe Wurzeln schlägt, dass sie nicht leicht und, wenn überhaupt, nur allmählich und mit erheblichen Wunden herausgerissen werden kann. Dazu gehören Situationen, aus denen die Persönlichkeit durch Tradition und frühe Sozialisation hervorwächst, und solche in die sie hineinwächst, z.B. durch Gemeinschaft mit einem Lebenspartner." (S-AHG 24) (Heubel 44)

Besondere Situationen

Situation als gemeinsames Medium von Subjekt und Objekt

In der Situation gibt es noch keine Trennung zwischen Subjekt und Objekt jedoch schon eine explizierbare topologische Struktur.

Wie schon Heidegger lehnt Schmitz es ab, die Frage wie das Subjekt aus sich heraus zum Objekt kommen könnte, als Grundfrage der Erkenntnistheorie anzusehen. Wie das Subjekt die Brücke zum Objekt schlagen könne und umgekehrt sei eine Scheinfrage, weil die Situationen immer schon das gemeinsame Medium von Subjekt und Objekt bildeten. (Heubel 42)

Situation und Konstellation

Topisch dual.png