Leib: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 25. Januar 2014, 23:07 Uhr

Deutsch: Leib, lebendiger Körper, Körperfeld, somatisches Feld, Soma
Englisch: living body, somatic field, soma
Japanisch: 身 (mi)
Chinesisch: 身 (shen), yang (als Innen-Konzept)

Wortherkunft

Der Begriff ‚Leib’ leitet sich von ‚lîp’ ab und betont in seiner ursprünglichen Bedeutung von ‚Leben’ den kreativ-schöpferischen Aspekt der menschlichen Existenz.

Einführung

Der Ausgangspunkt aller unserer Erkenntnis ist die leibliche Existenz.

Mein Leib ist also nicht mein Körper, den ich sehe, berühre oder empfinde, sondern er ist vielmehr mein Vermögen zu sehen, zu berühren und zu empfinden. (F-LuL 17)

Über den Leib spüren wir leibliche Regungen und Gefühle. Leiblich sein, heißt erschrecken können. (S-LuG, 219; nach S-WNP 24)

Leiblich ist, was jemand in der Gegend (nicht immer in den Grenzen) seines Körpers von sich selbst, als zu sich selbst gehörig, spüren kann, ohne sich der fünf Sinne, namentlich des Sehens und Tastens, und des aus deren Erfahrungen gewonnenen perzeptiven Körperschemas (der habituellen Vorstellung vom eigenen Körper) zu bedienen. (S-KE 35)

Leib ist die ausgedehnte, raumerfüllende Subjektivität. (Vgl: F-LRP 99)

Der Leib zeichnet sich durch vorallem seine leibliche Dynamik und Räumlichkeit aus.

[Der] Leib ist Herd von Resonanz und Gestaltungskraft, weil hier die sinnfälligen Eindrücke und die ergreifenden Gefühle angreifen und antwortende, spontane Initiativen inspirieren, ... (S-DgL 85)

Kritik am Leibbegriff

Kritik am Begriff des Leibes:

Wer durch solche Reden eine sogenannte 'Neue Phänomenologie' begründen will, wird bei den jungen Studierenden vermutlich auf Unverständnis stoßen. Schon das hartnäckige Festhalten am veralteten Wort 'Leib' ist einer Generation, welche die Virtualisierung des menschlichen Körpers, seine Auflösung in Zeichensysteme in der Kultfigur Michael Jackson erlebt hat, kaum noch verständlich zu machen. Aber die Phänomenologie hat die 'Heideggerei' überstanden; sie wird auch an der 'Leibeigenschaft' nicht zugrunde gehen. (Ferdinand Fellmann (1998): Orientierung Philosophie. Was sie kann, was sie will. Reinbeck bei Hamburg, S. 89. Zit.n.: MG-DE 180)

Geschichtliches

Die Entdeckung des Geistes ist die Verdeckung des Leibes. (S-II1 441)

Ägyptische Herzmetaphorik

Die ägyptische und die homerische Perspektive zeichnen sich durch einen "pluralistischen Personenbegriff" aus, der den Menschen als eine "additive Vielheit" begreift. Nach Assmann wurde eine Person "beschrieben oder beschworen durch Aufzählung ihrer Konstituenten" (Assmann 1992, 83 u. 87f.). Doch der entscheidende Unterschied bestehe darin, dass in Ägypten "Pluralität und Zentralität" zusammen "das Ganze" bildeten, denn die "Vorstellung vom Herzen als organisierendem Zentrum der Person und die Vorstellung der Person als organisierter Vielheit und konstellativem Komposit" gehörten zusammen und machten zusammen "das ägyptische Menschenbild aus." (Assmann 1992, 84) (GR-AL 283)

Indische Philosophie: Tantraismus

In vor-tantrischen Zeiten wurde der Körper oft scheel betrachtet - ganz in gnostischer Manier als Quelle der Beschmutzung als Feind des Geistes. ... "Im Tantrismus", stellte der Religionshistoriker Mircea Eliade fest, "erhält der menschliche Körper eine Bedeutung, die er in der spirituellen Geschichte Indiens nie zuvor hatte." ... Die tantrischen Meister nun trachteten danach, einen transsubstantiierten Leib - den sie "diamanten" (vajira) oder "göttlich" (daiva) nannten, zu erschaffen, einen Leib nicht nur aus Fleisch, sondern aus unsterblicher Substanz, aus Licht bestehend. Anstatt den Körper als Fleischröhre zu betrachten, die zu Krankheit und Tod verdammt ist, sahen sie ihn als Wohnstatt des Göttlichen und als besonderes Gefäß, in dem die spirituelle Vollendung bewerkstelligt werden könne. Ihnen galt die Erleuchtung als ein Ganz-Körper-Geschehen. (Yoga-Buch 586f)

