Multichannel-Erlebnis und ganzheitliche Pädagogik: Unterschied zwischen den Versionen
Admin (Diskussion | Beiträge) |
Admin (Diskussion | Beiträge) |
||
Zeile 10: | Zeile 10: | ||
Der Erfolg der Mutlichannel-Strategie wird aber letztlich nicht durch die Anzahl der Kanäle bestimmt, auch wenn Untersuchungen von Softwareherstellern dies natürlich glaubhaft vermitteln wollen. Denn ebenso wie in der Pädagogik bestimmt nämlich nicht die Anzahl der erlebten Sinne den Lernerfolg, sondern die ganzheitliche Bedeutsamkeit einer konkreten Situation. | Der Erfolg der Mutlichannel-Strategie wird aber letztlich nicht durch die Anzahl der Kanäle bestimmt, auch wenn Untersuchungen von Softwareherstellern dies natürlich glaubhaft vermitteln wollen. Denn ebenso wie in der Pädagogik bestimmt nämlich nicht die Anzahl der erlebten Sinne den Lernerfolg, sondern die ganzheitliche Bedeutsamkeit einer konkreten Situation. | ||
− | Die Ganzheit des Erlebnisses ist daher auch im Multichannel mehr als die Summe seiner Teile und lässt sich auch nicht alleine durch eine geschickte Vernetzung der Kanäle erreichen. Die Multichannel-Erfahrung ist auch nicht die durch E-Commerce getriebene virtuelle Produkt-Erfahrung auf den Bildschirmen von Handy, Tablet oder PC. | + | Die Ganzheit des Erlebnisses ist daher auch im Multichannel mehr als die Summe seiner Teile und lässt sich auch nicht alleine durch eine geschickte Vernetzung der Kanäle erreichen. Die Multichannel-Erfahrung ist auch nicht die durch E-Commerce getriebene virtuelle Produkt-Erfahrung auf den Bildschirmen von Handy, Tablet oder PC. Multichannel ist keine Mehrkanal-Bilderflut. Denn eine Flut von Bildern, denen keine reale, leibliche Begegnung entspricht, hinterlässt auch keine bleibenden Eindrücke, sondern eher eine Leere, die eine Sucht nach immer neuen Bildern erzeugt. Dem entgegen will Multichannel gerade eine bleibende Erlebnisqualität erzeugen. |
− | == | + | == Transparenz der Kanäle == |
− | + | Die Kanäle und Sinne sollen als solche nicht ins Bewusstsein rücken, sondern zum Medium werden, durch das uns die Welt zugänglich und verfügbar wird. "So richtet sich die Aufmerksamkeit etwa beim Lesen oder Schreiben nicht mehr auf die einzelnen Buchstaben oder Fingerbewegungen, sondern direkt auf die intendierten Worte. Der Blinde nimmt seine Umgebung vermittels eines Stockes wahr (und zwar an der Spitze, nicht an der Hand). Der geübte Autofahrer hat sich das Fahrzeug "einverleibt", also ein Gefühl für seine Maße und sein Fahrverhalten entwickelt, so wie der erfahrene Seemann ein Gefühl für sein Schiff hat." Auch im Multichannel müssen die Kanäle transparent werden für das was sich zeigen soll. Die Kanäle selbst haben keine Botschaft sondern nur den Sinn, das Durchscheinen zu ermöglichen. | |
+ | |||
+ | == Wiederkehr der Ähnlichkeit == | ||
+ | Die Transparenz der Kanäle ermöglicht es, dass Ähnliches trotz unterschiedlicher Kanäle wiedererkennbar wird. Aristoteles schreibt: "Die Kunst entsteht dann, wenn sich aus vielen durch die Erfahrung gegebenen Gedanken eine allgemeine Annahme über das Ähnliche bildet". Erfahrung basiert daher auf erkennbare Ähnlichkeit ist somit etwas ganz anderes als das Sammeln von kanalspezifischen Daten. Eine echte Multichannel-Erfahrung ist daher keine quasi-hypnotische Sinnesreizung auf allen Kanälen, sondern eine Erfahrung der Vertrautheit durch Ähnlichkeit: Etwas "erinnert" an etwas anderes, sieht im gleich, kommt einem bekannt vor. | ||
+ | |||
+ | == Mit Multichannel gegen die Bilderflut == | ||
+ | "Lernen mit allen Sinnen" versucht sich gegen die Bilderflut der digitalisierten Welt zu behaupten, in der schon Kinder mehr als 4 Stunden täglich vor einem Bildschirm sitzen. Multichannel kann ebenso einen Gegenakzent setzen und gegen die Bilderflut und Entsinnlichung der modernen Welt dem Kunden mehr ganzheitliche bleibende Eindrücke über alle Kanäle hinweg ermöglichen. Dass bedeutet dann konkret hin zu den realen Orten des Geschehens, in denen man auch leiblich präsent sein kann, jenseits der virtualisierten Touchpoints in einer omnipräsenten Bilderwelt. | ||
+ | |||
+ | == Die Gemeinsinn-Erfahrung == | ||
