Gestaltkreis: Unterschied zwischen den Versionen

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{{c|Gemeint ist also mit dem 'phänomenalen' oder 'epistemologischen Gestaltkreis' zunächst, dass der Phänomenologe nicht gleichsam 'bei Null' anfängt, sondern immer schon mit einem sprachlichen System und einem eigenen Erfahrungshorizont, der vorformierte Blickwinkel und Gedankenkonstrukte enthält, die bei der ''sprachlichen Fixierung eines Phänomens'' oder ''Gegenstands'' in gewisser Weise automatisch 'verstellend', aber dadurch 'intentional erhellend' wirken. Da wir als Menschen keine Möglichkeit haben, auf unsere Perspektive zu verzichten, die immer auch das, was sie uns zeigen, mitmachen, ist eine Erkenntnis der 'Dinge an sich', die gleichsam ohne ansozialisierte Filter der Wahrnehmung ('Brillen') oder 'Interpretationskonstrukte' (Lenk) eine 'reine wahre Wirklichkeit' erfassen würde, nicht möglich. Jedoch haben wir die Möglichkeit, und 'perspektivisch abzustimmen', und dadurch unsere subjektiven und besonders individuellen Wahrnehmungsaspekte zugunsten von solchen 'auszublenden', die uns eine einfachere Kommunikation und Organisation von Handlungen mit Anderen erlauben. D.h. während es die 'reine ''Objektivität''' als Erkenntnis von 'Dingen an sich' nicht gibt, lässt sich aber der Grad der ''Inter-Subjektivität'' verändern, d.h. so etwas wie eine ''restrealistische Objektivität'' herstellen.|GR-LS 44f}}
 
{{c|Gemeint ist also mit dem 'phänomenalen' oder 'epistemologischen Gestaltkreis' zunächst, dass der Phänomenologe nicht gleichsam 'bei Null' anfängt, sondern immer schon mit einem sprachlichen System und einem eigenen Erfahrungshorizont, der vorformierte Blickwinkel und Gedankenkonstrukte enthält, die bei der ''sprachlichen Fixierung eines Phänomens'' oder ''Gegenstands'' in gewisser Weise automatisch 'verstellend', aber dadurch 'intentional erhellend' wirken. Da wir als Menschen keine Möglichkeit haben, auf unsere Perspektive zu verzichten, die immer auch das, was sie uns zeigen, mitmachen, ist eine Erkenntnis der 'Dinge an sich', die gleichsam ohne ansozialisierte Filter der Wahrnehmung ('Brillen') oder 'Interpretationskonstrukte' (Lenk) eine 'reine wahre Wirklichkeit' erfassen würde, nicht möglich. Jedoch haben wir die Möglichkeit, und 'perspektivisch abzustimmen', und dadurch unsere subjektiven und besonders individuellen Wahrnehmungsaspekte zugunsten von solchen 'auszublenden', die uns eine einfachere Kommunikation und Organisation von Handlungen mit Anderen erlauben. D.h. während es die 'reine ''Objektivität''' als Erkenntnis von 'Dingen an sich' nicht gibt, lässt sich aber der Grad der ''Inter-Subjektivität'' verändern, d.h. so etwas wie eine ''restrealistische Objektivität'' herstellen.|GR-LS 44f}}
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{{c|Die Unmöglichkeit für Menschen, Gegenstände ohne menschliche Perspektive - also 'Dinge an sich' - wahrzunehmen, lässt sich auf ''das phänomenologische Prinzip des Gestalt-Kreises'' bringen, das besagt, ein Gegenstand zeigt sich immer nur in einer Gestalt, die vom Betrachter 'mit konstituiert' oder 'mit geschaffen' wird. Darauf wird noch weiter eingegangen. Jedenfalls kommen wir aus diesem Kreis nicht heraus, was für die phänomenologische Methode bedeutet, dass sie nicht Gegenstände oder Gestalten beschreibt, 'wie sie sind', sondern immer nur, 'wie sie erscheinen'. Aber genau das macht die Phänomenologie so wichtig, denn die Qualität der Gestaltbeschreibung entscheidet mit über die 'Wirklichkeit' und 'Situation', in der sie und die Gestalt erscheint. Zwar arbeitet auch die Phänomenologie als Geisteswissenschaft mit Abstraktionen, aber diese dienen nicht der materialen Reproduktion - eher der begrifflichen Rekonstruktion -, sondern dem menschlichen Selbst-Verständnis und dem Verständnis seiner Lebenswelt.|GR-LS 39}}

