Vernunft

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Konstruktive Vernunft

Das Denken, dass sich daraus ergibt, hat den Stil einer konstruktiven Vernunft. Ich verstehe darunter ein Denken, in dessen Begriffsbildung Situationen im Sinne des von mir angegebenen Begriffs nicht eingehen, das die durch Konstruktion von Konstellationen aus abgeschliffenen Merkmalen ersetzt werden. (S-H 192)

Die einseitig konstruktive Vernunft kommt in der europäischen Intellektualkultur mit Descartes und Leibniz zum Sieg. Descartes reduziert durch die analytische Geometrie das geometrische Denken auf numerische Verfahren und entwickelt die resolutiv-konstruktive Methode, komplexe Probleme durch Reduktion des thematischen Materials auf einfache Bausteine und deren geeignete Zusammensetzung zu lösen. Leibniz greift die von Descartes skizzierte Utopie einer mathesis unviversalis auf und baut sie aus zum Projekt einer characteristica univeralis, die dazu bestimmt ist, einen Schlüssel zur Lösung aller wissenschaftlichen - sogar der theologischen - Probleme durch Berechnung zu liefern. Es ist bezeichnend, dass beide Denken Nominalisten im weitesten Sinn sind. (S-H 193f)

Explikative Vernunft

Vorher herrscht - deutlich erkennbar bei Denkern wie Anaximenes, Parmenides, Heraklit, Empedokles und den Pythagoreern - die explikative Vernunft in Gestalt eines archaischen Eindrucksdenkens, das leibnahe, dynamische, impressive Situationen typisiert und zur systematisch konstruierenden Klassifikation benützt. Von dieser Art sind auch die Gedankensysteme der klassischen chinesischen Kultur und der lange und mächtig die dominante europäische Intellektualkultur durchziehende Unterströmung, die sich im Netzwerk von Humoralphatologie, Astrologie, Alchemie, paracelsischer Medizin und Signaturenlehre, der Magia naturalis eines Giovanni della Porta usw. verästelt und heute noch in der Populärastrologie mit Charakteristik von Menschentypen durch Tierkreiszeichen weiterlebt. (S-H 195)

Siehe: Intellektualkultur