+ | Wie auch beim "Lernen mit allen Sinnen" soll nicht jeder Sinn einzeln angesprochen werden, sondern der menschliche Leib mit all seinen Sinnen als "Gemeinsinn" oder ''sensus communis''. Ein Multichannel-Erlebnis schließt die eigenleiblichen Empfindungen ebenso ein wie die atmosphärische Qualitäten von Situationen, die sich überhaupt nur ganzheitlich, mit einem "sechsten Sinn" erfassen lassen. Ein ganzheitliches Multichannel-Erlebnis ist daher mehr wie die Summe kanalspezifischer Sinneserlebnisse. | ||
== Der Kunde als Konzertdirigent == | == Der Kunde als Konzertdirigent == | ||
− | Über den Kanälen schwebt förmlich die Melodie, die auf jedem Kanal ihren charakteristischen Instrumentalklang behält. Der Multichannel-Kunde soll im Konzert der Kanäle die gewünschte Melodie auf ganz unterschiedlichen Instrumenten erfahren dürfen, um damit die Melodie als transponierbare Gestaltqualität überhaupt erst kennen zu lernen. Der Multichannel-Kunde versteht sich daher nicht als passiver Empfänger von virtuellen Bildern, sondern als Konzertbesucher, der sich zugleich als Dirigent in eine synästhetischen, atmosphärischen Gesamtsituation als autonom Handelnder erleben möchte. Wahrnehmen und Bewegung bleibt in dem Multichannel-Erlebnis stets ineinander verschränkt | + | Über den Kanälen schwebt förmlich die Melodie, die auf jedem Kanal ihren charakteristischen Instrumentalklang behält. Der Multichannel-Kunde soll im Konzert der Kanäle die gewünschte Melodie auf ganz unterschiedlichen Instrumenten erfahren dürfen, um damit die Melodie als transponierbare Gestaltqualität überhaupt erst kennen zu lernen. Der Multichannel-Kunde versteht sich daher nicht als passiver Empfänger von virtuellen Bildern, sondern als Konzertbesucher, der sich zugleich als Dirigent in eine synästhetischen, atmosphärischen Gesamtsituation als autonom Handelnder erleben möchte. Wahrnehmen und Bewegung bleibt in dem Multichannel-Erlebnis stets ineinander verschränkt. |
+ | |||
+ | Nicht geringer ist der Anspruch der ganzheitlichen Pädagogik, der den Lernern die Wahl der Sinnesangebote ebenso ermöglicht, wie die Entdeckung von neuen Fragen in angeleiteten pädagogische Situation. Und ohne diese Ausrichtung auf diese situative Ganzheit, in der sich Lerner wie Kunde beide befinden, entsteht keine Bedeutsamkeit, die den den nächsten Schritt einleitet. Im Multichannel ebenso wenig wie in der Pädagogik. |
Version vom 18. Oktober 2011, 06:49 Uhr
Multichannel als Lernen mit allen Sinnen!
Ganzheitliche Pädagogik: Lernen mit allen Sinnen
Multichannel ist nicht neu. Schon der Schweizer Pädagoge Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827) hat das Lernen mit allen Sinnen in der Pädagogik eingebracht und spricht vom Lernen mit "Kopf, Herz und Hand". Damit spricht er drei wichtige Kanäle an, die als Ganzheit für das menschliche Lernen und die persönliche Weiterentwicklung wichtig sind. Er ist distanziert sich damit von nur verkopften, theoretischen Lernangeboten, und möchte den Schülern ein ganzheitliches Lernerlebnis bieten. Mit diesem Anspruch gilt er er „Symbol der Aufklärungspädagogik“ und als „Begründer der modernen Sozialpädagogik“.
Auch Multichannel nutzt alle Kanäle und Sinne
Auch ein echtes Multichannel-Angebot versucht, durch durch mehrere abgestimmte Kanäle den Kunden zu erreichen un ihm ein einheitliches Produkt- und Markenerlebnis anzubieten. Und dazu werden immer neue Kanäle entwickelt und Touchpoints kreiert sowie untereinander vernetzt. Es gibt immer neue Apparaturen in Form von Devices wie Mobiles oder Tablets, die sich zu ganz neuen Kanälen etablieren. So werden von technikbegeisterten Multichannel-Strategen auch in Zukunft einige neue Kanäle und Touchpoints etabliert, die es auch alle zu vernetzen gilt.
Nicht die Menge der Kanäle oder Grad der Vernetzung entscheidet
Der Erfolg der Mutlichannel-Strategie wird aber letztlich nicht durch die Anzahl der Kanäle bestimmt, auch wenn Untersuchungen von Softwareherstellern dies natürlich glaubhaft vermitteln wollen. Denn ebenso wie in der Pädagogik bestimmt nämlich nicht die Anzahl der erlebten Sinne den Lernerfolg, sondern die ganzheitliche Bedeutsamkeit einer konkreten Situation.