Das Ideal des diamantenen Körpers stand im Mittelpunkt einer verzweigten kulturellen Bewegung, die sich mit der Körperwahrnehmungs-Bewegung der 1970er und der 80er vergleichen ließe. Dieser sogenannte Siddha-Kult blühte zwischen dem 8. und 12. Jahrhundert und spielte eine wesentliche Rolle bei der Komplettierung der großen pan-indischen Synthese von spirituellen Lehren des Hinduismus, Buddhismus und Jainismus wie der yogischen Alchemie und volkstümlichen Magie. (Yoga-Buch 588)

Lehnte Platon die Vermischung von "Vernunft" und "Sexualität" ab, so strebte der Trantriker diese geradezu an. Dadurch erhielt das Herz, ganz im Gegensatz zur Wachhundfunktion bei Platon, eine zentrale und vermittelnde - nicht kontrollierende - Funktion zwischen den polaren Zentren des Leibes. (GR-AL 376)

Damit kommt ein grundsätzlicher Unterschied zwischen indischen und platonischen Vorstellungen zum Vorschein, denn während der Dualismus bei Platon nicht aufgelöst, sondern als Antagonismus konzipiert wird, versucht der Tantriker, Siva und Sakti zu vereinen. Als Resultat dieser individuationsinitiierenden Vereinigung ensteht die sich in Abfolge der Individuationsordnung entfaltende Welt. (GR-AL 371)

Siehe: Anthropologischer Dualismus

Chinesische Philosophie

Mit seiner graphischen Etymologie ist shen das chinesische Wort schlechthin für den deutschen Begriff Leib, mit dem wir schon vom Wortklang her bzw. etymologisch Leben/Lebendigsein assoziieren: Das ursprüngliche chinesisch Piktogramm zeigt eine menschliche Gestalt mit einem vorgestellten Fuß und einem großen inhaltsschweren Bauch: Noch in der modernen chinesischen Sprache bedeutet you-shen 有身 (einen shen haben) bzw. shen-zhong 有重 (shen ist schwer): schwanger sein. So steht das Zeichen für den lebendigsten Leib, den wir uns überhaupt vorstellen können, den Leib, der mit werdendem Leben schwanger geht. (GL-LoK 74)

Die Außen-Innen-Differenz entfällt ganz bei shen 身, dem chinesischen Begriff schlechthin für "Leib" bzw. Gesamtpersönlichkeit, sowie bei hún und , denn alle drei Konzepte gehören zum leiblichen Spüren und stehen damit für die Ganzheit des Menschen. (GL-LoK 97)

shên 身, in alten Texten ebenso häufig wie xíng und ti, bezeichnet die Persönlichkeit in ihrer körperlichen Gesamtheit: mein "Ich" als lebendiges Glied in der langen Kette der Ahnen oder mein "Selbst" im Konzept konfuzianischer "Selbstkultivierung" (xiû-shên 修身). (GL-RB 37)

So begegnen in der altchinesischen Terminologie "sowohl Körper als auch Leib". Alle Bewegungskünste, einschließlich der Meditation, sind im Grunde immer mit beidem befasst als ein Raum und Zeit agierender Körperleib. (GL-RB 37)

Mahayana-Buddhismus

Der Mahayana-Buddhismus transportierte mit der Seelenwanderung eine Form von altindischem Dualismus nach China und verstärkte die Außen-Innen-Trennung.

