Mathematik

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Die Mathematik ist gleichsam die Avantgarde des Versuchs, sich in einer autonom gewordenen Welt des bloß noch numerischen Mannigfaltigen mit Beziehungen zwischen Elementen von Mengen einzurichten. Sie ignoriert die Genealogie der Einzelheit, das chaotische Mannigfaltige und den Zwiespalt; durch Fehldeutung der Existenz als partikuläre Quantifikation ("Existenzquantor", "Seinszeichen") verleugnet sie den Fluss der Zeit, in dem das Seiende nur eine schmale Schwelle zwischen Nichtseinendem ist, und ebnet den Gegensatz von Seiendem und Nichtseiendem ein, damit den Spielraum, den der Mensch zum Überholen der vorgegebenen Situation benötigt. (S-KGM 107f)

Die Mathematik ist die Kunst, alle erdenklichen Kombinationen von Einzelnem mit Abschälung des Stoffes und Reduktion auf die formale Struktur auszuprobieren und in die Konsequenzen zu verfolgen. Sie ist damit die Avantgarde des spezifisch menschlichen Bestrebens, das Gegebene durch Zusammensetzung von Einzelnem zu rekonstruieren und zu überholen. Diese Übereinstimmung in der Tendenz führt dazu, dass die Menschen gerade das sehen wollen, was die Mathematik ihnen zeigt, und sich über die Übereinstimmung mit der Realität freuen und wundern, ohne zu bedenken dass sie das Ergebnis eines Ausleseprozesses ist, bei dem die Mathematik ihnen vorleuchtet.Ein Ausleseprozess gehört dazu, weil die Menschen sich nicht vollständig und ausschließlich in den Zaubergarten des numerischen Mannigfaltigen versetzen können, sondern dafür von Mannigfaltigem zehren müssen, das nicht numerisch ist: von Situationen, darunter vielsagenden Eindrücken, mit binnendiffuser Bedeutsamkeit, vom Kontinuum, von dem spältigen Mannigaltigen, das auch sie selbst sind, von Atmosphären des Gefühls, von der leiblichen Dynamik und leiblichen Kommunikation. Von all diesem Mannigfaltigem, zu dem die Mathematik keinen Zugang hat, wenden sie sich ab zur Domäne der Mathematik, zur numerischen Mannigfaltigkeit mit lauter einzelnen Inhalten. Dann ist es kein Wunder, dass sie eine Übereinstimmung dieser Realität mit den Ergebnissen der Mathematik feststellen. (S-KGM 147f)

Siehe: Relationales Paradigma

Mathematik und Topologie

Topologisches Denken im weiteren Sinn ist mit dem mathematischen also oft nur lose und indirekt verbunden. Einer der Gründe, weshalb von einer strikten ‘Anwendung’ mathematischer Konzepte nur in Ausnahmefällen gesprochen werden kann, wurde bereits erwähnt: Die mathematische Disziplin namens Topologie ist aus der Mathematisierung eines älteren Wissens - eines Knoten-Wissens und Labyrinth-Wissens etwa - hervorgegangen, das seinerseits in Alltagspraktiken, Spielen und Kunstwerken fort- oder nachlebt. (Pichler 22)