Die Ganzheit des Erlebnisses ist daher auch im Multichannel mehr als die Summe seiner Teile und lässt sich auch nicht alleine durch eine geschickte Vernetzung der Kanäle erreichen. Die Multichannel-Erfahrung ist auch nicht die durch E-Commerce getriebene virtuelle Produkt-Erfahrung auf den Bildschirmen von Handy, Tablet oder PC. Multichannel ist keine Mehrkanal-Bilderflut. Denn eine Flut von Bildern, denen keine reale, leibliche Begegnung entspricht, hinterlässt auch keine bleibenden Eindrücke, sondern eher eine Leere, die eine Sucht nach immer neuen Bildern erzeugt. Dem entgegen will Multichannel gerade eine bleibende Erlebnisqualität erzeugen.
Transparenz der Kanäle
Die Kanäle und Sinne sollen als solche nicht ins Bewusstsein rücken, sondern zum Medium werden, durch das uns die Welt zugänglich und verfügbar wird. "So richtet sich die Aufmerksamkeit etwa beim Lesen oder Schreiben nicht mehr auf die einzelnen Buchstaben oder Fingerbewegungen, sondern direkt auf die intendierten Worte. Der Blinde nimmt seine Umgebung vermittels eines Stockes wahr (und zwar an der Spitze, nicht an der Hand). Der geübte Autofahrer hat sich das Fahrzeug "einverleibt", also ein Gefühl für seine Maße und sein Fahrverhalten entwickelt, so wie der erfahrene Seemann ein Gefühl für sein Schiff hat." Auch im Multichannel müssen die Kanäle transparent werden für das was sich zeigen soll. Die Kanäle selbst haben keine Botschaft sondern nur den Sinn, das Durchscheinen zu ermöglichen.
Wiederkehr der Ähnlichkeit
Die Transparenz der Kanäle ermöglicht es, dass Ähnliches trotz unterschiedlicher Kanäle wiedererkennbar wird. Aristoteles schreibt: "Die Kunst entsteht dann, wenn sich aus vielen durch die Erfahrung gegebenen Gedanken eine allgemeine Annahme über das Ähnliche bildet". Erfahrung basiert daher auf erkennbare Ähnlichkeit ist somit etwas ganz anderes als das Sammeln von kanalspezifischen Daten. Eine echte Multichannel-Erfahrung ist daher keine quasi-hypnotische Sinnesreizung auf allen Kanälen, sondern eine Erfahrung der Vertrautheit durch Ähnlichkeit: Etwas "erinnert" an etwas anderes, sieht im gleich, kommt einem bekannt vor.
Mit Multichannel gegen die Bilderflut
"Lernen mit allen Sinnen" versucht sich gegen die Bilderflut der digitalisierten Welt zu behaupten, in der schon Kinder mehr als 4 Stunden täglich vor einem Bildschirm sitzen. Multichannel kann ebenso einen Gegenakzent setzen und gegen die Bilderflut und Entsinnlichung der modernen Welt dem Kunden mehr ganzheitliche bleibende Eindrücke über alle Kanäle hinweg ermöglichen. Dass bedeutet dann konkret hin zu den realen Orten des Geschehens, in denen man auch leiblich präsent sein kann, jenseits der virtualisierten Touchpoints in einer omnipräsenten Bilderwelt.
Die Gemeinsinn-Erfahrung
Wie auch beim "Lernen mit allen Sinnen" soll nicht jeder Sinn einzeln angesprochen werden, sondern der menschliche Leib mit all seinen Sinnen als "Gemeinsinn" oder sensus communis. Ein Multichannel-Erlebnis schließt die eigenleiblichen Empfindungen ebenso ein wie die atmosphärische Qualitäten von Situationen, die sich überhaupt nur ganzheitlich, mit einem "sechsten Sinn" erfassen lassen. Ein ganzheitliches Multichannel-Erlebnis ist daher mehr wie die Summe kanalspezifischer Sinneserlebnisse.
Der Kunde als Konzertdirigent
Über den Kanälen schwebt förmlich die Melodie, die auf jedem Kanal ihren charakteristischen Instrumentalklang behält. Der Multichannel-Kunde soll im Konzert der Kanäle die gewünschte Melodie auf ganz unterschiedlichen Instrumenten erfahren dürfen, um damit die Melodie als transponierbare Gestaltqualität überhaupt erst kennen zu lernen. Der Multichannel-Kunde versteht sich daher nicht als passiver Empfänger von virtuellen Bildern, sondern als Konzertbesucher, der sich zugleich als Dirigent in eine synästhetischen, atmosphärischen Gesamtsituation als autonom Handelnder erleben möchte. Wahrnehmen und Bewegung bleibt in dem Multichannel-Erlebnis stets ineinander verschränkt.
Nicht geringer ist der Anspruch der ganzheitlichen Pädagogik, der den Lernern die Wahl der Sinnesangebote ebenso ermöglicht, wie die Entdeckung von neuen Fragen in angeleiteten pädagogische Situation. Und ohne diese Ausrichtung auf diese situative Ganzheit, in der sich Lerner wie Kunde beide befinden, entsteht keine Bedeutsamkeit, die den den nächsten Schritt einleitet. Im Multichannel ebenso wenig wie in der Pädagogik.