Der eigene Raum

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Autoren: Dr. Ero Langlotz, Dr. Thomas Latka

Einleitung

Selbst

Wir alle haben etwas Eigenes, Besonderes: Unser „SELBST“. Es unterscheidet uns von anderen, macht uns einmalig Unsere Sehnsucht ist es, dies Einmalige immer mehr zu entdecken, immer mehr zu entfalten.

Bindung

Die andere Sehnsucht ist die nach Zugehörigkeit, Nähe, nach Bindung. Als Kinder, klein, schwach, bedürftig, abhängig sind wir existentiell auf Zuwendung und Fürsorge angewiesen.

Dilemma – Oder schreckliches Missverständnis?

Aber auch später kann das Bedürfnis nach Nähe sehr stark sein, kann zu Überanpassung und Verschmelzung führen. Dann scheint es, dass Nähe zum Gegenüber nur möglich ist durch Verzicht auf Selbst-Verbindung, so als sei das Selbst gefährlich für die Beziehung. Um sich Selbst wieder zu finden, glauben manche, ganz auf Nähe verzichten zu müssen, so als sei der Andere bedrohlich für die Verbindung mit sich selbst. Nicht selten „kippen“ sie zwischen diesen Extremen hin und her. Ein schicksalhaftes Dilemma? Oder ein schreckliches Missverständnis?

Autonomie

Wenn wir unser Leben immer mehr von diesem „Selbst“ bestimmen lassen, dann leben wir selbstbestimmt, nach unserem eigenen inneren Gesetz, dann sind wir auto-nom (griechisch: „autos“ selbst, „nomos“ Gesetz).

Identität

Wenn wir mit uns selbst identisch sind, dann werden wir auch für Andere sichtbar, als der/die, die wir eigentlich sind. Das macht uns echt, „authentisch“. Das gibt uns Ausstrahlung, macht uns anziehend für andere.

Beziehung

Zwei Partner, die in dieser Weise authentisch sind, sich im autonomen Modus befinden, ziehen sich gegenseitig an. Und diese gegenseitige Anziehung ist die Grundlage für eine erwachsene partnerschaftliche Beziehung, in der beide sich selbst und den anderen achten. Das gibt dieser Art von Beziehung eine Freiheit, ermöglicht eine Liebe, die diese Beziehung kostbar macht.

Arbeit

Bereits in der Schule, noch mehr im Beruf sind wir einem enormen Erwartungsdruck ausgesetzt. Unser Eigenstes, unser Selbst ist anscheinend gar nicht gefragt, geschweige denn wahrgenommen. Du musst schon sehr fest mit dir selber verbunden sein, um diesem Anpassungsdruck zu widerstehen. Je mehr du dich mit fremden Erwartungen identifizierst – als wären sie für dich gültig – umso mehr läufst du Gefahr, die Verbindung mit dir selbst zu verlieren, dir selber fremd zu werden.

Transzendenz

Je mehr wir mit unserem Selbst verbunden sind, umso mehr spüren wir, dass es etwas Grösseres gibt, dessen Teil wir sind. Das Selbst – im Unterschied zum „Ich“ - spürt diese Verbindung. Der Arzt und Psychotherapeut Jung nannte daher das Selbst den „göttlichen Funken“ in uns.

Tagtäglich zeigen uns die Probleme unserer Zeit, in Beziehungen wie auch in der Weltpolitik, dass uns diese Verbindung mit uns Selbst fehlt, wie sehr wir dieser Orientierung an dem Grösseren Ganzen bedürfen, wie sehr wir unter einer „kollektiven Selbst- Entfremdung“ leiden. Das alles ist nicht neu. Warum gelingt es so wenigen, diese Einsichten zu leben?

Der eigene Raum

Es scheint, dass wir zu wenig beachten, dass

  • der EIGENE RAUM die Grundvoraussetzung ist, um mit sich selbst, den eigenen Wünschen und Bedürfnissen verbunden zu sein.
  • Dieser Raum hat eine Grenze zum Raum des Anderen.
  • Das Achten der eigenen Grenze verhindert die Vermischung, ermöglicht es, zwischen sich und dem Anderen zu unterscheiden.
  • Das Achten der fremden Grenze respektiert den Anderen so wie er ist, verhindert Übergriffe und Manipulation – meist als liebevolle Fürsorge getarnt.