Unter dem Einfluss des (Mahayana-)Buddhismus dringen altindische dualistische Konzepte ein und schlagen sich sprachlich mit eindeutiger substantiell gemeinten Körperbegriffen in Übersetzungen nieder: ... (GL-LoK 97)

Neokonfuzianismus

Neokonfuzianismus der Songzeit (960-1279): neokonfuzianische Leib- und Lebenshemmung, neokonfuzianischer Reduktionismus und Materialismus, Zhu Xi (1130-1200)

Das qi - ehemals kosmische Lebenskraft und alles durchdringende Atmosphäre - erfuhr eine Abwertung und eine "Verstofflichung". (GL-LoK 309)

Der Dualismus wiederholte sich im Umgang mit den Gefühlen, denn so glaubten die Neokonfuzianer, Emotionen und Begehren gingen auf Kosten der angeborenen guten menschlichen Natur. (GL-LoK 309)

Die Leibhemmung in der chinesischen Philosophie:

[D]ie neokonfuzianische Leib- und Lebenshemmung war durchaus nicht nur der konfuzianischen Tradition, sondern gleichermaßen buddhistischen Bestrebungen geschuldet, die Lust am Leben zu "stillen" um der Erleuchtung oder Versenkung willen. Letzteres Anliegen teilten sie mit dem meditativen Daoismus. (GL-LoK 308)

Vgl: [GL-LoK 308]

Homer

Homer: "So in dichter Brust stöhnte auf Agamemnon von unten her aus dem Herzen, und ihm bebten die Phrenes innerlich." (Homer, aus: S-L 147)

Siehe: Homer

Vorsokratiker

Vorsokratiker: der Eleat Melissos: "Nichts ist stärker als das wahrhaft Seiende" (S-L 147) Für Melissos gehört zum Sein der Raum.

Platon: Verurteilung des Körpers als Medium

Platons wirkungsmächtige Verurteilung des Körpers als Medium im Phaidon (65c-67a) konzentriert sich auf dessen negativen Störaspekt. Ein in der heutigen Medienkritik vorherrschendes Argument vorwegnehmend, behauptet er, dass der Körper uns von der Wirklichkeit und der Suche nach wahrer Erkenntnis ablenke, indem er unsere Aufmerksamkeit störe und unser Denken durch Leidenschaft, Fantasie und Unsinn zerstreue. Darüber hinaus verzerre unser somatisches Sinnesmedium die Wirklichkeit durch irreführende Wahrnehmungen. ... Diese antike Argumentationsfiguren, die vom Neuplatonismus angeeignet wurden und in die christliche Theologie und den modernen philosophischen Idealismus eingeflossen sind, haben auf verheerende Weise unsere Kultur geprägt;... (RS-KB 31)

Stoiker

Stoische Schule unter seinem Gründer Zenon (von Kition) und seinem Nachfolger Kleanthes: Wegen ihrer Rede vom Körper als Materialisten verkannt, aber Ausdehnung wird verstanden als dynamische Spannung, Aus- oder Aufspannung des Raumes. Spannung als Tonos mit explansiv-kontraktiver Doppeltendenz.

Die Originalität der urstoischen Konzeption besteht darin, dass sie als der einzige große philosophische Entwurf zwischen Demokrit und unserer Gegenwart das archaische Modell leibnah gespürter Kräfte für die Weltordnung und das menschliche Leben aufnimmt und als vitalen Antrieb unter dem Titel des Tonos vergegenständlicht. (S-L 150)

Urchristentum

Paulus kennt keine Seele; nur in der Schlussparänese des 1. Thessalonikerbriefs (5.23) ist von Geist, Seele und Körper die Rede, was sich an dieser formelhaft hervorgehobenen Stelle als Anpassung an das Publikum einer griechischen Großstadt leicht verstehen lässt. Die Hauptfiguren im Drama des Menschseins sind für Paulus der Leib (oder Körper), das Fleisch (die Sünde) und der Geist (das Pneuma, der Hauch, nichts in unserem Sinn Geistiges). Der Gegensatz von Fleisch und Geist hat nichts mit einer platonischen Erhebung des Geistiges über den Körper und die Sinnlichkeit zu tun; es handelt sich vielmehr um atmosphärische Mächte, die um den Leib konkurrieren ... (S-L 151)

Auch die Ambivalenz der Stellung des Paulus zum Leib, dem er mit Weherufen und Aufforderung zu Kasteiungen abschwört, während er ihn andererseits als Stätte der Verherrlichung Gottes auszeichnet, ergibt sich aus der Mittelstellung des Leibes als neutrales Spielfeld der atmosphärischen Mächte Fleisch und Geist, in denen er, und mit ihm der Mensch ist, während sie in ihm sind. (S-L 151f)

