Subjektivität

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Subjektivität und Objektivität

Ontologische Unterscheidung für Bedeutungen aller Art

Bisher habe ich nur von subjektiven und objektiven Tatsachen gesprochen, weil diese Gegenüberstellung neu ist und wichtige ontologische Folgen hat. Sie lässt sich aber auf Bedeutungen jeder Art ausdehnen, also auf untatsächliche Sachverhalte, Programme und Probleme. Auf all diesen Feldern gibt es den Unterschied zwischen Subjektivität für jemand und Neutralität (Objektivität). (S-LU 88)

Subjektivität der Tatsachen

Subjektivität existiert nur durch subjektive Tatsachen.

Neben neutralen Tatsachen gibt es auch subjektive Tatsachen.

Subjektive Tatsachen sind damit nicht nur rein subjektiv im Sinne von rein beliebig.

Die Subjektivität liegt eben nicht in speziellen Nuancen des Sachverhalts, sondern in der Involviertheit der jeweiligen Person. (B-LaA 48)

Subjektivität der Gefühle

Gefühle sind subjektiv, insofern sie nur durch eigenes Fühlen am eigenen Leib wahrgenommen werden können. Gefühle sind aber kein subjektiver Besitz (Possessorisches Missverständnis).

Gefühle können aber auch objektiv sein, wenn sie von mehreren vom gleichen Standpunkt aus gefühlt werden.

Kritik von Fuchs: Die Subjektivität liegt nur im Spüren als solchem, nicht im Gespürten. (Fuchs in S-WNP 181)

Subjektivität als Basis der Objektivität

Wegfall der Subjektivität erlaubt Objektivität.

Objektivität ist ohne Subjektivität nicht möglich, da alles Wahrnehmen leiblich ist, und nur nachträglich verobjektiviert (vergegenständlicht) werden kann.

Subjektivität liegt nicht in der radikalen Singularität der Erfahrung des Einzelmenschen, sondern vielmehr in dessen Involviertheit in Tatsachen, also seiner Betroffenheit durch sie. Damit hat man nicht mehr nötig, im Sinne des "individuum est ineffabile" das Subjekt zum schlechthin Unsagbaren zu deklarieren, weil man sich nämlich intersubjektiv über den Sachgehalt der jeweils subjektiven Erfahrungen sehr wohl verständigen kann. Diese Form der Intersubjektivität gründet also nicht in einem wie auch immer vom Subjekt unabhängig gedachten Objekt, sondern hat seine Basis in der sprachlich vermittelten Verständigung zwischen Subjekten. Diese Sichtweise wird getragen vom Konzept der "subjektiven Tatsachen", das heißt der Anerkennung von Sachverhalten, deren Erfahrung an die Betroffenheit einer Person durch sie gebunden ist, deren Sachverhalt aber gleichwohl - die entsprechende Artikulationsfähigkeit vorausgesetzt - kommunizierbar ist. (B-Fest80 30f)

Was aber bedeutet es, Subjektivität ernster zu nehmen als bisher? Zunächst, dem alten Paradigma von Körper und Geist unterworfenen Vorstellungen einer Subjektivität als Perspektive der unwirklichen und privaten Wirklichkeit, die der Objektivität als für alle geltende 'wahre Wirklichkeit' entgegengesetzt ist, kritisch zu begegnen. Dann zeigt sich, dass Subjektivität nicht einfach der letzte Rest dessen ist, was nicht mehr weiter objektiviert und auf Tatsachen gebracht werden kann, sondern - in gewisser Weise umgedreht - überhaupt erst als Quelle der 'Vergegenständlichung' oder 'Objektivierung' in den Blick genommen werden muss, da sie über eine eigene Tatsächlichkeit ihrer Sachverhalte verfügt. (GR-LuS 52)

Subjektivität ohne Subjekt

Subjektivität ist ursprünglicher eine Eigenschaft von Tatsachen als von Subjekten. (S-H 49)

Subjektivität ist an der Wurzel nicht eine Eigenschaft von Subjekten, die Objekte sich gegenüber haben, sondern eine Eigenschaft der subjektiven Tatsachen des affektiven Betroffenseins. (S-BE 100)

Das Subjekt hat sich im Zustand des affektives Betroffenseins (präreflexive Subjektivität) in eine Situation aufgelöst, und es gibt keinen mehr, der sich ängstigt, sondern nur noch das affektive Betroffensein in der primitiven Gegenwart.

