Abgrenzung: Unterschied zwischen den Versionen

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{{c|Den gegenseitigen Pol menschlicher Verhaltensmöglichkeiten beziehen die jungen Männer, die ihren Fremdenhass offen ausleben. Weil sie in ihrer Fluch nach vorne ihre Ängste überspielen, pervertiert sich ihre potentiell konstruktive Aggressivität in einer gewalttätige Abgrenzung. Ihre Identität finden und bestätigen Rechtsradikale in der Negation des Anderen: "So wie der bin ich nicht, so will ich nicht sein".|KK in FKK-RD 105f}}
  
 
== Ungesunde Abgrenzung ==
 
== Ungesunde Abgrenzung ==

Version vom 24. September 2011, 22:45 Uhr

Übersicht

Abgrenzungen.png

Unterabgrenzung Gesunde Abgrenzung Überabgrenzung
Aggression gegen sich selbst (körperlich, seelisch) gegen andere (aus Schutz) gegen andere (aus Machtstreben)
Beziehung belastet durch symbiotische Anpassung, verinnerlichtes Abgrenzungsverbot keine Belastung aggressive Grenzüberschreitung
Nähe und Bindung präpersonale Nähe und Bindung personale Nähe und Bindung keine Nähe und Bindung
Autonomie keine Autonomie, Symbiose partnerschaftliche Autonomie Pseudo-Autonomie, Einsamkeit

Abgrenzungstypen

Unterabgrenzung

Unterabrenzung.png

Beziehungsmodus "Entweder-Oder"

In verbundenem Zustand

In getrenntem Zustand

Je größer die Überschneidung zwischen zwei Personen (habituell und/oder situativ) ist, desto schwerwiegender ist die Beziehungsstörung - oder auch die psychische Erkrankung dieser Beziehung. (TB-AoC 106)

Was nicht voneinander unterschieden werden kann, schließt sich gegenseitig aus. Im Bereich der Unterscheidung geht es um die Fragen: "Wer ist wer? Wer ist hier alles, wer ist hier nichts?" Es herrscht der Beziehungsmodus "Entweder-Oder". Entweder der eine oder der andere darf leben, groß sein, wird geliebt, ist abhängig, ist autonom, ist erfolgreich, etc. (TB-AoC 106f)

Im Fall der psychischen Verschmelzung (...) handelt es sich um die Beziehungsstruktur: Entweder Ja oder Nein, entweder "Gut" oder "Böse". Was "gut" ist, in der eigenen Person und im Gegenüber, wird angenommen, was "schlecht" ist, wird "ausgespuckt". ... Die Bewertung ist das Kriterium, nach dem sich Und- und Oder-Beziehungen unterscheiden. In der Oder-Beziehung wird aufgewertet und entwertet. Ein Mensch ist dann entweder gut oder schlecht; von Zweien ist einer gut, der andere schlecht. (TB-AoC 130f)

Die Interaktion in diesen Entweder-Oder-Beziehungen ist dadurch gekennzeichnet, dass man zueinander nicht Nein bzw. Ja sagen kann, entsprechend der eigenen inneren Befindlichkeit. Man kann nur entweder Nein oder Ja sagen, was der Gegenabhängigkeit in der "Überschneidung" entspricht: Wenn der eine Ja sagt, muss der andere auch Ja sagen, damit der eine zufrieden ist, oder muss eventuell (wegen der Ambivalenzspaltung) gleichzeitig auch Nein sagen, um die gemeinsamen Ängste abzuwehren. (TB-AoC 131)

Fehlende konstruktive Aggression

Gerade Angstpatienten haben große Schwierigkeiten, diese sinnvole Aggression aufzubringen, da jegliches sich-Behaupten ihre Angst vor Verlassenwerden mobilisiert. (KK in FKK-RD 105)