Das Paradox der Grenze: Sie schafft eine gesunde Distanz, welche Anziehung, Kontakt, Achtung und Liebe ermöglicht! Die Grenze, die gesunde Distanz macht es möglich, gleichzeitig die Nähe zum Gegenüber zu haben, und mit sich selber verbunden zu sein.

DAS ist die Lösung des oben genannten „Dilemmas!

Wenn die zentrale Bedeutung dieses INNEREN RAUMES für die seelische Struktur berücksichtigt wird, dann wird es möglich, die seelische Entwicklung des Menschen und deren Störungen auf eine neue Weise zu beschreiben. Bereits bekannte „Mosaiksteine“ ordnen sich zwanglos zu einem neuen Bild.

Dies neue Bild ermöglicht Helfern wie auch den Betroffenen selbst, verfahrene Situationen besser zu verstehen. Es zeigt neue, und erstaunlich wirksame Lösungsmöglichkeiten auf.


Der eigene Raum

Leben braucht physischen Raum

Jedes Leben findet irgendwo statt, hat also einen Raum. Schon Einzeller haben eine Zellraum, in dem sich das Leben abspielt. Über die Grenzen haben Einzeller mit der Umwelt durch einen Stoffwechsel Kontakt, der Nahrung aufnimmt und Absonderungen ableitet.

Leben braucht psychischen Raum

Jeder Mensch braucht nicht nur eine körperlichen Raum, sondern auch einen psychischen Raum zum Leben. Leben braucht also ganz verschiedene Arten von Räumen, körperlich wie psychisch. Der psychische Raum geht über meinen körperlichen Raum hinaus und bildet sozusagen eine "Pufferzone" um meinen eigenen Körper, deren Überschreitung als aufdringlich, verletzend oder bedrohlich empfunden wird. Dieser psychischer Raum lässt sich als Boot vorstellen, auf dem man sich befindet. Er hat eine Fläche und kann verschiedene Dinge tragen. So können andere dort Zumutungen oder Erwartungen abladen, wenn sie Zugang zu diesem Boot haben.

Doch ist der psychische Raum meist unbewusst, und wird erst bemerkt, wenn etwas meinen Bereich stört, einengt oder bedroht, wenn ihn jemand ohne meine Erlaubnis betritt, oder wenn mein Raum zu eng ist und dadurch meinen gewohnten Spielraum einschränkt.

Raum erfordert Abgrenzung

Menschliches Leben ist grundsätzlich "raumgreifend", d.h. es bedarf Raum der auch gegen Fremdansprüche abzugrenzen ist. Ohne eine Form der Abgrenzung ist menschliches Leben nicht möglich. Es kann daher immer zu "Raumkonflikten" kommen, in denen Menschen mit verschiedenen Interessenslagen z.B. dasselbe Territorium beanspruchen und als das ihre betrachten. Viele menschliche Konflikte lassen sich daher als "Raumkonflikte" verstehen.

Grenzmarkierungen schaffen äußere Ruhe

Um Raumkonflikte zu vermeiden bieten sich psychische Grenzmarkierungen an, die man setzen kann, um den anderen zu zeigen, bis wohin sie gehen können, ohne dass es zu Verletzungen kommt, die durch Aggressionen bekämpft werden würden. Es gilt daher sich auf Grenzmarkierungen zu bestehen, und diese klar zu behaupten, damit durch die Anerkennung dieser auch Ruhe einkehren kann.

Innerer Konflikt zwischen Sicherheit und Nähe: Grenzdilemma

Die Einigung der Grenzmarkierungen ist aber nicht nur im Außen zu suchen, sondern auch im Innen. Denn sind die Grenzen zu weit gezogen, dann verhindern sie den Kontakt zu anderen und beschränken die eigene Freiheit in unnötiger Weise.

Es kommt also zum inneren Dilemma zwischen Sicherheit und Nähe, die mit jeder Grenzziehung verbunden ist: Räumliche Abgrenzung bedeutet Schutz vor Eindringen und Verletzung, verhindert jedoch den Kontakt zu Anderen und beschränken die eigene Freiheit.