Siehe: Leib als Konkretisierung des abstrakten Begriffs Subjekt

Unterscheidungen

Leibliche und kognitive Subjektivität

Unterscheidung des Selbstbewusstseins:

Leibliche Subjektivität

So wie Subjektivität notwendig verkörpert ist, so ist ein geeignet organisierter, lebendiger Körper notwendig auch subjektiv. (F-DG 120)

Die Subjektivität des Denkens und de Fühlens und des Sehens ist jeweils die gleiche, nämlich leiblich, auch wenn die 'Tätigkeiten' unterschieden sind. (GR-LS 353)

Kognitive Subjektivität

Ziel: Neubestimmtung der Subjektivität, diese verstanden als das Der-sein-der-er-ist für einen jeden Bewussthaber (Bewussthaber = Subjekt). (S-WNP 15)

Reflexive und Präreflexive Subjektivität

Präreflexive Subjektivität

Das präreflexive Selbstbewusstsein konstituiert sich in der Affektion durch die Leiblichkeit und ist im Unterschied zum reflexiven Selbstbewusstsein eigenständig. Das präreflexive Selbstbewusstsein etabliert sich aus der Leiblichkeit heraus in der Weise, dass die Leiblichkeit qua Leiblichkeit eine Instanz in der Wahrnehmung ihrer selbst konstituiert, die man sich nach dem Modell der Doppelempfindung vorstellen kann, die jedoch, wie bereits kritisch angemerkt, keiner taktile Außenstimulation bedarf. (AB-BuB 90)

Das Subjekt hat sich, wenn ich mich panisch in der Dunkelheit fürchte, in eine Situation aufgelöst, und das Selbstbewusstsein besteht dann in der spezifischen Subjektivität der Tatsachen des affektiven Betroffenseins, hier die Angst, ohne einen, der sich ängstigt. (S-H 38f)

Wer ganz in tiefe, dumpfe Trauer versunken ist, kann nicht einmal mehr "Ich bin traurig" sagen, denn wegen der Versunkenheit hat er niemand mehr, dem er die Trauer zuschreiben könne, und trotzdem geht sie ihm so nah, dass er nicht nur objektiv betroffen ist, wie ein verbrannter Baum vom Blitz, sondern dies auch als eigenes Betroffensein spürt, als etwas, das ihn angeht; sonst wäre er nicht traurig. (S-H 48)

Das leibliche Ich erschöpft sich nicht in einer autoreflexiven Denkbewegung, auch wenn diese für Selbst-Bewusstsein notwendig ist. Ich bin immer mehr als (m)ein Denken; zumindest so lange, ich mich nicht selbstdenkend wegreduziere. (GR-LS 356)

Siehe: Ich, Selbstgewahrsein, affektives Betroffensein

Reflexive Subjektivität

Reflexive Subjektivität als Selbstbewusstsein und Selbstzuschreibung, als Ich

Positionale und strikte Subjektivität

Positionale Subjektivität

Subjektivität ist in gewissem Sinn ein zentrales Thema wichtiger Philosophen schon vor Fichte, etwa bei Descartes, Leibniz und Kant. Dabei handel es sich aber um bloß positionale Subjektivität, die die in irgend einer Weise ausgezeichnete Position einer Sache in einer - eventuell die ganze Welt umfassenden - Konstellation betrifft, nicht die eigene Art dieser Sache, die bei Kant ganz unbestimmt bleibt, bei Descartes aber das gewöhnliche Maß irgend welcher endlichen Substanzen nicht übersteigt. (S-WNP 376)

die Subjektivität eines (z.B. als Quelle der Gewissheit oder als spontan konstituierender Organisator des Umfelds möglicher Erfahrung fungierenden) Stelleninhabers, wobei unklar blieb, warum der gerade ich sein soll. Er geht mich so wenig an wie eine beliebige Sache im Milieu der objektiven Tatsachen, wie die res cogitans, die Descartes mit größter Selbstverständlichkeit aus dem cogito macht, ohne einen Verlust an Subjektivität zu befürchten. Leibniz interessiert sich für das Ich nur als Modell einer einfachen Substanz, das er für seine Monaden-Metaphysik braucht; Kant will in den siebziger Jahren, vor der Wendung zum kritizistischen Immamentismus des Paralogismenkapitels der KrV, eine Selbstanschauung des Ich als einfache, spontane Seelensubstanz aus dem bloßen Gebrauch der ersten Person des Singulars erweisen, ohne diesem Gebrauch und seiner Rechtmäßigkeit auf den Grund zu gehen, und belässt es später bei einer ihm unerklärlichen Spaltung des Selbstbewusstseins in ein bloß leer angezeigtes Ding an sich (...) und ein psychologisches Ich, das bloße Erscheinung ist, als Objekt. (S-DWdeP2 427f)