Trennung von Kopf und Körper

In diesem mehr oder weniger diffusen Feld der "Überschneidung" entsteht auch die vielbeschriebene "Trennung von Kopf und Körper". In der Identifikation mit den Ängsten (Innenbild) und mit den Drohungen (Außenbild) der Mutter (und des Vaters) lernt das Kind "vernünftig" zu sein. (TB-AoC 134)

Gesuchter Ersatz für den fötalen Nicht-Unterschied

Wir seien immer auf der Suche nach Resonanzen und Beziehungsformen, die den Verlust der ursprünglichen und definitiv verlorenen Einheit, den fötalen Nicht-Unterschied, auszugleichen versuchen. (H-PS 182)

Gesunde Abgrenzung

  • (partnerschaftliche) Autonomie, personale Freiheit, reale Freiheit
  • personale Nähe und Bindung

Abgrenzung.png


Beziehungsmodus "Und"

Der Beziehungsmodus "Und" bringt vielmehr die Möglichkeit mit sich, Konflikte als Konflikte (und nicht als Kriege) auszutragen. (TB-AoC 108)

Überabgrenzung

  • Pseudo-Autonomie: ungesunde Überabgrenzung, absolute Freiheit = Einsamkeit, Autarkie
  • keine Nähe und Bindung

Unter ueberabrenzung.png

Den gegenseitigen Pol menschlicher Verhaltensmöglichkeiten beziehen die jungen Männer, die ihren Fremdenhass offen ausleben. Weil sie in ihrer Fluch nach vorne ihre Ängste überspielen, pervertiert sich ihre potentiell konstruktive Aggressivität in einer gewalttätige Abgrenzung. Ihre Identität finden und bestätigen Rechtsradikale in der Negation des Anderen: "So wie der bin ich nicht, so will ich nicht sein". (KK in FKK-RD 105f)

Ungesunde Abgrenzung

Im symbiotischen Zustand ist die Abgrenzung häufig zu schwach, oder (seltener) zu stark:

  • zu schwach: Verinnerlichtes Abgrenzungsverbot, Verlagerung der Aggression ins Destruktive gegen sich selbst (körperlich, seelisch)
  • zu stark: Überabgrenzung

Zu schwache Abgrenzung: eingeschränkte Abgrenzungsfähigkeit

Wenn die Fähigkeit zur Abgrenzung eingeschränkt oder ganz verloren ist, dann sind die Betroffenen mit ihrer Aufmerksamkeit mehr beim Anderen als bei sich. Sie neigen zu folgenden drei Grundaspekten:

Drei Grundaspekte

  • Überanpassung bis zur Verschmelzung
  • Unterdrückung eigener Gefühle, Bedürfnisse, Gedanken bis zur Selbstentfremdung
  • Aggressionsblockade: Blockade der eigenen gesunden Aggression, der Fähigkeit, sich abzugrenzen und zu schützen.

Diese drei Grund-Aspekte führen

  • zur Abhängigkeit und Ohnmacht,
  • zum Verlust der Autonomie (Selbst-Bestimmung).

Zwei sekundäre Aspekte

Zusätzlich zu den drei Grundaspekten der eingeschränkten Abgrenzungsfähigkeit kommen zwei sekundäre Aspekte hinzu, vielleicht um das zu kompensieren. Die Betroffenen neigen dazu,

  • sich aus Kontakt zurück zu ziehen, ihr Mitgefühl zu unterdrücken, kalt und egoistisch zu werden: Überabgrenzung
  • den anderen mit allen Mitteln zu manipulieren, um ihn abhängig zu machen und benutzen zu können: Macht, Gewalt, Zerstörung.

Diese Aspekte führen zur Entstehung des Symbiosekomplexes. (Vgl: Langlotz: Weiterbildungs-Manuskript)

Ontogenese

Abgrenzung des Kleinkindes

[D]ie psychoanalytische Hypothese, dass das Kleinkind zu Beginn des Lebens das eigene Selbst von der Umwelt nicht abgrenzen könne, konnte jetzt nicht mehr ohne weiteres aufrechterhalten werden, ... (Axel Honneth in: AT-DvS 321)