Jakob Böhme

Was Jakob Böhme zur leiblichen Dynamik zu sagen weiß, ist ein geniales Tappen im Dunkeln, das mit Tastversuchen auf eine lange Strecke die Orientierung behält. Seine halbmythische Urkraft hat zusammen mit Kants dynamischer Konstruktion der Materie und gewissen Anregungen aus Fichtes Wissenschaftslehre von 1794 die Hochkonjunktur der ursprünglich stoischen Tonoslehre in der Romantik inspiriert, die sich als Leitfaden namentlich durch Schellings Denken in seinen verschiedenen Phasen (außer in den Jahren der Identitätsphilosophie) von Anfang bis Ende hindurch zieht, anfangs mit idealistischer, später mit theosophischer Färbung (z.B. durch Spekulation über das Geschehen in Gott, das zur Erschaffung der Welt führte, in der Weltalterphase). (S-L 154)

Schopenhauer

Der Leib ist einerseits die unmittelbare Offenbarung des Dinges an sich, des innersten Wesens der Welt namnes "der Will", eines Vulkans, der im eigenleiblichen Spüren des affektiven Betroffenseins gleichsam brodelnd ausbricht, und andererseits der sicht- und tastbare Körper als die Erscheinung, mit der sich dieser Ausbruch des Willens in der Vorstellung präsentiert. (S-L 155)

Nietzsche

"Leib bin ich ganz und gar und nichts außerdem." (Nietzsche, aus: S-L 157)

Siehe: Guido Rappe (2000): "Nietzsche und der Leib"

Satre

...

John Dewey: Körper-Geist als lebendiger Körper in Situationen

Körper-Geist bezeichnet einfach, was wirklich stattfindet, wenn ein lebendiger Körper in Situationen von Diskurs, Kommunikation und Partizipation verwickelt ist. In dem Bindestrich-Ausdruck Körper-Geist bezeichnet "Körper" das fortgesetzte und konservative, das registrierte und allmählich anwachsende Wirken der Faktoren, die mit dem Rest der Natur, der unbelebten wie der belebten, kontinuierlich verbunden sind; während "Geist" die charakteristischen Eigenschaften und Konsequenzen bezeichnet, die Merkmale anzeigen, die erst dann erscheinen, wenn der "Körper" in eine weitere und komplexere Situation von größerer wechselseitiger Abhängigkeit verwickelt wird. (John Dewey, 1995, Erfahrung und Natur, S. 272)

William James: Körperliche Gefühle entscheiden

James, der das Hauptziel der Argumente Wittgensteins gegen den philosophischen Missbrauch somatischer Reflexion darstellt, behauptet hartnäckig, das körperliche Gefühle für die Erklärung fast aller Bereiche geistigen Lebens entscheidend sind. Er assoziiert sogar unsere elementarste innere Vorstellung vom Selbst mit körperlichen Empfindungen im Kopf, die er durch somatische Introspektion entdeckt. (RS-KB 39)

Husserl: Intentionaler Leibbegriff

Schien der Husserlsche Leib-Begriff also zunächst den cartesischen Dualismus und den mit ihm einhergehenden Reduktionismus aufzuheben, so führt Husserl den Begriff in eben den Dualismus zurück, aus dem er doch herausgeführt werden sollte. Dazu trägt auch das Festhalten an der taktilen Komponente bei, welche den Leib nicht zu der Freiheit entlässt, die das Experiment der Doppelempfindung versprach. ... Damit treibt Husserl in den Leib-Begriff die Subjekt-Objekt-Dichotomie wieder hinein, aus der er ihn befreit zu haben den Anspruch erhebt und verbaut trotz gegenteiliger Rhetorik ein tragendes Leib-Verständnis. Der Grund hierfür liegt darin, dass Husserl an einem intentionalen Leib-Begriff festhält. (AB-BuB 73)

Zugleich wird aber auch deutlich, dass nicht dem Leib, sondern dem Bewusstsein Husserls Hauptinteresse gilt. Die Intentionalität des von ihm geprägten Leib-Begriffs ist Folge dieses Erkenntnisinteresses. (AB-BuB 79)

Merleau-Ponty: Leib und Alterität

Mit dem Leib-Gedanken liegt also ein Angebot zum Selbst- und Weltverständnis vor, das seinen Ausgang beim Leib nimmt. Maßgeblich für das neophänomenologische Leib-Verständnis - im Unterschied etwa zum demjenigen Merleau-Pontys - ist, dass der Leib zur Konstitution nicht der Alterität bedarf. Daher trägt des Leibhabers Situiertheit auch unabhängig der Anderen zu seiner Verfestigung bei. (AB-BuB 275)

Waldenfels

...