Unsichtbarkeit des psychischen Raumes

Im allgemeinen wird angenommen, dass der psychische Raum unsichtbar ist. Wir sehen nicht was im Raum der anderen ist, und spüren auch häufig selbst bei unserem eigenen psychischen Raum nicht, was sich darin alles befindet, und ob es wirklich hier hinein gehört.

Die eigene Mitte

Menschen, die eine eigene Mitte spüren, haben damit auch einen Punkt, von dem ihre Intuition ausgehen kann. Der Verlust dieser Mitte, wie er mit dem ständigen Katastrophenmodus unserer Psyche einhergeht, sorgt für jene fehlende Wahrnehmung des eigenen Selbst, die verhindert, intuitiv einen Weg einzuschlagen. (MW-KK 88)

Die eigene Grenze

Die Grenze oder Barriere bezeichnet eine Linie bzw. einen Bereich, der der Lokomotion Widerstand entgegensetzt, sei dieser physischer, emotionaler oder sozialer Art. Im Lebensraum begegnen wir daher den Qualitäten der leiblichen Widerstandserfahrung wieder. (F-LRP 307)

Achtung der eigenen Grenze

Achtung der fremden Grenze

Außerhalb des eigenen Raumes

Wer "außer sich" ist, wer "neben sich steht", kann nicht gleichzeitig in sich ruhen und seine Mitte spüren. (MW-KK 102)

Gegenteil:

  • er ist mit sich selbst eins
  • er ruht in sich selbst
  • er fühlt seine Mitte
  • er ist ganz bei sich
  • er steht mit sich und der Welt in Einklang

Entwicklung des eigenen Raumes

Schon im Mutterleib stehen wir in Kontakt mit der Welt. An erster Stelle mit der eigenen Mutter, in dessen Bauch wir groß werden. Die erste und wichtigste Behausung ist daher die Mutter-Kind-Sphäre, die auch nach der Geburt in den ersten Lebensjahren die wichtigste Voraussetzung für die seelische Entwicklung des Kindes wie auch für eine adäquate Ausreifung des Gehirns ist.

Nach der Geburt verwandelt sich die pränatale Symbiose von Mutter und Kind eine eine dialogische Beziehung, in der Mutter und Kind als Teile eines dynamischen Resonanzsystems erscheinen. Aufgrund der Resonanzstruktur des Leibes ist das Kind in diesem Raum von Anfang an zur Kommunikation mit der Mutter fähig und wendet sich ihr aktiv zu. Die frühkindiche Kommunikation besteht im wesentlichen im unwillkürlichen leiblichen Mitvollzug, in mimetischer und komplementärer Resonanz.

Erst später entwickelt sich aus der "anonymen" Sphäre Selbst und Anderer als eigenständige Pole heraus und treten einander gegenüber. Erst dann werden Handlungen und Wahrnehmungen auf Selbst und Anderen verteilt. Für die Unterscheidung in Selbst- und Fremdwahrnehmung spielt die kinästhetische Rückmeldung der eigenen Körperbewegung eine wesentliche Rolle. Dann erst kann es zu Imitation oder "Nach-Ahmung" als gezielte Wiederholung des beobachteten Verhaltens kommen, die bereits die Abgrenzung von Selbst und Anderem voraus setzt.

Der Säugling hat nur "Protoaffekte", die nur im Kontakt mit der Mutter Richtung und Bedeutung erhalten. Den Gefühlen fehlt noch die "Selbstbezüglichkeit"; der Säugling kann nicht sich freuen, sondern nur zusammen mit der Mutter Freude empfinden. ... 'Gefühle sind ursprünglich im "Zwischen" beheimatet, eingebettet in die leibliche Kommunikation von Mutter und Kind.