Strikte Subjektivität

Fichte

Fichte ist der Erste, dem das Rätsel der strikten die Eigenart des Gemeinten betreffenden Subjektivität aufgeht, die z.B. durch den Gebrauch des Wortes "ich" einer damit benannten Sache zugeschrieben wird. (S-WNP 376)

Erst Fichte besinnt sich auf Implikationen der Selbstzuschreibung. Daher hat er recht, wenn er dafür mehr Originalität auch Kant gegenüber in Anspruch nimmt. Jedoch ist die Subjektivität im strikten Sinn, die er als erster systematisch ins Auge fasst, gelegentlich schon in der Mystik aufgeblitzt, so bei Meister Eckhart und in der Theologia Deutsch des anonymen Frankfurters (vor 1497) ... (S-DWdeP2 427f)

Fichte hat seine Entdeckung der strikten Subjektivität niemals zur vollen Klarheit gebracht, sondern sie mit bösen Folgen für die Rezipienten und Verbreiter dieser Entdeckung durch verschiedene Gegenmotive verstellt. (S-DWdeP2 428)

Heidegger

"Jemeinigkeit" ist Heideggers Ausdruck für strikte Subjektivität, die er als rezessiv durch Abspreizung des Was vom Dass des Seins in Möglichkeit entfremdete, als "Existenz" in seiner Ausdrucksweise, versteht. (S-HuH 293)

Das leitende Thema Heidegers vom Einsatz der Lebensphilosophie (1919) bis zum Eintritt in die Transzendenzphase (1927 oder 1928) ist die Exposition und Rehabilitierung der strikten Subjektivität, der "'wirklichen'" die er gegen Rickert und Husserl verteidigt; ... (S-HuH 411)

Horizontale und Vertikale Subjektivität

Vertikale Subjektivität

In der Tiefe des Unbewusssten

Horizontale Subjektivität

In der Breite des gelebten Beziehungsfeldes

Dabei kommt dem Leibgedächtnis eine besondere Rolle zu, insofern es die leiblichen und zwischenleiblichen oder Beziehungserfahrungen eines Menschen in implizit wirksame Bereitschaften verwandelt, die dem Lebensvollzug unbewusst zugrunde liegen. (F-LuU 4)

Siehe: Leibgedächtnis als Ort des Unbewussten

Subjektivität als Bereich oder Tatsächlichkeit

Subjektivität als:

  • eigener Bereich für jedes Subjekt im Milieu der objektiven oder neutralen Tatsachen, nämlich als private Innenwelt oder Seele, gleichsam einer Scheibe aus der großen Torte Welt.
  • Tatsächlichkeit eigener Art

Regionalisierung der Subjektivität

Diese Regionalisierung der Subjektivität macht aus mir ein Objekt unter Objekten, "Objekt" nicht im Sinn eines Gegenstandes oder Themas für das Nachdenken – denn das bin ich sicherlich –, sondern im Sinn einer in ihrem Sosein ausschließlich durch objektive Tatsachen bestimmte Sache. (S-BE 101)

Eigene Tatsächlichkeit: subjektive Tatsachen

Siehe: Subjektive Tatsachen

Subjektivität als affektives Betroffensein statt beobachtende Perspektive

Subjektivität als Perspektive unzureichend

Der Begriff Perspektive verführt auch gegen Nagels eigene Tendenz dazu, die Wahrnehmung an Gegenständen zu orientieren und nicht an Sachverhalten, Programmen oder Problemen. Gegenstände können aber nicht subjektiv sein. ... Es zeigt sich also, dass die enge Bindung von Subjektivität und Perspektivität untauglich ist. (MG-PMS 42)

Subjektivität als affektives Betroffensein

Die Subjektivität kommt nicht zur Welt hinzu, sondern entspringt mit ihr aus derselben Quelle, in die der erwachsene und besonnene Mensch eintaucht, wenn er die Fassung verliert, z.B. im elementar-leiblichen Betroffensein, ganz banal auch schon oder fast im Lachen und Weinen. Ich bezeichne diese Quelle als die primitive Gegenwart. (S-WzNP 15)