Körper, Psyche, Leib, Situation

Körper Leib Situation.png

Körper Psyche (Seele) Leib Situation
Teilbarkeit teilbar unteilbar
aber hierarchisch in oben (Verstand)
und unten (Triebe) gegliedert
unteilbar
aber räumlich topographisch
in Leibesinseln gegliedert
unteilbar
aber leibräumlich explizierbar
Ausdehnung ausgedehnt nicht ausgedehnt ausgedehnt (Enge und Weite) ausgedehnt (Ortsräumlich explizierbar)

Siehe: Personaler Raum

Körper und Leib

Menschliche Körper gibt es viele, Leib gibt es primär nur einen, den eigenen. (AB-BuB 83)

Der Leib wird empfunden, der Körper begriffen. (F.W.J. Schelling 1856, S. 460)

Zwei Pole des Lebens

  • keine Gegenspieler sondern Mitspieler des Lebens.
  • verkörpern zwei Pole unseres Daseins, die in ihrem Zusammenwirken beide lebensnotwendig und lebensförderlich sind

Die Synthese von Leiblichkeit und Körperlichkeit ist nicht vorgegeben, sondern die ursprüngliche Leistung der Inkarnation. Der Säugling lernt in seinem Leib zu wohnen, er 'gewöhnt sich an ihn', indem er die Grenzen und Widerstände des eigenen Körpers (bzw. der Umwelt) einschätzen lernt. Anfänglich sind die Körperglieder noch gar nicht in den Leibraum integriert, sie folgen nicht den Intentionen des Kindes. Es 'verleibt' sich den Körper ein, indem es greifen, stehen, laufen lernt, ohne ihn schließlich noch zu bemerken. Nach und nach verschmelzen so die gespürten Leibesinseln und die getasteten, gesehenen Körperglieder miteinander. (Thomas Fuchs, in: GE-WHe 118)

Während der Körper als durch eine verlässliche, vertraute Form besticht, fasziniert unser Leib durch sein Vermögen, in ständiger Bewegung unterschiedliche Volumen ausbilden zu können. (GE-WHe 125)

Mit dieser Doppelrolle [Körpersein und Körperhaben] muss sich jeder vom Tage seiner Geburt an abfinden. Jedes Lernen: zu greifen und die Sehdistanzen den Greifleistungen anzupassen, zu stehen, zu laufen usw. vollzieht sich auf Grund und im Rahmen dieser Doppelrolle. Der Rahmen wir nie gesprengt. Ein Mensch ist immer zugleich Leib (Kopf, Rumpf, Extremitäten mit allem, was darin ist) - auch wenn er von seiner irgendwie 'darin' seienden Seele überzeugt ist - und hat diesen Leib als diesen Körper. (Plessner, 1982, S. 238. Zit.n.: RG-VdS 43)

Unterschiede

Körper Leib
Zugang
  • Sinnesorgane
  • ohne Beistand der fünf Sinne (besonders des Sehens und Tastens)
Körperschema
Örtlichkeit
  • relative Örtlichkeit (durch Lagen und Abstände bestimmt) objektiver Tatsachen
  • absolute Örtlichkeit subjektiver Tatsachen
Flächigkeit
  • flächig begrenzt
  • flächenlos
Ausdehnung
  • teilbar ausgedehnt
  • unteilbar ausgedehnt
Dimensionale Stetigkeit
  • dreidimensional stetig
  • prädimensionales Volumen, mit einem Gewoge verschwommener Inseln
Grenze
  • Innen-Außen (mit Grenze)
  • feste Grenze
  • Durchdringend (ohne Grenze, mit Resonanz)
  • diffus in den Raum ausstrahlend
  • Gegenstellung von Subjekt und Objekt
  • Partizipierendes Welt- und Naturverständnis
Kultur / Natur
  • Kulturell geprägter Körper
  • Der universale aber auch kulturelle Leib
    • Universal: Struktur der Leiblichkeit
    • Kulturell: Konkrete Ausformung der Struktur
Haben / Sein
  • Körper-Haben
  • Leib-Sein
Wahrnehmung von Körpern Selbstwahrnehmung

Zusammenfassung:

