Tatsache

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Tatsachen finden sich folglich nicht nur auf der "Weltseite", wie das wissenschaftliche Weltbild anzunehmen neigt, sondern auch auf der Seite dessen, der sich zu den Tatsachen auf dieser "Weltseite" verhält. (MG-WW 168)

Die Privilegierung bestimmter Tatsachen im Namen des Realismus ist folglich unbegründet und verfehlt. (MG-WW 169)

Harte und weichte Tatsachen

Im Zeichen der wissenschaftlichen, objektivierenden Erkenntnis hat sich seit der Barockzeit ein Sprachgebrauch durchgesetzt, dem die objektiven Tatsachen als die harten gelten, als die Wirklichkeit, an der sich nicht rütteln lässt. Ihnen werden nicht subjektive Tatsachen gegenübergestellt, sondern bloß subjektive Meinungen, in denen das Belieben einen Spielraum hat. Das Subjektive im Sinn des bloßen Meinens bleibt unverbindlich, bis es auf die harten objektiven Tatsachen stößt, die sein Belieben brechen. Ich verlasse die Ansicht, die sich so ausdrückt, und stelle den objektiven Tatsachen noch härtete subjektive an die Seite, die dem Erfahrenen erst das Gewicht des schicksalhaften, ganz konkreten Wirklichem verleihen. Dagegen verblasst die Welt der bloß objektiven Tatsachen zum Schattenreich, das zwar unentbehrlichen Anteil am Wirklichen hat, aber nicht Gewicht und Farbe des gelebten Lebens. (S-S III 3, 528)

Subjektive und objektive Tatsache

Die subjektiven Tatsachen unterscheiden sich von den bloß objektiven durch die Nuance der Subjektivität. (S-III3 529)

Tatsächlichkeiten.png

Man unterscheidet:

Die Unterscheidung selbst ist ontologisch, nicht linguistisch, denn sie enthält keine Angaben über die Beschaffenheit von Sprachen. (S-LU 86)

Das Lebensrecht der Philosophie beruht also auf der Erfahrung, dass die Objektivität von den gewichtigen Tatsachen, die für jemand subjektiv sind, in Frage gestellt und zwischen beiden Klassen eine Vermittlung erforderlich wird. Eine wesentliche Aufgabe der Philosophie besteht darin, zwischen beiden Sorten von Tatsachen in die Mitte zu treten. (MG-PMS 33)

neutrale Tatsache
ontologische 3. Person
subjektive Tatsache
ontologische 1. Person
Person
Nicht Perspektive
  • Subjekt als Subjekt:
    • "Ich bin traurig" als linguistiche 1. Person-Aussage aber ontologische 3. Person-Aussage als Kombination von
Tatsächlichkeit geringeres Maß:
  • präperiert
  • abgeblasst
  • zurechtgemacht
höheres Maß:
  • lebendig
  • dringlich
Zugänglichkeit auffindbar als verlorenes Gut, das man zufällig auf der Straße findet schälen sich im Zug der personalen Emanzipation heraus
Inhalt Inhaltsgleichheit

Inhaltsgleichheit

Eine andere wichtige Auswertung des Unterschieds betrifft das Verhältnis einer Tatsache zu ihrem Inhalt. Zwischen subjektiven und objektiven Tatsachen gibt es keinen unüberwindlichen Inhaltsunterschied. (S-GedW 52)

Das liegt an der potentiellen Inhaltsgleichheit. (S-GedW 54f)

Aus der Inhaltsgleichheit objektiver und subjektiver Tatsachen ergibt sich, dass die Notwendigkeit aller Attribute für die durch sie bestimmte Sache (...) nicht von den objektiven Tatsachen auf die für jemand subjektiven vererbt, denn in diesen Attributen, abgesehen von seinen affektiven Betroffensein, liegt nichts, das zu schließen gestattete, dass er sie hat. (S-GedW 53)

Mischung beider Tatsächlichkeiten

Aber man darf diese Welt, in der sich subjektive und objektive Tatsachen, Programme und Probleme mischen, nicht auf das Maß einer Welt bloß objektiver Tatsachen zurückstutzen. Dann verliert man sich aus dem Blick und wird sich doch nicht los. (S-GedW 58)

Überführung der Tatsächlichkeiten

Von Subjektiv nach Objektiv

Von den subjektiven Tatsachen aus sind die objektiven erreichbar. Das geschieht willkürlich durch Objektivität als eine Haltung, in der von der Subjektivität des affektiven Betroffenseins abgesehen wird. Darunter braucht das Nahegehen nicht zu leiden; es handelt sich nur darum, neben die subjektive Tatsache eine neutrale gleichen Inhalts zu stellen, die jene verdrängen kann, aber nicht muss. (S-GedW 54)

