Der eigene Raum
Einleitung
Selbst
Wir alle haben etwas Eigenes, Besonderes: Unser „SELBST“. Es unterscheidet uns von anderen, macht uns einmalig Unsere Sehnsucht ist es, dies Einmalige immer mehr zu entdecken, immer mehr zu entfalten.
Bindung
Die andere Sehnsucht ist die nach Zugehörigkeit, Nähe, nach Bindung. Als Kinder, klein, schwach, bedürftig, abhängig sind wir existentiell auf Zuwendung und Fürsorge angewiesen.
Dilemma – Oder schreckliches Missverständnis?
Aber auch später kann das Bedürfnis nach Nähe sehr stark sein, kann zu Überanpassung und Verschmelzung führen. Dann scheint es, dass Nähe zum Gegenüber nur möglich ist durch Verzicht auf Selbst-Verbindung, so als sei das Selbst gefährlich für die Beziehung. Um sich Selbst wieder zu finden, glauben manche, ganz auf Nähe verzichten zu müssen, so als sei der Andere bedrohlich für die Verbindung mit sich selbst. Nicht selten „kippen“ sie zwischen diesen Extremen hin und her. Ein schicksalhaftes Dilemma? Oder ein schreckliches Missverständnis?
Autonomie
Wenn wir unser Leben immer mehr von diesem „Selbst“ bestimmen lassen, dann leben wir selbstbestimmt, nach unserem eigenen inneren Gesetz, dann sind wir auto-nom (griechisch: „autos“ selbst, „nomos“ Gesetz).
Identität
Wenn wir mit uns selbst identisch sind, dann werden wir auch für Andere sichtbar, als der/die, die wir eigentlich sind. Das macht uns echt, „authentisch“. Das gibt uns Ausstrahlung, macht uns anziehend für andere.
Beziehung
Zwei Partner, die in dieser Weise authentisch sind, sich im autonomen Modus befinden, ziehen sich gegenseitig an. Und diese gegenseitige Anziehung ist die Grundlage für eine erwachsene partnerschaftliche Beziehung, in der beide sich selbst und den anderen achten. Das gibt dieser Art von Beziehung eine Freiheit, ermöglicht eine Liebe, die diese Beziehung kostbar macht.
Arbeit
Bereits in der Schule, noch mehr im Beruf sind wir einem enormen Erwartungsdruck ausgesetzt. Unser Eigenstes, unser Selbst ist anscheinend gar nicht gefragt, geschweige denn wahrgenommen. Du musst schon sehr fest mit dir selber verbunden sein, um diesem Anpassungsdruck zu widerstehen. Je mehr du dich mit fremden Erwartungen identifizierst – als wären sie für dich gültig – umso mehr läufst du Gefahr, die Verbindung mit dir selbst zu verlieren, dir selber fremd zu werden.
Transzendenz
Je mehr wir mit unserem Selbst verbunden sind, umso mehr spüren wir, dass es etwas Grösseres gibt, dessen Teil wir sind. Das Selbst – im Unterschied zum „Ich“ - spürt diese Verbindung. Der Arzt und Psychotherapeut Jung nannte daher das Selbst den „göttlichen Funken“ in uns.
Tagtäglich zeigen uns die Probleme unserer Zeit, in Beziehungen wie auch in der Weltpolitik, dass uns diese Verbindung mit uns Selbst fehlt, wie sehr wir dieser Orientierung an dem Grösseren Ganzen bedürfen, wie sehr wir unter einer „kollektiven Selbst- Entfremdung“ leiden. Das alles ist nicht neu. Warum gelingt es so wenigen, diese Einsichten zu leben?
Der eigene Raum
Es scheint, dass wir zu wenig beachten, dass
- der EIGENE RAUM die Grundvoraussetzung ist, um mit sich selbst, den eigenen Wünschen und Bedürfnissen verbunden zu sein.
- Dieser Raum hat eine Grenze zum Raum des Anderen.
- Das Achten der eigenen Grenze verhindert die Vermischung, ermöglicht es, zwischen sich und dem Anderen zu unterscheiden.
- Das Achten der fremden Grenze respektiert den Anderen so wie er ist, verhindert Übergriffe und Manipulation – meist als liebevolle Fürsorge getarnt.
Das Paradox der Grenze: Sie schafft eine gesunde Distanz, welche Anziehung, Kontakt, Achtung und Liebe ermöglicht! Die Grenze, die gesunde Distanz macht es möglich, gleichzeitig die Nähe zum Gegenüber zu haben, und mit sich selber verbunden zu sein.
DAS ist die Lösung des oben genannten „Dilemmas!
Wenn die zentrale Bedeutung dieses INNEREN RAUMES für die seelische Struktur berücksichtigt wird, dann wird es möglich, die seelische Entwicklung des Menschen und deren Störungen auf eine neue Weise zu beschreiben. Bereits bekannte „Mosaiksteine“ ordnen sich zwanglos zu einem neuen Bild.