Siehe: Affektives Betroffensein, subjektive Tatsache

Personwerdung als Entfaltung der Subjektivität

Vereinzelung

Die Subjektivität entfaltet sich, indem der bloß absolut identische Bewussthaber des Lebens aus primitiver Gegenwart, z.B der Säugling, durch Selbstzuschreibung als Fall von Gattungen zum einzelnen Subjekt und zur Person wird. Die Personwerdung ist also eine Seite unter den fünf Seiten der Entfaltung der primitiven Gegenwart zur Welt. (S-ss 162)

Die primitive Gegenwart entfaltet sich nach ihren fünf Momenten hier, jetzt sein, diesen, ich zur Welt als dem Rahmen oder Feld möglicher Vereinzelung. (S-ss 161)

Neutralisierung von Bedeutung

Die Person mit ihrer Selbstzuschreibung ist schon da, aber in totaler Subjektivität aller Bedeutungen der Situation hilflos ausgeliefert, ohne bewegliche Reflexion. Um diese zu erlangen, müssen Bedeutungen neutralisiert, zu bloß noch objektiven Sachverhalten, Programmen und Problemen, die jeder aussagen kann, wenn er genug weiß und gut genug sprechen kann, herabgesetzt werden. ... Von einem Teil der Sachverhalte, Programme und Probleme fällt die Subjektivität für die Person ab und zieht sich auf einen Rest zusammen, der zur Keimzelle des Eigenen im Gegensatz zum Fremden wird. Aus der Neutralisierung von Bedeutungen ergibt sich in präzis definierbarer Weise das Fremdwerden von Sachen. (S-ss 162)

Die Neutralisierung subjektiver Bedeutungen als Grundlagen für die Unterscheidung des Eigenen vom Fremden ist personale Emanzipation. (S-ss 163)

Abschälung der Subjektivität

Das Abschälen braucht keine Tätigkeit zu sein; man kann auch sagen: Die Subjektivität fällt ab. (S-LuG 78)

Die Grenze zwischen Subjektivität für jemand und Objektivität im Bereich der Sachverhalte, Programme und Probleme bleibt das ganze Leben über flüssig und weiträumig beweglich wie bei Ebbe und Flut. Mit dem Rückzug vom Objektivierten beginnt die Ausbildung des Subjekts, das sich im subjektiv bleibenden Rest eine Domäne verschafft und von dem, was jedenfalls nicht zu ihm gehört, abhebt. (S-LuG 79)

Siehe: Abhebung des Eigenen vom Fremden

Entfremdung von Subjektivität

Doch hier geht es um den Grad der Entfremdung von Subjektivität; der durch eine radikale Objektivierungsbewegung die Grenzen zum Verträglichen zu überschreiten droht, ... (GR-LS 246)

Scheinbare Alternative zwischen ein rezessiven und transportativen Entfremdung der Subjektivität.

Siehe: Entfremdung

Hauptsätze der Subjektivität

1. Hauptsatz der Subjektivität

Das, was die Subjektivität ausmacht, ist also der Wirklichkeitsgehalt der Betroffenheit, denn der bleibt von einer Tatsächlichkeit, der man sich 'im Ernst' nicht entziehen kann. Ich kann zwar so tun, als ob ich nicht betroffen wäre, etwas indem ich die Betroffenheit überspiele, aber ich kann, wenn ich betroffen bin, nicht unbetroffen sein. Dies lässt sich als die Seinsgewissheit der Betroffenheit bezeichnen. Wenn ich betroffen bin, habe ich die Gewissheit, dass ich es bin, der betroffen ist. (GR-LS 53f)

Die Subjektivität der leiblichen Betroffenheit vermittelt Tatsächlichkeit durch seingewissheitliche Evidenz. (GR-LS 54)

2. Hauptsatz der Subjektivität

Der subjektive Wirklichkeitsgehalt einer Situation vermittelt als Maß der Betroffenheit seinsgewissheitliche Evidenz. D.h.: Je 'stärker' das Spüren, desto größer der seingewissheitliche Wirklichkeitsgehalt einer Erfahrung (bzw. Situation). Damit zeichnet sich auch das Prinzip der negativen Korrelation von Subjektivität und Objektivität ab. (GR-LS 64)

3. Hauptsatz der Subjektivität

Der objektive Wirklichkeitsgehalt einer Situation beruht auf intersubjektiver - und nicht primär seingewissheitlicher - Evidenz. D.h.: Der objektive Wirklichkeitsgehalt setzt primär Einigungsverfahren voraus, die auf einer Reduktion von Subjektivität beruhen. (GR-LS 64)

4. Hauptsatz der Subjektivität

Die Individuationsordnung von der Subjektivität zur Objektivität ist unumkehrbar. Man kommt von der Objektivität nicht zurück zur Subjektivität. (GR-LS 65)

Siehe: Überführung der Tatsächlichkeiten

Personalisierung der Subjektivität

Die Personalisierung der Subjektivität in der Dimension des Eigenen und des Fremden.