  • Der Leib ist flächenlos, prädimensionales Volumen mit einem Gewoge verschwommener Inseln in einem absoluten Ganzort mit unteilbarer Ausdehnung und absoluter Örtlichkeit des Ganzen wie der Inseln;
  • Der sichtbare und tastbare Körper ist flächig begrenzt, dreidimensional stetig und teilbar ausgedehnt und bloß relativ-örtlich (im Sinne relativer Orte, die sich gegenseitig durch Lagen und Abstände bestimmen). (S-WNP 411f)

Der spürbare Leib bildet ein eigenständiges Gegenstandsgebiet, und unterscheidet sich vom sicht- und tastbaren Körper durch (S-WNP 175f):

Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen zu Körper und Leib wird erkennbar, dass die Dualität des Leibes eine Einheit von spürbarem Leibsein und gegenständlichem Körperhaben bezeichnet. Die Dualität des Leibes ist im normalen Alltagshandeln immer gegeben. Es handelt sich hier um zwei Aspekte der menschlichen Leiblichkeit, die untrennbar miteinander verknüpft sind. Zur genaueren Charakterisierung der beiden Seiten der Dualität ist es jedoch hilfreich, sie analytisch zu trennen. Eine solche analytische - nicht: ontologische - und zu heuristischen Zwecken vorgenommene Trennung ermöglicht es, wichtige Unterscheidungsmerkmale zwischen Leib und Körper festzuhalten. (RG-VdS 47f)

Implizit und explizites Wissen

Fokussiert auf die Unterscheidung von Leib und Körper können wir sagen, dass das Körperliche mehr das explizite, auf Denken und Forschen beruhende Wissen repräsentiert, das ich eben habe, während das implizite Wissen mehr im leiblichen Lebensvollzug aufgehoben ist, der mich ausmacht, der ich bin. Das bedeutet, dass jede Situation eine implizite und explizite Kontur hat, wobei Daniel Stern neunzig Prozent davon in die Waagschale des Impliziten legt. (GE-WHe 179)

Örtlichkeit

Die absolute Örtlichkeit des Leibes im Unterschied zur relativen Örtlichkeit des Körpers:

  1. Absolute Örtlichkeit der Leibesinseln: Der Kopfschmerz setzt sich nicht zusammen aus einem nichtlokalisierten Schmerzempfindung und einer Vorstellung von deren Ursprung. Vielmehr ist dem Schmerz seine Örtlichkeit inhärent, als unabweisbar gespürtes "Hier".
  2. Absolute Örtlichkeit des ganzen Leibes: Der Leib als ganzer muss absolute Örtlichkeit besitzen, denn wo ich z.B. Müdigkeit empfinde, ist nicht primär durch Bezug zu einem anderen, äußeren Orientierungspunkt bestimmt.

Relativ heisst [...] ein Ort, wenn er durch räumliche Orientierung bestimmt ist, d.h. durch ein System von Lage- und Abstandsbeziehungen, wodurch mehrere Orte einander wechselseitig identifizierbar werden lassen. Absolut heisst ein Ort dagegen, wenn er unabhängig von räumlicher Orientierung bestimmt oder identifizierbar ist. (S-II1 6)

Flächenlosigkeit

Der Leib ist flächenlos und hat unscharfe Umrisse. Im Unterschied dazu wird der Körper vorallem durch die Seh- und Tastsinne wahrgenommen und ist deshalb durch scharfe sichtbare und tastbare Umrisse bestimmt.

Unteilbare Ausdehnung

Der Leib ist im Unterschied zum Körper unteilbar ausgedehnt und damit auch unteilbar voluminös: Leibliche Empfindungen wie Schmerz, Hunger, Völlegefühl oder Müdigkeit sind spürbar und unteilbar ausgedehnt, erfüllen einen Raum oder strahlen aus.

