Kognitionswissenschaft

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Die Entstehung der Kognitionswissenschaft in den vierziger und fünfziger Jahren war einerseits motiviert durch die offensichtliche Insuffizienz behavioristischer Erklärungsansätze, andererseits aber auch durch die inzwischen entstandene Kybernetik und die Informationstheorie, die eine neue Klasse von Modellen und eine neue Metaphorik für die Behandlung kognitiver Prozesse bereitstellten. (Engel/König MPK 157)

Merkmale der Kognitionswissenschaft:

  • interdisziplinär
  • harte Wissenschaft: versteht sich als Naturwissenschaft, die Phänomene behandelt, die traditionell den Geisteswissenschaften zugeordnet waren. Versucht die Aufspaltung in Natur- und Geisteswissenschaft aufzubrechen
  • Computermodell
  • Annahme, es gibt Kogntionen

[aus: Münch, MPK 17f]

In anthropologischer Perspektive ist die Zulassung von Kognitionen bemerkenswert. Denn durch die Kognitionen wird das Menschenbild der modernen Wissenschaft, das durch den Cartesianismus geprägt ist, überwunden. Dieses Menschenbild ist durch einen Dualismus charakterisiert, der dadurch zustande kommt, dass die Sphäre der Leiblichkeit der Physik zugeordnet und als Maschine betrachtet wird. Der nicht zu leugnende geistige Rest wird in eine ontologische Region verwiesen. (Münch, MPK 27f)

Unterschiede zur phänomenologischen Tradition

Beide Richtungen sind jedoch antireduktionistisch gegenüber Intentionen eingestellt; ein zentraler Unterschied besteht jedoch darin, dass die kognitive Erklärungsebene, ..., nur die Kognitionen aufnimmt, die den Prädikaten der kognitiven Erklärungen entsprechen, und das sind letztlich lediglich Meinungen und Wünsche. Diese werden in einer Dritte-Person-Perspektive beschrieben. Husserl und die Phänomenologie, deren Hauptthema ebenfalls Intentionalität ist, gehen dagegen vom gegenständlichen beziehungsweise welthabenden Erleben aus. Das Bewusstsein und die Erste-Person-Perspektive ist bei den Kognitivisten dagegen ausgeklammert. (Münch MPK 29)

Der Kognitivismus ist also keineswegs eine allgemeine Wissenschaft von Intentionen, sie ist vielmehr eher als eine Theorie einer speziellen Art von Intentionen zu charakterisieren. (Münch MPK 30)

Das globale Ziel der Kognitivisten besteht nicht darin, mit Wittgenstein, Austin und Ryle den Reichtum der Alltagssprache zu nutzen, den diese gerade bei der Beschreibung von Phänomenen besitzt, die man im weiteren Sinne als geistig bezeichnen kann. Das Hauptziel besteht vielmehr darin, den Bereich des Mentalen zu naturalisieren. Das heißt, das Leib-Seele-Problem soll in einer Weise gelöst werden, die den seelischen Bereich als zu physischen Natur gehörig betrachtet. (Münch MPK 30f)

Zwei Hauptthesen:

Die Naturalisierung wird geleistet durch die computationale Theorie der Kognitionen (oder, wie sie auch genannt werden, der propositionalen Einstellungen). (Münch MPK 31)

In bezug auf Bewusstsein vertritt der Kognitivismus einen Epiphänomenologismus, und es wird davon ausgegangen, dass nichtkognitivistische Intentionen auf kognitivistische zurückgeführt werden können. Es besteht kein Interesse, das reiche Instrumentarium intentionaler Ausdrücke für die Beschreibung von Verhalten zu nutzen. Überhaupt steht der Kognitivismus keineswegs in der aristotelisch-phänomenologischen Tradition, der es darum geht, die Vielfalt der Phänomene zu erfassen, sondern in der Tradition der Systemkonstrukteure. Ziel ist die Aufstellung eines Systems des Menschen. Und dieses Ziel kann nur dadurch erreicht werden, wenn der Reichtum der Phänomene preisgegeben wird. (Münch MPK 33)