Mit der Geburt verwandelt sich die pränatale Symbiose von Mutter und Kind in eine dialogische, "zwischenleibliche" Beziehung. (F-DG 184)

Zwischenleiblichkeit als dynamisches Resonanzsystem: Interaffektivität

... dass hier zwei Organismen zu einem dynamischen Resonanzsystem zusammenschließen: "Zwischen (...) meinem Leib, so wie ich ihn erlebe, (...) und dem des Anderen, so wie ich ihn von außen sehe, herrscht ein inneres Verhältnis, welches den Anderen als die Vollendung des Systems erscheinen lässt." (Merleau-Ponty 1965, 404). (F-DG 202)

Die Frage, die sich hier anschließt, ist die nach der Differenzierung in der Gemeinsamkeit: Wie wird verhindert, dass es aufgrund der primären undifferenzierten Aktivität des Spiegelsystems zu einer Konfusion oder Verschmelzung von Selbst- und Fremdwahrnehmung kommt? - ... Die sichere Abgrenzung dürfte vor allem durch die Erfahrung der Urheberschaft ("agency") für die eigenen Handlungen zustandekommen: Selbstinitiierte Bewegungen sind mit einem Aktivitätsbewusstsein verbunden, das sie von beobachteten Bewegungen unterscheidet. Dazu kommt die kinästhetische Rückmeldung der eigenen Körperbewegung. (F-DG 202)

Selbstinitiierten Aktionen entspricht eine Aktivierung in der linken, wahrgenommenen fremden Aktionen einer Aktivierung in der rechten Hemisphäre. Dabei spielt die bereits erwähnte inferiore Parietalregion eine entscheidende Rolle (...). (F-DG 202)

Auch wenn diese Forschungen derzeit noch im Fluss sind, deuten sie jedenfalls darauf hin, dass es auch auf biologischer Ebene eine gemeinsame intersubjektive Matrix für die Wahrnehmung von Handlungen und Gefühlen gibt, die erst durch sekundäre Differenzierung auf Selbst- und Fremdwahrnehmung verteilt wird. Dem entspräche auf phänomenologischer Ebene der Primat der Zwischenleiblichkeit als einer, wie Merleau-Ponty es auch ausdrückt, "anonymen" Sphäre, aus der sich Selbst und Anderer zunehmend als eigenständige Pole entwickeln und einander gegenübertreten. (F-DG 203)

Die neuere Säuglingsforschung hat die Vorstellung Freuds und Mahlers von einer "primär-narzistischen" oder "autistischen" Phase am Anfang der Entwicklung korrigiert. Das Weltverhältnis des Säuglings lässt sich vielmehr als reine Zwischenleiblichkeit beschreiben. Zwar gibt es für den Säugling noch keine deutliche Unterscheidung von Innen und Außen, von propriozeptiven und Fremdreizen, "Ich" und "Nicht-Ich"; sein Leib reicht so weit wie das Erleben. Erst schrittweise grenzt sich in der Erfahrung von spontaner Bewegung und Widerständen der Körper als Eigenraum ab. Leib und Raum fallen also ursprünglich ineins. Aber aufgrund der Resonanzstruktur des Leibes ist das Kind in diesem Raum von Anfang an auch zur Kommunikation mit der Mutter fähig und wendet sich ihr aktiv zu. ... Die frühkindiche Kommunikation besteht im wesentlichen im unwillkürlichen leiblichen Mitvollzug, in mimetischer und komplementärer Resonanz. Hingegen setzt die Imitiation oder "Nach-Ahmung" als gezielte Wiederholung des beobachteten Verhaltens bereits die Abgrenzung von Selbst und Anderem voraus und entwickelt sich erst viel später (Stern 1998, 204) (F-LRP 275)

Ohne die mütterliche Resonanz bleiben dem Säugling auch seine emotionale Regungen unwirklich. Denn er erlebt noch keine eigentlichen, intentionalen und personale Gefühle, sondern "Protoaffekte", die nur im Kontakt mit der Mutter Richtung und Bedeutung erhalten. Den Gefühlen fehlt noch die "Selbstbezüglichkeit"; der Säugling kann nicht sich freuen, sondern nur zusammen mit der Mutter Freude empfinden. ... Gefühle sind ursprünglich im "Zwischen" beheimatet, eingebettet in die leibliche Kommunikation von Mutter und Kind. (F-LRP 276)

ab 7. Monat: Selbst-Bezüglichkeit

Erst ab dem siebten Monat entdeckt das Kind, dass es Gefühle selbst erleben und dann mit Anderen teilen kann; die zwischenleibliche Einheit beginnt allmählich einer bipolaren Kommunikation, einer "Beziehung" zu weichen. Dies dokumentiert sich in einer neuen, symbolischen Form der Interaktion: in der Gestik, und dabei besonders im Zeigen. (F-LRP 276)