Stetigkeit

Der Körper lässt sich nämlich ohne Probleme kontinuierlich wahrnehmen, indem wir an uns hinuntersehen oder hinuntertasten, während dies beim Leib nicht möglich ist: Der Versuch, an sich selbst aufmerksam 'hinunterzuspüren' führt nicht zu einer entsprechenden Erfahrung von Stetigkeit, sondern präsentiert nur ein mehr oder weniger verschwommenes Gewoge von 'Leibesinseln'. (MG-DG 178)

Körperschema

Vgl: Hermann Schmitz: Der gespürte Leib und der vorgestellte Körper, in: Michael Großheim (Hg.): Wege zu einer volleren Realität. Neue Phänomenologie in der Diskussion. Berlin 1994. S. 75-91. (Zit.n.: MG-DE 178)

Definition nach Fuchs

Neben der leiblichen Dynamik kommt dem Leib eine spezifische Räumlichkeit zu. Der Leibraum zeichnet sich durch Voluminosität, absolute Örtlichkeit und Meinhaftigkeit aus:

  1. Voluminosität: s.o.
  2. Absolute Örtlichkeit: s.o.
  3. Meinhaftigkeit: Leibliche Empfindungen werden unmittelbar als "zu mir gehörig" oder "meinhaft" erlebt. Schmerz, Hunger oder Durst usw. nehme ich nicht distanziert wahr wie die Warnblinkanlage oder Tankanzeige meines Wagens. (Vgl: F-LRP 98) Diese Meinhaftigkeit darf aber nicht zu dem possessorischen Missverständnis des Introjektionismus führen, dass man als Fühlender zum Besitzer der Gefühle wird.

Wirkungen des Leibes auf den Körper

Wie so etwas geschehen kann, weiß ich nicht; bis auf weiteres vermute ich an dieser Stelle einen kausalen Einfluss des Leibes auf den Körper. (S-L 144)

  • autogenes Training
  • suggestive und hypnotische Einwirkungen, Suggestion
  • Stigmatisierungen

Selbst- und Fremderfahrung

Leib Körper
Natur, die wir sind. Natur, die wir haben
Selbsterfahrung Fremderfahrung

Man kann nämlich den Leib im Unterschied zu Körper dadurch definieren, dass der Leib die eigene Natur ist, wie sie in Selbstwahrnehmung gegeben ist, während der Körper die eigene Natur ist, wie er in Fremdwahrnehmung - etwa des Arztes oder des Naturwissenschaftlers - gegeben ist. (GB-BF 131)


  • Leib: Natur, die wir sind. Die eigene Natur, insofern sie in Selbsterfahrung gegeben ist.
  • Körper: Natur, die wir haben. Die eigene Natur, insofern sie in Fremderfahrung gegeben ist.

Selbsterfahrung muss jedoch erst wieder in besonderen Übungen aufgesucht werden, um dann ein Bewusstsein seiner selbst aufbauen zu können, das auf „betroffener Selbstgegebenheit“ (Böhme) basiere.

Es ist nichts Ungewöhnliches, dass wir am eigenen Leibe und nur an ihm etwas spüren, dass ihm nicht angehört. (S-H 114)

Lose Kopplung: Ausfahrt des Leibes

Ich vermag keinen einsichtigen Zusammenhang zu entdecken, der eine unzertrennliche Zusammengehörigkeit von Leib und Körper verbürgen könnte. Die vielfältigen Zeugnisse für Lykanthropie, Heautoskopie und andere Formen der "Ausfahrt" des Leibes (nicht der Seele) aus dem Körper ... haben nichts prinzipiell Unglaubliches an sich. (S-WNP 175f)

Die "Verleiblichung" sinnfälliger Körper über die Brücke der leiblichen Kommunikation geht nach meiner Überzeugung andererseits nicht so weit, dass ein unzertrennlicher Zusammenhang von Leib und Körper (z.B. des leiblichen Blickes und der körperlichen Augen) zum Vorschein käme und phänomenologisch festgestellt werden könnte. Vielmehr ist das leibliche Spürbare durch Merkmale bestimmt, die denen des körperlich Sichtbaren und Tastbaren entgegengesetzt sind. (S-WNP 411f)

Siehe: Beobachter

Leib als Körper

Die Erscheinungsweise am entgegengesetzten Ende des Chiasmus zeigt den Leib als Körper. Der Körper erscheint als Teil der beobachteten Welt. (FV-OW 202)

Sprache, Experiment und Beispiele

Der Leib ist etwas anderes als der Körper. Und ganz im Hintergrund wissen wir das eigentlich:

  • Zum Beispiel sagen wir, da habe einer "aus Leibeskräften" geschriehen, die Formulierung "aus Körperkräften" ergäbe keinen Sinn.
  • Auch das Verbot, nicht mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, beruht auf dem Wissen vom Leib und davon, dass diese "aufspießende" Geste in ihrer Wirkung weit über den Körper hinausreicht.
  • Jedes Kind kennt die Macht des Blickes, wenn es von Wut oder Ekel oder Angst im Blick der Mutter getroffen wird.