Version vom 29. Juni 2013, 18:26 Uhr

  • Sich-Bewegen und Wahrnehmen stehen in einem Gestaltkreis-Verhältnis (V.v. Weizsäcker)

Der zentrale Begriff des "Gestaltkreises" wurde von dem Biologen Viktor von Weizsäcker geprägt, um den Prozess gegenseitiger Anpassung von Leib und Umgebung (oder 'Umwelt' bzw. 'Lebenswelt') zu bezeichnen, wobei er an der spezifischen 'Eingelassenheit' des Tieres in seine Umgebung gewonnen wurde. (GR-LS 44)

Gemeint ist also mit dem 'phänomenalen' oder 'epistemologischen Gestaltkreis' zunächst, dass der Phänomenologe nicht gleichsam 'bei Null' anfängt, sondern immer schon mit einem sprachlichen System und einem eigenen Erfahrungshorizont, der vorformierte Blickwinkel und Gedankenkonstrukte enthält, die bei der sprachlichen Fixierung eines Phänomens oder Gegenstands in gewisser Weise automatisch 'verstellend', aber dadurch 'intentional erhellend' wirken. Da wir als Menschen keine Möglichkeit haben, auf unsere Perspektive zu verzichten, die immer auch das, was sie uns zeigen, mitmachen, ist eine Erkenntnis der 'Dinge an sich', die gleichsam ohne ansozialisierte Filter der Wahrnehmung ('Brillen') oder 'Interpretationskonstrukte' (Lenk) eine 'reine wahre Wirklichkeit' erfassen würde, nicht möglich. Jedoch haben wir die Möglichkeit, und 'perspektivisch abzustimmen', und dadurch unsere subjektiven und besonders individuellen Wahrnehmungsaspekte zugunsten von solchen 'auszublenden', die uns eine einfachere Kommunikation und Organisation von Handlungen mit Anderen erlauben. D.h. während es die 'reine Objektivität' als Erkenntnis von 'Dingen an sich' nicht gibt, lässt sich aber der Grad der Inter-Subjektivität verändern, d.h. so etwas wie eine restrealistische Objektivität herstellen. (GR-LS 44f)

Die Unmöglichkeit für Menschen, Gegenstände ohne menschliche Perspektive - also 'Dinge an sich' - wahrzunehmen, lässt sich auf das phänomenologische Prinzip des Gestalt-Kreises bringen, das besagt, ein Gegenstand zeigt sich immer nur in einer Gestalt, die vom Betrachter 'mit konstituiert' oder 'mit geschaffen' wird. Darauf wird noch weiter eingegangen. Jedenfalls kommen wir aus diesem Kreis nicht heraus, was für die phänomenologische Methode bedeutet, dass sie nicht Gegenstände oder Gestalten beschreibt, 'wie sie sind', sondern immer nur, 'wie sie erscheinen'. Aber genau das macht die Phänomenologie so wichtig, denn die Qualität der Gestaltbeschreibung entscheidet mit über die 'Wirklichkeit' und 'Situation', in der sie und die Gestalt erscheint. Zwar arbeitet auch die Phänomenologie als Geisteswissenschaft mit Abstraktionen, aber diese dienen nicht der materialen Reproduktion - eher der begrifflichen Rekonstruktion -, sondern dem menschlichen Selbst-Verständnis und dem Verständnis seiner Lebenswelt. (GR-LS 39)