Vertrauen und Ermutigung der Eltern sind Voraussetzung für die aktive Zuwendung zur Welt und damit für die Erschließung und Eroberung des Raumes (explorierend-expansives Verhalten). Erfährt das Kind dabei einschneidende Hemmungen, Misserfolge oder Bestrafungen, so wird sein Explorationsvermögen und damit sein Lebensraum dauerhaft eingeschränkt (ängstlich-gehemmtes oder introvertiertes Verhalten. (F-LRP 312)

Oknophil - philobat

Die Neunmonatsrevolution: sekundäre Intersubjektivität

- Höhepunkt der Synaptogenese

  • Joint Attention:

Im Alter von zehn bis zwölf Monaten beginnen Babys, sich gemeinsam mit Erwachsenen Gegenständen zuzuwenden und sich dabei ihrer Aufmerksamkeit durch kurze Blicke zu vergewissern, was als "joint attention" bezeichnet wird. Bald gehen die Babys auch dazu über, die Aufmerksamkeit der Erwachsenen durch "deiktische Gesten" auf Dinge zu lenken: Sie zeigen (proximal) und deuten (distal) auf Objekte, die die Anderen sehen sollen. (F-DG 204)

  • Soziale Bezugnahme

im 2. Lebensjahr: Selbst-Wahrnehmung

An die Stelle der überwiegend zentripetalen Bewegungen der Säuglingszeit (Saugen, Ergreifen) tritt im 2. Lebensjahr mehr und mehr die zentrifugal gerichtete Exploration, ermöglicht durch den aufrechten Gang. Sich erheben können, "auf eigenen Beinen stehen", die Balance halten und damit spielen, all dies bedeutet nicht nur eine Trennung von der Erde, sondern auch ein "erhebendes" Glücks- und Machtgefühl, das sich in zunehmend häufigeren, neugiergeleiteten Entfernungen von der Mutter äußert. (F-LRP 279)

Die Übernahme der Außenperspektive geschieht erstmals im "Nein", weil sie überhaupt nur als Negation, als "Nichtung" der leiblichen Zentralität möglich ist. Das Kind verinnerlicht die Interaktion mit der Mutter zu einem inneren Dialog; es spricht mit sich, in dem es sich selbst wiederspricht und sich so zum Objekt macht. Der Widerspruch bringt die "Verdopplung" des Selbst, Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstheit hervor. Das Kind "inkorporiert" die Negativität einer fremden Perspektive und nimmt damit eine exzentrische Position zu sich selbst ein: Indem es sich entgegnet, begegnet es sich selbst. Reflexion entsteht, wie bereits ausgeführt, aus der Inversion der primären leiblichen Richtungen, d.h. wesentlich aus Versagung und Verneinung. (F-LRP 280)

Die Basis der Perspektivübernahme ist die Zwischenleiblichkeit, die Fähigkeit des Leibes zur Assimilation begegnender Leiblichkeiten. Denn damit sich das Kind als von einem Anderen Wahrgenommen erfahren kann, muss es den anderen Leib in der "Paarung" als ähnlichen erkennen, d.h. ihn in zwischenleiblicher Resonanz erleben. Ebenso bedeutsam ist aber die Erfahrung der Fremdheit des Anderen, der dem Kind distanzierend, versagend und negierend gegenübertritt. Es ist diese Erfahrung einer Dialektik von Ähnlichkeit und Fremdheit des Anderen, die dem Kind eine erste Reflexion des eigenen leiblichen Selbst vermittelt. (F-LRP 292)

mit 3: das Gegenüber erkennen

Erst mit nahezu drei Jahren ist ein Kind in der Lage, sich selbst und, abgegrenzt davon, das Gegenüber zu erkennen: "Ich bin ein Mensch und du bist ein Mensch." Erst damit wäre eine Aufnahmefähigkeit für verhaltenspädagogische Ansätze vorhanden. (MW-KK 42f)