Personalisierung der Subjektivität.png
Quelle: http://www.teol.ku.dk/afd/ast/arrangementer/200911020/Hermann_Schmitz__tysk_Subjektivitaet.PDF/

Ursprünge

Das menschliche Nachdenken hat die Subjektivität, die dem Wirklichen das Gewicht und den Ernst des Lebens verleiht, lange nicht zum Thema erhoben.

  • Kant weiß noch nichts davon;
  • Fichte scheint als Erster auf die Spur gekommen zu sein,
  • aber Hegel hat sie wieder verlassen.
  • Erst die Existenzphilosophie hat wirklich Kenntnis von ihr genommen;
  • Heidegger gab der Subjektivität den Namen "Jemeinigkeit" ... (S-III 3, 529)

Vertreter:

Fichte

Zum zweiten ist mir unklar geblieben, warum die Subjektivität ihre wissenschaftliche Heimstatt nur in der Phänomenologie finden können soll. Weder hat die Phänomenologie dieses Phänomen entdeckt, noch ist das, was Schmitz zur Irreduzibilität subjektiver Tatsachen anführt, eine phänomenologiespezifische Erkenntnis. Die von Henrich als „Fichtes ursprüngliche Einsicht“ bezeichnete Irreduzibilität der de se-Perspektive ist vom Deutschen Idealismus bis zur neueren analytischen Philosophie des Selbstbewußtseins (Castañeda, Chisholm, Perry) Gegenstand vielfältiger Erörterung gewesen. (GK-NPG)

Die Entdeckung der Subjektivität bei Fichte und in der Frühromantik gelingt im Zeichen einer Entfremdung von den objektiven Tatsachen. ... Die Subjektivität fällt zunächst dadurch auf, dass sie im Bereich der objektiven Tatsachen nicht ohne Weiteres, d.h. nicht durch schlichtes Registrieren des Vorgefundenen, unterzubringen ist, in Fichtes Beispiel: Es sind objektive Tatsachen, dass dieser und jener schreibt, darunter auch ein gewisser Komplex von Zuständen und Vorgängen, die üblicherweise "Johann Gottlieb Fichte" genannt wird, aber woher soll ich wissen und das Recht der Behauptung nehmen, dass gerade ich es bin? (S-SaP 6)

Kierkegaards Ernst

Philosophen der genannten Tradtionslinie haben ... versucht, der Subjektivität ihr eigenes Recht zu geben und sie aus der erkenntnistheoretischen Konkurrenz mit der Objektivität zu befreien.

Den Anfang macht Soren Kierkegaard mit der Einführung der Existenzbegriffe. Sein Prototyp dafür ist der Begriff des Ernstes. Er verwendet in diesem Zusammenhang den Ausdruck Ernst nicht als Eigenschaft, wie etwas in dem Satz Herr X ist ein ernster Mann, sondern adverbial wie in dem Satz Mir ist es ernst mit der Philosophie. Ernst als Existenzbegriff ist also kein Prädikat, sondern bezeichnet eine Seinsweise, und zwar im Denken oder Handeln, insofern der Denkende und Handelnde sich in seinem Denken oder Handeln engagiert, das heißt, darin selbst mit auf dem Spiel steht. (B-LaA 45)

Heideggers Jemeinigkeit

Dasein ist jemeines, weil Dasein nur vorkommt als ein Sein von jemandem, dem es in seinem Sein um dieses selbst geht. (B-LaA 46)

Schmitz' subjektive Tatsachen

Hermann Schmitz hat dieses Moment der Sorge bei Heidegger oder der Beteiligung, des Engagements bei Kierkegaard mit dem Ausdruck der affektiven Betroffenheit bezeichnet und auf dieser Basis den Begriff der subjektiven Tatsache eingeführt. Subjektive Tatsachen sind nach ihm Tatsachen des affektiven Betroffenseins. (B-LaA 46)