Dies neue Bild ermöglicht Helfern wie auch den Betroffenen selbst, verfahrene Situationen besser zu verstehen. Es zeigt neue, und erstaunlich wirksame Lösungsmöglichkeiten auf.
Der eigene Raum
Der körperliche Raum
- Zelle
- Tier
- Mensch
Stoffwechsel
Grenzen
Der phänomenale Raum
- meine Wünsche, Bedürfnisse und Erwartungen
Der vergessene phänomenale Raum
Seit 500 v.Chr. wird Raum als dimensionaler verstanden, d.h. als ein Körperraum, der sich von der als unräumlich gedachten Psyche unterscheidet. Die Reduzierung des Raumes auf objektive bestimmbare Dimensionen hat zu vielen Erfolgen in Forschung und Wissenschaft geführt und verstärkte die Tendenz, Räumlichkeit nur objektiv dimensionale zu verstehen. So leben wir einer Welt, in der es für viele Menschen außer dem äußeren sichtbaren Raum nichts weiteres Räumliches gibt. Nach den jahrhundertealten philosophischen Begriffen zu urteilen, ist unser psychisches Befinden völlig unräumlich und ortlos, fast schon u-topisch.
Der erlebte phänomenale Raum
Trotzdem haben wir ein Gefühl für unseren eigenen gefühlten Raum, wenn uns zum Beispiel ein persönliches Gespräch sehr nahe geht, oder uns ein Ziel als zu weit entfernt erscheint. Häufig können wir unseren Raum und die Grenze darin fühlen, auch wenn uns ein Begriff dafür fehlt. Wir nennen ihn den "inneren Raum", aber er ist eigentlich nicht innen, sonder umgibt uns und verbindet uns mit anderen räumlichen Wesen. Es ist unser eigener Raum, den wir zum Leben brauchen, wie die Luft zum Atmen. Dieser eigene Raum ist sowohl körperlich wie psychisch spürbar, und damit jenseits der Trennung von Körper und Psyche. Es ist der leiblich spürbare Raum unser lebendiges Da-Sein. Wir kommen auf die Welt und sind da. Wir sind in den Raum Geworfene.
Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts fand der erlebte phänomenale Raum Rücksicht in der Philosophie:
- Dürckheim: "Der gelebte Raum ist für das Selbst Medium der leibhaftigen Verwirklichung, Gegenform oder Verbreiterung, Bedroher oder Bewahrer, Durchgang oder Bleibe, Freme oder Heimat, Material, Erfüllungsort und Entfaltungsmöglichkeit, Widerstand und Grenze, Organ und Gegenspieler dieses Selbsts in seiner augenblicklichen Seins- und Lebenswirklichkeit." (Graf Dürkheim, S. 389. Z.n.: OFB-MuR 20)
- Minskowski: Der Raum reduziert sich für uns nicht auf geometrische Beziehungen, die wir festsetzen, als wenn wir selbst, auf die einfache Rolle neugieriger oder wissenschaftlicher Zuschauer beschränkt, uns außerhalb des Raums befänden. Wir leben und handeln im Raum, und im Raum spielt sich ebenso sehr unser persönliches Leben ab wie das kollektive Leben der Menschheit. (Minkowski, Le temps vècu, S. 367. Zit.n. OFB-MuR 19f)
- Bollnow: "Der Mensch befindet sich nicht im Raum, wie ein Gegenstand sich etwa in einer Schachtel befindet, und er verhält sich auch nicht so zum Raum, als ob zunächst etwas wie ein raumloses Subjekt vorhanden wäre, das sich dann hinterher auch zu einem Raum verhielte, sonder das Leben besteht ursprünglich in diesem Verhältnis zum Raum und kann davon nicht einmal in Gedanken abgelöst werden." (OFB-MuR 23)
Person und Welt bestehen nicht getrennt, sondern konstituieren einander. Die Frage "wer bin ich?" ist untrennbar mit der Frage verbunden: "Wie ist die Welt beschaffen, in der ich lebe?". "Was steht mir Nahe? Was steht mir fern?"
Bei Lewin geht es nur um Richtungen, bei uns auch um Orte.
Mein Leib als erster Raum
- Meinhaftigkeit des Leibes
Einleibung
Mein persönlicher Raum
Leben braucht psychischen Raum
Jeder Mensch braucht nicht nur eine körperlichen Raum, sondern auch einen psychischen Raum zum Leben. Leben braucht also ganz verschiedene Arten von Räumen, körperlich wie psychisch. Der psychische Raum geht über meinen körperlichen Raum hinaus und bildet sozusagen eine "Pufferzone" um meinen eigenen Körper, deren Überschreitung als aufdringlich, verletzend oder bedrohlich empfunden wird. Dieser psychischer Raum lässt sich als Boot vorstellen, auf dem man sich befindet. Er hat eine Fläche und kann verschiedene Dinge tragen. So können andere dort Zumutungen oder Erwartungen abladen, wenn sie Zugang zu diesem Boot haben.