Zwar gewinnt die Person durch die Neutralisierung von Tatsachen ungeheuer an Möglichkeiten und Weite des Horizonts, aber den Tatsachen selbst bringt diese Neutralisierung eine Verarmung. Im Abstieg von der Subjektivität zur Neutralität gewinnt die Person Distanz und Übersicht. Dazu bedarf sie der Vereinzelung und in deren Gefolge der Neutralisierung von Bedeutungen und Verfremdung von Sachen. (S-GedW 57f)

Siehe: 4. Hauptsatz der Subjektivität

Von Objektiv nach Subjektiv

Durch noch so großes Auffüllen einer objektiven Tatsache, z.B. durch ausdrückliche Erwähnung des affektiven Betroffenseins in ihrer sprachlichen Beschreibung, kommt man nie an eine für jemand subjektive Tatsache heran, da der Unterschied nicht am Inhalt, sondern an der anderen Tatsächlichkeit liegt. Die subjektiven Tatsachen sind also reicher als die entsprechenden objektiven oder neutralen, deren Tatsächlichkeit durch den Ausfall der Subjektivität verarmt (gleichsam abgeblasst) ist. Wenn auch nicht inhaltlich, so doch sprachlich sind von den objektiven Tatsachen her die subjektiven aber doch erreichbar. (S-GedW 54f)

Nackte Tatsache

... "nackte Tatsachen", die nur von "der" Wirklichkeit - nicht von meiner oder deiner - abhängen und nicht durch irgend eine Zweckmäßigkeit des Wahren ersetzt werden können,... (S-GedW 35)

Eine echte Tatsache ist eine "nackte" oder bloße Tatsachen in dem Sinn, dass ihre Tatsächlichkeit bloß von dieser Stellung zum Sein abhängt, nicht von irgend einer anderen Eignung oder Zweckdienlichkeit und nicht von einer relativierenden Einschränkung auf diesen oder jenen Standpunkt. (S-GedW 38)

Ich will nun zeigen, dass es sich dabei um Tatsachen handelt, und zwar um bloße oder - wie die Redensart lautet - nackte Tatsachen, die ihre Legitimation als solche lediglich der Wirklichkeit verdanken und nicht der Eignung für irgend welche theoretischen oder praktischen Zwecke, und dass die Legitimation absolut ist, nicht relativierbar auf Perspektiven und Standpunkte. Ob deswegen die ganze Welt (unfertig) vorgegeben ist, ist nicht gesagt. Der Rückgang auf ein sicheres Fundament ist aber schon deshalb angezeigt, weil der idealistische Gegenspieler des Realismus in Gestalt des radikalen Konstruktivismus jede Vorgegebenheit abschaffen will. (S-GedW 33)

Auch sind objektive und für jemanden subjektive Tatsachen in gleicher Weise nackte oder bloße Tatsachen an sich ... Die Relativierung einer Tatsache durch ihre Subjektivität für jemand impliziert keine Abschwächung der Geltung für alle, sondern verweist auf die besondere Zugehörigkeit der Tatsache zu einem Bewussthaber, auf ihre Intimität. (S-GedW 55)

Siehe: Evidenz, Wahrheit, Aussage, Behauptung

Subjektive Tatsachen als Ausgangspunkt

Nur von subjektiven Tatsachen her sind die objektiven erreichbar. (S-DRdN 182)

Durch keine Menge objektiver Tatsachen kann eine für jemand subjektive Tatsache zutreffend begründet werden. (S-LU 87)

Subjektive Tatsachen sind sozusagen in höherem Maß als objektive Tatsachen tatsächlich; sie haben die Lebendigkeit des blutvoll und dringlich Wirklichen, während die bloß objektive, allein durch objektive Tatsachen konstituierte Welt so etwas wie ein Präparat ist, abgeblasst und zurechtgemacht für Erzählungen in der dritten grammatischen Person ... (S-DuG, 7)

Wenn Strawson sich Bewusstsein dagegen so vorstellt, als ob Schmerzen usw. als Sachen aufgelesen und angeeignet würde wie verlorenes Gut, das man zufällig auf Straße wiederfindet, bleibt er im Bereich der objektiven Tatsachen, die doch viel blasser, minder gewichtig oder blutvoll und gleichsam nicht so voll-wirklich sind wie die subjektiven, aus denen sie sich auch erst im Zug der personalen Emanzipation herausschälen. (S-V 9)