Personale Emanzipation

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Das Ich als Zustand der personalen Emanzipation.

Prozess, in dem sich die objektiven Tatsachen aus den subjektiven herausschälen.

Definition

  • Personale Emanzipation ist Abstandnahme von primitiver Gegenwart durch Objektivierung subjektiver Sachverhalte, Programme und Probleme,
  • personale Regression dagegen deren Resubjektivierung im Rückfall auf primitive Gegenwart (lebhaftes affektives Betroffensein durch Gefühle oder – namentlich engende – leibliche Regungen, Erschüttzerung, Fassungslosigkeit, Jähzorn, Lachen, Weinen) oder in diffuse Ergossenheit ohne die Spitze des Plötzlichen (dumpfes Brüten, ekstatische Raserei usw.). (S-NIII 200)

Typen der personalen Emanzipation

Emanzipation

  • der Subjektivität: Objektivierung
  • des Dieses: Eindeutigkeit durch Identität und Verschiedenheit, setzt mit Überraschung und Enttäuschung ein
    • "Ein Frosch kann erschrecken, aber nicht überrascht und enttäuscht werden, weil sich in ihm die Gegenwart nicht entfaltet." (S-LuG 76)
  • des Daseins
  • des Hier
  • des Jetzt

Abhebung des Eigenen vom Fremden

Die personale Emanzipation bildet Niveaus aus, von denen eines höher als das andere ist, wenn es durch Neutralisierung und Verfremdung mehr Abhebung des Eigenen vom Fremden gestattet. Von einem höheren Niveau personaler Emanzipation aus ist ein niedrigeres ein Niveau personaler Regression. ... In Prozessen der personalen Emanzipation und personaler Regression bildet und entwickelt sich die (...) persönliche Situation oder Persönlichkeit einer Person, bestehend aus den jeweils für sie subjektiven Bedeutungen und den Sachen, die dazu in unspaltbarem Verhältnis stehen. (S-L 77)

Siehe: Grenze, Abschälung der Subjektivität

Personale Entwicklung bei Kindern

Bereits der Säugling entwickelt über die Entdeckung des Subjekt-Objekt-Gegensatzes den Unterschied zwischen Fremd- und Eigenwelt. Wenn Säuglinge, sich "spätestens ab zwei bis drei Monaten als getrennte Einheit empfinden und nicht als mit den anderen verschmolzen," so bedeutet dies eine basale Konstitution des Selbst. Dieses Selbst verdankt sich indes nicht einer Reflexion, sondern einem präreflexiven Geschehen, das "eine Empfindung und keine Leistung im Sinne des reflexiven Bewusstseins" ist und die wir bereits als "präsubjektische Subjektivität" kennengelernt haben. Damit kommen für das Selbst Qualitäten in die Welt, die es, von seinem Beginn bis zu seinem Ende bestimmen: Selbstwahrnehmungen. (AB-BuB 228)

Die Schwelle scheint im Allgemeinen in der Zeit um die Wende zum zweiten Lebensjahr herum überschritten zu werden; dann "beginnt bei den Kindern das abstandnehmende Betrachten der Dinge und des eigenen Hantierens mit diesen". (S-LuG 78)

Das Kind entdeckt die Fremdheit des Fremden durch Objektivierung vorher für es subjektiver Sachverhalte im Sinne einer Abschälung der Subjektivität ... (S-LuG 78)

Unterscheidung in Persönliche Eigenwelt und Persönliche Fremdwelt.

Abgrenzung und Rückzug beim Erwachsenen

Die Abgrenzung des eigenen Soseins ist beim erwachsenden und erwachsenen Menschen die Angelegenheit eines Kompromisses zwischen der Evidenz für ihn subjektiver Tatsachen und der Anwendung objektiver Sachverhalte und Regeln (vermeintliche Naturgesetze und Konventionen). (S-LuG 79)

Personale Emanzipation ist der Rückzug eines Subjekts (Bewußthabers), das sich dadurch aus der Verschmelzung mit Hier, Jetzt, Dasein und Dieses in der primitiven Gegenwart erhebt, von gewissen Sachverhalten (speziell Tatsachen), Programmen und Problemen durch deren Objektivierung (...) auf einen Rest, der als für es subjektiv verbleibt und worin das Sosein des personalen Subjekts angesiedelt wird. (S-LuG 79f)

Siehe: Person, Persönliche Welt

Verschiedene Höhen personaler Emanzipation

Die personale Emanzipation bildet Niveaus von verschiedenen Höhe aus. Ein Niveau ist höher als ein anderes, wenn es dem Leben aus primitiver Gegenwart durch stärkere Neutralisierung und weniger Verschwimmen in den Grauzonen weiter entrückt ist. Von einem höheren Niveau aus ist ein weniger hohes ein Niveau personaler Regression auf dem Wege zum Leben aus primitiver Gegenwart ohne Scheidung des Eigenen vom Fremden. Die Person kann zugleich auf mehreren Niveaus stehen. Dann ergeben sich Zwiespälte der vorhin beschriebenen Art, wobei die Person gleichsam über und unter sich selbst steht. Ein Beispiel dafür ist die Akrasie, etwa des faulen Bettgenießers, der auf einem höheren Niveau personaler Emanzipation weiß und anerkennt, dass er jetzt aufstehen müsste, auf einen niedrigeren, mit weniger Abspaltung der Subjektivität von Neutralen und Fremden, es aber so schön warm und wohlig findet, dass er trotzdem liegen bleibt. (S-DRdN 21f)

Selbstformung von der Ausgesetztheit bis zur Erlösung

Im radikalsten Fall ginge es dabei darum, einen Zustand zu erreichen, der vor affektiven Erschütterungen negativer Art dauerhaft und vollständig gefeit wäre. Dieses Ziel ... bezeichne ich im Folgenden als "Erlösung", auch um deutlich zu machen, dass man sich hier bereits in den Randbereichen der Philosophie, an der Grenze zum Religiösen befindet. Die Schwelle zur Religion sehe ich definitiv als überschritten an, wenn mindestens eine der folgenden beiden (meist zusammen auftretenden) Bedingungen erfüllt ist:

  1. wenn das Ziel der Erlösung von diesem Leben auf ein Jenseits verlegt und
  2. wenn es als nicht aus eigener Kraft erreichbar angesehen, sondern von der Gnade eines höheren Wesens abhängig gemacht wird. (SS-FdS 21)

Deren Hauptmechanismen sind die Verkleinerung und Ausdehnung der Eigenwelt, also Neutralisierung und Subjektivierung, wobei wiederum die Methoden, mit denen dies im Einzelnen betrieben wird, vielgestaltig sein können, ... (SS-FdS 34)

Fläche

Für Personen leistet die Begegnung mit der Fläche enorme Hilfe zur personalen Emanzipation. Von der Fläche kann man sich zurückziehen und die Verstrickung in Einleibung damit lockern; in der Fläche kann man operieren, z.B. durch Zeichnen, und sich selbst aus dem dabei an Gegenständen, z.B. Figuren, veranstalteten Geschehen heraushalten. Distanzierung und Spielraum werden auf neue Weise erschlossen. Fast noch wichtiger ist die Möglichkeit, den eigenen Standpunkt in das Netz der Lagen und Abstände einzuholen. (S-L 126)

Siehe: Aufstellung als flächige Explikation einer Situation.