Doch ist der psychische Raum meist unbewusst, und wird erst bemerkt, wenn etwas meinen Bereich stört, einengt oder bedroht, wenn ihn jemand ohne meine Erlaubnis betritt, oder wenn mein Raum zu eng ist und dadurch meinen gewohnten Spielraum einschränkt.
Raum erfordert Abgrenzung
Menschliches Leben ist grundsätzlich "raumgreifend", d.h. es bedarf Raum der auch gegen Fremdansprüche abzugrenzen ist. Ohne eine Form der Abgrenzung ist menschliches Leben nicht möglich. Es kann daher immer zu "Raumkonflikten" kommen, in denen Menschen mit verschiedenen Interessenslagen z.B. dasselbe Territorium beanspruchen und als das ihre betrachten. Viele menschliche Konflikte lassen sich daher als "Raumkonflikte" verstehen.
Grenzmarkierungen
Um Raumkonflikte zu vermeiden bieten sich psychische Grenzmarkierungen an, die man setzen kann, um den anderen zu zeigen, bis wohin sie gehen können, ohne dass es zu Verletzungen kommt, die durch Aggressionen bekämpft werden würden. Es gilt daher sich auf Grenzmarkierungen zu bestehen, und diese klar zu behaupten, damit durch die Anerkennung dieser auch Ruhe einkehren kann.
Innerer Konflikt zwischen Sicherheit und Nähe: Grenzdilemma
Die Einigung der Grenzmarkierungen ist aber nicht nur im Außen zu suchen, sondern auch im Innen. Denn sind die Grenzen zu weit gezogen, dann verhindern sie den Kontakt zu anderen und beschränken die eigene Freiheit in unnötiger Weise.
Es kommt also zum inneren Dilemma zwischen Sicherheit und Nähe, die mit jeder Grenzziehung verbunden ist: Räumliche Abgrenzung bedeutet Schutz vor Eindringen und Verletzung, verhindert jedoch den Kontakt zu Anderen und beschränken die eigene Freiheit.
Unsichtbarkeit des psychischen Raumes
Im allgemeinen wird angenommen, dass der psychische Raum unsichtbar ist. Wir sehen nicht was im Raum der anderen ist, und spüren auch häufig selbst bei unserem eigenen psychischen Raum nicht, was sich darin alles befindet, und ob es wirklich hier hinein gehört.
Die eigene Grenze
Achtung der eigenen Grenze
Achtung der fremden Grenze
Entwicklung des eigenen Raumes
Pränatale Symbiose: Ein Leib
- Eigene Zellen
- Pränatalzeit
Geworfen werden in die Welt: Geburt und frühe Kindheit
- Eigene Atmung
Zwischenleiblichkeit als dynamisches Resonanzsystem: Interaffektivität
ab 7. Monat: Selbst-Bezüglichkeit
Oknophil - philobat
Die Neunmonatsrevolution: sekundäre Intersubjektivität
- Höhepunkt der Synaptogenese
- Joint Attention:
- Soziale Bezugnahme
im 2. Lebensjahr: Selbst-Wahrnehmung
Aus der Zwischenleiblichkeit herausgeworfen
Kindheit
symbiotische Beziehungsstörung (MW-KK 35)
Ich habe die zunehmenden Entwicklungsstörungen von Kindern und Jungendlichen im emotionalen und sozialen Bereich analysiert und dabei aufgezeigt, welche Hintergründe dafür verantwortlich sind. Mit dem dreistufigen Modell der Beziehungsstörungen
- Partnerschaftlichkeit
- Projektionen
- Symbiose
Pubertät
Partnerschaft
Familie
Systemische Selbst-Integration
Systemisch-Topologische Therapie: Raumpflege
Beschreibung der Methode
Wie ist diese Methode entstanden?
Systemisches Verständnis von Symbiose und Autonomie
Autonomie-Fragebogen
Fehlentwicklungen
Traumatisierte Eltern
- Beispiel, Theorie
Erfahrung von Gewalt
Beispiel, Theorie
Früher Verlust einer Bezugsperson
- Beispiel, Theorie
Identifikation mit früh verstorbenem Geschwister
- Beispiel, Theorie
Kollektive Symbiose
Symbiotische Familiensysteme
Symbiotische Sozialsysteme
Religion und Symbiose
Kollektive Destruktion und kollektive Entfremdung
Prophylaxe und Therapie
Das hier vorgestellte Konzept ist mit tiefenpsychologischen, verhaltenstherapeutischen und „humanistischen“ Konzepten kompatibel. Es ergänzt sie und kann ihre Wirkung verstärken.