Norm: Unterschied zwischen den Versionen

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* Bei Weigerung der Zustimmung entkommt man ihr nicht unbefangen, sondern nur zwiespältig oder gehemmt.
 
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==== Normen mit unbedingtem Ernst ====
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{{c|Unter den verbindlichen Normen haben die Normen mit unbedingtem Ernst einen besonderen Rang. Dieser unbedingte Ernst hängt von dem Unterschied des Niveaus personaler Emanzipation einer Person ab.|S-WMW 58}}
  
{{c|Wenn die Person sich wenigstens auf diesem Niveau unbefangen dem Gehorsam gegen die Norm entziehen kann, obwohl sie auf niederem Niveau daran gebunden bleibt, hat die Norm für sie unbedingten Ernst. Ich erläutere das gerne am Beispiel der konventionellen Scham, z.B. über eine Blöße, die man sich in der Gesellschaft gegeben hat, etwa durch Eingeständnis eines dort unüblichen Nichtkönnens. Man schämt sich dann unter Umständen intensiv für das Offenkundigwerden dieses Versagens, steht aber zugleich darüber, weil man auf höherem Niveau sich darüber klar ist, dass die Leute, vor denen man sich schämt, mit ihren gesellschaftlichen Vorurteilen nicht maßgebend sind.|S-WMW 58f}}
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{{c|Wenn die Person sich wenigstens auf diesem Niveau unbefangen dem Gehorsam gegen die Norm entziehen kann, obwohl sie auf niederem Niveau daran gebunden bleibt, hat die Norm für sie unbedingten Ernst. |S-WMW 58f}}
  
 
===== Evidenz von Tatsachen =====
 
===== Evidenz von Tatsachen =====

Version vom 21. August 2020, 13:45 Uhr

Eine Norm ist ein Programm für möglichen Gehorsam. Eine Norm gilt für jemand, wenn er mit seinem Gehorsam an diese Norm gebunden ist oder wenigstens diese eine wirksame Bindekraft, ihr zu gehorchen, behält. (S-WMW 57f)

Normen gelten entweder automatisch oder zustimmungsbedürftig.

Automatisch geltende Normen

Automatisch geltende Normen der aktuellen oder zuständlichen Situation, an die die Tiere durch ihre vitalen Antrieb gebunden sind, in gewissem Sinne auch die Zwingenden Normen der Zwangsneurotiker. (S-WMW 58)

Zustimmungsbedürftige Normen

Zustimmmungsbedürftig ist eine Norm, wenn es für ihre Geltung auf die Zustimmung des Betroffenen ankommt, sei es, dass diese wirklich erfolgt oder er wenigstens im Fall seiner Weigerung nicht unbefangen, sondern nur zwiespältig oder gehemmt von ihr loskommt. (S-WMW 58)

Normen mit unverbindlicher Geltung

  • Normen wie eigene Zwecke, die man nach Belieben aufgeben kann.
  • Die Zustimmung erfolgt entweder wirklich

Normen mit verbindlicher Geltung

  • Normen haben dann für den Betroffenen eine Bindekraft, der er nur mit Mühe und gehemmt ausweichen kann.
  • Bei Weigerung der Zustimmung entkommt man ihr nicht unbefangen, sondern nur zwiespältig oder gehemmt.

= Normen mit bedingtem Ernst

Ich erläutere das gerne am Beispiel der konventionellen Scham, z.B. über eine Blöße, die man sich in der Gesellschaft gegeben hat, etwa durch Eingeständnis eines dort unüblichen Nichtkönnens. Man schämt sich dann unter Umständen intensiv für das Offenkundigwerden dieses Versagens, steht aber zugleich darüber, weil man auf höherem Niveau sich darüber klar ist, dass die Leute, vor denen man sich schämt, mit ihren gesellschaftlichen Vorurteilen nicht maßgebend sind. (S-WMW 58)

Normen mit unbedingtem Ernst

Wenn die Norm und die sie zur Geltung führende Autorität aber unbedingten Ernst für jemand hat, kann sich diese auch auf dem höchsten Niveau seiner personalen Emanzipation der Bereitschaft zum Gehorsam nicht unbefangen entziehen; dann muss er sich als ganze Person in den Dienst dieser Norm stellen oder ihr höchstens zwiespältig ausweichen. (S-WMW 58)

Unter den verbindlichen Normen haben die Normen mit unbedingtem Ernst einen besonderen Rang. Dieser unbedingte Ernst hängt von dem Unterschied des Niveaus personaler Emanzipation einer Person ab. (S-WMW 58)

Wenn die Person sich wenigstens auf diesem Niveau unbefangen dem Gehorsam gegen die Norm entziehen kann, obwohl sie auf niederem Niveau daran gebunden bleibt, hat die Norm für sie unbedingten Ernst. (S-WMW 58f)

Evidenz von Tatsachen

Der erste Typ ist die Evidenz von Tatsachen, nicht nur den Beweisen der Mathematik oder anderen Deduktionen, sondern auch im Alltag, wenn man sich nach einer Enttäuschung eingestehen muss, dass das Vertrauen auf eigenen Könnerschaft zu hoch gespannt war. (S-WMW 59)

Autorität von Gefühlen

Der zweite Typ ist die Autorität von Gefühlen, wie Scham, Zorn, Trauer, Liebe, Dankbarkeit und Ehrfurcht. Bei hinlänglicher Prägekraft dieser Gefühle kann sich der Mensch auch auf höchster Stufe seiner personaler Emanzipation ihrem Gebot nicht entziehen, wie etwa der Gewissenhafte seinen Gewissensgefühlen, die ihm verwehren, sich einer schmutzigen Intrige zum einen Vorteil und zum Nachteil von Mitmenschen anzuschließen, oder der Liebe zu einem Partner oder den eigenen Kindern, die ihm gebietet, diesen geliebten Personen im Fall der Not beizustehen. Die Überdehnung der personalen Emanzipation zur Beliebigkeit (Feyerabend: "Anything goes") hat dazu geführt, dass man nach solchen Anlässen unbedingten Ernstes suchen muss. Die letzte große Entdeckung auf diesem Gebiet war das Numinose nach Rudolf Ottos Buch Das Heilige. (S-WMW 59)