Aus der Zwischenleiblichkeit herausgeworfen

Die Bewegung der Reflexion lässt sich nun so ausdrücken: Das Leib-Sein oder Leib-Selbst wird, herausgeworfen aus der ursprünglichen (Zwischen-)Leiblichkeit, zum Ich-Selbst, das seinen Körper hat. (F-LRP 294)

Erst das gefühlte Leib-Selbst vermag dem außenorientierten Selbst-Bild eine authentische Basis zu geben und so das autonome Selbst zu begründen. (F-LRP 296)

Kindheit

Kinder werden heute in großer Zahl im Rahmen einer Symbiose groß. So bezeichne ich eine Form der Beziehungsstörung, die sich hauptsächlich im familiären Rahmen, also zwischen Eltern und Kindern, beobachten lässt. Eltern unterscheiden dabei nicht mehr zwischen sich und ihrem Kind, sondern denken und handeln, als wenn es sich beim Nachwuchs um einen Teil ihrer selbst handeln würde. Aus diesem Grunde spreche ich von einer Symbiose, also einer Verschmelzung der Psyche von Eltern und Kind. Dabei ist wichtig zu wissen, dass dieser Vorgang unbewusst ist. (MW-KK 11)

Es hat aber seinen Grund, warum ein partnerschaftlicher Erziehungsstil erst bei Jugendlichen im pubertierenden Alter nach und nach angebracht ist. Jüngere Kinder werden davon restlos überfordert, ihre Psyche bildet sich maßgeblich in Abhängigkeit vom Verhalten der sie umgebenden Erwachsenen, also insbesondere der Eltern. (MW-KK 14)

symbiotische Beziehungsstörung (MW-KK 35)

Ich habe die zunehmenden Entwicklungsstörungen von Kindern und Jungendlichen im emotionalen und sozialen Bereich analysiert und dabei aufgezeigt, welche Hintergründe dafür verantwortlich sind. Mit dem dreistufigen Modell der Beziehungsstörungen

  • Partnerschaftlichkeit
  • Projektionen
  • Symbiose
lässt sich erklären, warum bei den betroffenen Kindern bekannte pädagogische Erklärungsansätze nicht greifen und wie das Problem an der Wurzel angegriffen werden kann. Geht man davon aus, dass die psychische Entwicklung von Kindern auf Grund von gestörten Beziehungen zwischen ihnen und den Erwachsenen nicht richtig vorankommt, schließt das automatisch die Frage nach der Entstehung dieser Beziehungsstörungen mit ein. An dieser Stelle kommt die Erkenntnis zum Tragen, dass das "System Gesellschaft" in den Mittelpunkt der Betrachtungen rücken muss. Der ungeheure Druck, der auf jedem einzelnen Elternteil bzw. auch auf Erwachsenen lastet, die beruflich mit Kindern umgehen, treibt viele ins Hamsterrad, nimmt die innere Ruhe und zerstört das Gefühl für unsere Mitte. (MW-KK 39f)

Pubertät

Partnerschaft

Elternschaft

Wir alle brauchen diese innere Ruhe, weil sie für ein angemessenes Verhalten in menschlichen Beziehungen, gerade auch zu Kindern und Jugendlichen, unerlässlich ist. Wer ruhig ist, sich ganz "bei sich selbst" fühlt, kann intuitiv richtig handeln, weil er sich von äußerem Druck viel seltener zu Fehlhandlungen verleiten lässt. Mit Intuition ist dabei der Ausgangspunkt ruhigen und sinnvollen Handelns gemeint. (MW-KK 45)

Der katastrophengeschädigte Erwachsene kompensiert dieses Defizit unbewusst über die Beziehung zum Kind, indem er entweder geliebt werden will (Projektion) oder, wie ich es heute ind er Mehrzahl der Fälle sehe, psychisch mit dem Kind verschmilzt (Symbiose) und damit stellvertretend für das Kind denkt, fühlt und handelt, es somit sehr häufig zu steuern und zu bestimmen versucht. (MW-KK 137)

