Visualprimat

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Der Visualprimat ist der primäre Zugang zur Welt durch das Sehen des dimensionales Raumes, d.h. von Flächen. Davon zu unterscheiden ist der Gefühlsprimat, der von den Gefühlen ausgeht.

Geschichte

Privilegierung von Seh- und Tastsinn:

Anders als im alten China, wo Hörsinn und Sehsinn einander tendenziell gleichgestellt sind, zeichnet die europäische Philosophie eine Vorliebe für Sehen und Tasten aus. Bis heute sind wir von der Realität einer Sache erst wirklich überzeugt, wenn wir sie selbst gesehen und betastet haben - und vergessen noch im Prüfen, dass Erfahrungen aus erster Hand ohnehin immer seltener sind, zumal in einer medienvermittelten Welt! Von der Dominanz der Augen in unserer Kultur zeugen zahlreiche Redewendungen, auch wenn das sinnliche Sehen gar nicht gemeint sein kann. ...

Sind Seh- und Tastsinn privilegiert, dann ist Wahrnehmung bevorzugt auf feste Körperdinge gerichtet. Als Fernsinn sorgt der Sehsinn zusätzlich für Distanz zwischen Mensch und Welt, zwischen Subjekt und Objekt. (GL-RB 59)

Die Literatur zum "Okularzentrimus" des Westens ist inzwischn fast unübersehbar. Um an das Phänomen heranzukommen scheint mir der beste Einstieg David Michael Levin (Hg.). Sites of Vision. The Discursive Construction of Sight in the History of Philosophy. Cambgridge/Mass 1997. (Saldern,Münkel,Schwarzkopf: Geschichte als Experiment, S. 169)

Siehe: Dingontologie

Platon

So erschient schon bei Platon die 'geistige Hand' des unsinnlichen 'Begreifens' als 'Auge des Geistes', das zur Leitmetapher der europäischen Kultur wurde, auch wenn es mit großer Wahrscheinlichkeit aus der indisch-iranischen Tradition stammt. Dieses 'Auge' 'sieht' die Gedanken als Weltordnungen oder 'Natur-Gesetze', und diese 'Licht- und Sicht-Metapher des Denkens' dominierte das Selbstverständnis gedanklicher Aktivität dann dermaßen, dass an ihrer 'geistigen Sinnlichkeit' keine Zweifel aufkamen, weil sie als Sinnhaftigkeit aufgefasst wurde. (GR-LS 358)

Aristoteles

Danach ist es vor allen anderen Wahrnehmungen der Gesichtssinn, der "uns am meisten Erkenntnis gibt und viele Unterschiede aufdeckt." (Aristoteles, Metaphysik 980a) (http://www.haraldlemke.de/texte/Lemke_Geschmackssinn.pdf)

Kritiken

Kritik des europäischen Okularzentrismus (GB-A2 119)

Neben der für Europa charakteristischen kulturellen Dominanz des Sehens ... (GB-A2 120)

... eine Umsetzung des Ideals einer vollständig durchschaubaren und kontrollierbaren Welt ... . Diese Idee wurde als Ausdruck der von Heidegger in die Zeit des Weltbildes (1938/1950) dargestellten Unterwerfung der Welt durch ihre Auffassung als Bild, beziehungsweise ihre Vor-stellung, verstanden. ()

Quelle: [1]