Multichannel-Philosophie

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Was hat Multichannel mit Philosophie zu tun? Die These: Die Herausforderungen von Multichannel-Kommunikation können nur dann verstanden werden, wenn angenommen wird: Die effektivste Verbindung zwischen zwei Punkten ist nicht die gerade Linie, sondern ein sich aufspannendes Feld, von dem beide Punkte durchdrungen werden. Mit anderen Worten: Die effektivste Verbindung ist die Durchdringung. Die praktische Bedeutung und philosophische Tragweite der These soll im folgenden erörtert werden.

Kommunikation als Transportverbindung

Wir sind gewöhnt zu denken, dass die Kommunikation zwischen Menschen als Linie symbolisiert werden kann, welche die Personen als Endpunkte miteinander verbindet. Diese Vorstellung von einer linearen Kommunikation ist 2500 Jahre alt, seitdem Platon die Psyche als Endpunkt der Kommunikation eingeführt hat, die in einem Körper eingekesselt ist und nicht heraus kann. Kommunikation zwischen Menschen ist dann nichts anderes, als der körperliche Ausdruck einer Psyche der über mediale Kanäle (Web, Mobile, Print etc.) symbolisch (d.h. mittels Text, Bild, Sprache etc.) transportiert wird. Transportkanäle erlauben es, den symbolischen Ausdruck von Endpunkt zu Endpunkt zu transportieren, und so die Differenz zwischen Ihnen zu überbrücken. Diese Art der Kommunikation lässt sich daher auch als die Transport-Kommunikation ausreichend beschreiben. Stets wird der Raum zwischen den Endpunkten der Kommunikation zu überbrücken versucht. Der Raum zwischen den Punkten sowie ein möglicher Umweg im Raum wird als negativ eingestuft und nicht als Ressource angesehen.

Kommunikation als situative Verschränkung

Nun ist die Vorstellung einer in einen Körper eingeschlossenen Psyche jedoch nur eine mögliche von vielen, und nach 2500 Jahren etwas veraltet. Sowohl neuere Forschungen in der Neurowissenschaft (Spiegelneuronen) wie auch Erkenntnisse der Kulturwissenschaften legen nahe, dass auch andere Formen der Kommunikation möglich sind, die sich eher an der physikalischen Verschränkung in der Quantenphysik orientieren als an der logistischen Transportmetapher. So kann sich ein Quantenzustand in Abhängigkeit von einem anderen befinden, ohne dass es zwischen den beiden zu einem Informationstransport kommen kann. Man spricht daher von einen Verschränkung und nicht von einem Informationstransport.

Auch im alltäglichen Leben gibt es einige kommunikative Situationen, die sich besser als gemeinsam verschränkte Struktur, statt als Informationstransport zwischen zwei Punkten beschreiben lassen:

  • Beispiel Haustier: Das Haustier spürt schon die Rückkehr des Herrchens, auch wenn das Herrchen noch gar nicht zuhause angekommen ist.
  • Beispiel Erdbeben: Tiere (insbesondere Delphine) weisen durch ihr Verhalten schon auf den Ausbruch eines Erdbebens hin, noch bevor er gemessen werden kann.
  • Beispiel Hypnose: Zwischen Hypnotiseur und Klient wird eine gemeinsame Situation etabliert, in der beide Teil einer Quasi-Einheit sind. So erlebt der Klient die Aufforderungen des Hypnotiseurs als seine eigene und nicht als externe Anweisungen.

In Unterscheidung zur Transportmetapher kann Kommunikation daher auch auch als Verschränkung von gemeinsamen Zuständen verstanden werden. Wenn zwei Personen eine Resonanz entwickeln und von etwas Gemeinsamen ergriffen werden, dann haben sie eine gemeinsame Erfahrung und erleben eine gemeinsame Struktur, die sich nicht auf eine Linie zwischen beiden reduzieren lässt. Die Erfahrung der Verschränkung oder Resonanz kann besser als gemeinsam erfahrene Situationen beschrieben werden, in der man wie von einem Kraftfeld durchdrungen wird. Die Endpunkte empfinden sich in einem gemeinsamen Raum der von Kraftlinien durchzogen ist. Diese Form der Kommunikation ist nicht als transportorientierte Kommunikation steuerbar, sondern als Feldkommunikation mittels Kraftlinien, und bedarf einer anderen Herangehensweise.

Durchdringung im Kraftfeld

Die Vorstellung von einem Kraftfeld, in dem sich etwas befindet, war auch für die Physik eine völlig neuartige Herausforderung. Als Faraday 1852 den Feldcharakter des Magnetismus entdeckte, kam das einer wissenschaftlichen Revolution gleich. Bis dahin hatte man sich nicht vorstellen können, dass der Raum von Kraftlinien durchzogen sein kann, sondern nahm an, dass es nur die direkten Kräfte von Stoß oder Zug gibt, die auf Dinge in unmittelbarer Nähe und bei Berührung wirken können (Nahwirkungen). Alles andere wären hypothetische Fernwirkungen, die man sich nicht genau erklären konnte. Durch die Einführung des Feldbegriffs kam dieses Dogma ins Wanken, und man akzeptierte in der Physik bis zu heutigen Tag die Vorstellung, dass Kraftlinien eines Feldes eine reale physikalische Bedeutung haben und ganz konkret auf Dinge wirken.

Feldkräfte im Multichannel

Welche Bedeutung hat die Kommunikation als durchdringende Feldkräfte nun für die Multichannel-Kommunikation? Wir könnend davon ausgehen, dass die verschiedenen Kanäle nicht nur Transportlinien von Informationen sind, sondern zugleich auch Kraftlinien eines Kommunikationsfeldes analog zu den magnetischen Feldlinien, die Faraday entdeckte. D.h. die Aufgabe im Multichannel ist nicht nur die Beherrschung der Kanaltechnik als Transportmittel, sondern auch der erfahrene Umgang mit den Kanälen als Feldlinien eines Kommunikationsfeldes in dem sich das Unternehmen befindet. Kanäle sind also nicht nur technische Transportkanäle sondern auch zugleich Kraftkanäle eines Feldes, das sich in einer Firma als spezifische Kommunikations-Atmosphäre ständig ereignet. Es geht in einer ganzheitlichen Sichtweise von Multichannel daher nicht nur darum, die Kanäle miteinander zu vernetzen, sondern auch darum, ein Kommunikationsfeld zu etablieren, so dass die Kanäle durch die Kraftlinien des Multichannel-Feldes bestmöglich unterstützt werden. Ein Multichannel-Feld ist also mehr als die Summe der Informationskanäle. Und Multichannel-Management ist mehr als das Management der Kanäle, und somit immer auch Management der Kommunikationsatmosphäre, in der intern und extern kommuniziert wird.

Erfahrbarkeit des Multichannel-Feldes

Das von Kanälen aufgespannte Multichannel-Kommunikationsfeld ist keine theoretisches Konstrukt, sondern kann spürbar erfahren und gemanagt werden. Als Methode haben sich die leiblichen Externalisierungstechniken verschiedener psychotherapeutischer Schulen (Gestalttherapie, systemische Therapie) bewährt, bei denen es darum geht, die erlebten psycho-sozialen Kräfte mithilfe von Symbolen oder Stellvertretern räumlich zu veranschaulichen. So entsteht ein räumliches Szenario, das die Chance zu Veränderung und Einbettung neuer Lösungsmuster bietet.