Der erwachsene Mensch ruht nicht mehr in sich und erlebt sich damit auch gegenüber dem Kind nicht mehr abgegrenzt und besonnen, sonder er ist "außer sich", greift damit auch bildlich gesehen inden Bereich des Kindes ein, und zwar unabhängig von dessen Alter. Das führt beispielsweise zum Phänomen der "Helicopter Partents", derjenigen also, die ständig über ihren Kindern "kreisen" und sich scheinbar selbstlos für sie einsetzen. Wobei selbstlos in diesem Kontext auch wieder so ein verräterisches Wort ist. "Der Erwachsene ist sein Selbst los" wäre nämlich auch eine passende Beschreibung für die Verhaltensweise im Angesicht der Katastrophe. Dort geht es ja nicht mehr um eine aus dem Selbst entstehende Handlungsweise, sondern man ist in Gefahr, nur noch aus einer Ohnmacht und Überforderung heraus zu reagieren. (MW-KK 138)

Exkurs: Online-Sein

Online zu sein bedeutet immer auch ein "woanders sein". Ich bin nicht bei mir selbst, wenn ich online bin, sondern vernetze mich intensiv mit anderen. (MW-KK 61)

Systemische Selbst-Integration

Genug Mahnung, was tun?

Nun ist es nicht so, dass es keine mahnenden Stimmen gäbe. Der Buchmarkt ist voll von Ratgebern und Analysen, die den Überfluss geißeln, zur Bescheidenheit mahnen und uns darauf hinweisen, dass bisweilen weniger mehr sein kann. ... (MW-KK 44)

Es kann also nicht nur um unsere Erkenntnisfähigkeit gehen, das Problem scheint auf einer rein verstandesmäßigen Ebene nicht endgültig lösbar zu sein. Deswegen begreife ich selbst mich auch nicht als Mahner, sondern versuche, über meine Analyse Ansatzpunkte zu Auswegen aus der Krises zu liefern. (MW-KK 45f)

Beschreibung der Methode: Systemisch-Topologische Therapie

Wie ist diese Methode entstanden?

Systemisches Verständnis von Symbiose und Autonomie

Autonomie-Fragebogen

Fehlentwicklungen

Traumatisierte Eltern

  • Beispiel, Theorie

Erfahrung von Gewalt

Beispiel, Theorie

Früher Verlust einer Bezugsperson

  • Beispiel, Theorie

Identifikation mit früh verstorbenem Geschwister

  • Beispiel, Theorie

Sonstige Faktoren

Kollektive Symbiose

Symbiotische Familiensysteme

Symbiotische Sozialsysteme

"Wir leben zumeist außerhalb unser selbst, und das Leben ist eine fortwährende Ablenkung. Und doch zieht es uns zu uns selbst wie zu einem Mittelpunkt, um den wir gleich Planeten absurde, ferne Ellipsen beschreiben." (Pessoa) Etwa 100 Jahre, nachdem Pessoa dies schrieb, haben die absurde Ellipsen zugenommen. Immer mehr Menschen leben nicht nur zumeist, sondern quasi ständig außerhalb ihrer selbst. Intuition wird in diesem Zustand fast unmöglich, und das Fatale ist, dass dadurch gleichzeitig auch vernünftiges Handeln immer schwieriger wird. (MW-KK 87)

Wenn der äußere Reiz fehlt, droht Langeweile und Beschäftigung mit uns selbst, Dinge, die wir nicht aushalten. Doch was wir dabei nicht aushalten, das sind letztlich eben gerade wir selbst. Wir halten uns selbst nichtmehr aus, ein Zustand, der für den Menschen des 21. Jahrhunderts fast zum Grundgefühl der eigenen Befindlichkeit geworden ist.

Damit findet eine innere Entmächtigung statt: Wenn wir uns selbst nicht mehr aushalten, sind wir auch nicht mehr unser eigenen Herr. Unbewusst suchen wir nach dauernden Fremdbestimmung. Auf diese Weise jedoch kommen wir nicht mehr mit der Außenwelt klar, weil wir das Heft des Handelns nicht mehr in der Hand haben. (MW-KK 101f)

Religion und Symbiose

Kollektive Destruktion und kollektive Entfremdung

Prophylaxe und Therapie

Das hier vorgestellte Konzept ist mit tiefenpsychologischen, verhaltenstherapeutischen und „humanistischen“ Konzepten kompatibel. Es ergänzt sie und kann ihre Wirkung verstärken.

Neue Aufklärung

„Do It Yourself“

Autonomie an Schulen, in Firmen

Systemische Selbst-Integration