Hand-Experiment:

  • Heben Sie die Hand, die Finger locker geöffnet, und konzentrieren Sie sich darauf, diese Hand zu spüren. Was nehmen Sie in der "Gegend" der Hand wahr?
  • Dann pusten Sie kurz gegen die Hand, und nehmen Sie wahr, was sich verändert.
  • Erst durch das Pusten nimmt man eine Fläche wahr. Der spürbare Leib kennt noch keine Flächen, sondern nur diffus ausgedehnte Leibesinseln.

Beispiele:

  • Klavierlernen: Vom Suchen der Abständen zwischen den Tasten bis hin zum Spielen.
  • Verunsicherter Tennisspieler, der sich auf seine Abstandsverhältnisse besinnt, und die Aufschläge vergibt.

Verschränkung von Körper und Leib

Eigenbewegung

Die Verschränkung von Leib und Körper kann wissensvermittelt oder praktisch vonstattengehen, in jedem Fall findet sie konkret in der Bewegung, genauer in der Eigenbewegung bzw. im Sich-Bewegen statt. (RG-VdS 50)

Sich-Bewegen heißt für uns, die wir uns am Leib spüren, in der Welt als Körper zu agieren. (Böhm2 2003, S. 292. Zit.n.: RG-VdS 51)

Angewiesenheit

Im allgemeinen sind Körper und Leib aufeinander angewiesen: Die Ganzheit des Leibes setzt den Körper voraus, ebenso wie teilheitliche Regungen der jeweiligen körperlichen Substrats bedürfen; Enge- und Weiteempfindungen beim Einatmen und Ausatmen (chin. Füllen bzw. Leeren) gehen mit dem rhythmischen Heben und Senken des Brustkorbs einher. Liegt darin vielleicht sogar der Anfang aller räumlich gespürten Erfahrung, so wird Räumlichkeit des Körpers auch am dreidimensionalen Aufbau offenbar; zugleich ist die Fähigkeit, sich im Raum und Weite zu begeben, an Motorik und Dynamik der einzelnen Glieder des festen Körpers gebunden. Umgekehrt ist ein Körper ohne leibliches Spüren tot. (GL-LoK 18f)

Verhältnis von Körper und Leib

Graduell

Der Leib ist ein Dazwischen, in ihm kommen die "Komponenten" zusammen, die im klassischen Vokabular als körperlich oder seelisch etikettiert wurden. Der Leib ist beides; und er ist dazwischen. (Schärtl in AdL 71)

Ja, und es ist präzise der Leib, der jenes psycho-physische Kontinuum stiftet, in dem wir uns permanent wie von selbst bewegen: Psychisches ist mit Physischem verknüpft, von ihm durchdrungen und vice versa. Aber bei genauerer Betrachtung stellt sich heraus, dass diese Art von Durchdringung, Verknüpfung und Wechselverweisung eine eigene ontologische Dignität hat, die man - in solider phänomenologischer Tradition - Leiblichkeit nennen kann. (Schärtl in AdL 70)

Dual

  • Duales Verhältnis im Begriff
  • Husserl: naturalistische oder personalistische Einstellung
  • Fuchs: Doppelaspekt von Leib und Körper
  • Fuchs: subjektiv-leiblicher und objektiv-körperlicher Raum (F-DG 101)
  • Fuchs: Aspektdualität, Doppelaspekt (F-DG 106)
  • Fuchs: keine zwei Perspektiven, sondern zwei Einstellungen: lebensweltlich-personalistisch (1.+2. Person) und naturalistisch (3. Person).

Da das Lebewesen als Einheit beiden Aspekten zugrundeliegt, bedeutet die Aspektdualität keinen neuen "Dualismus", sondern einen in sich vermittelten Monismus, eine dialektische Einheit von Einheit und Verschiedenheit. (F-DG 106)

So wie es in der Dynamik des Leibes selbst um Polaritäten geht, so handelt es sich auch bei der Unterscheidung von Körper und Leib nicht um einen neuen Dualismus, sondern um Polaritäten, wenn auch phänomenologisch gesehen, um verschiedene Gegenstandsbereiche. Der Leib, das sind (zumeist polare) Kräfte, die nicht nur einen Körper durchziehen, sondern über ihn hinaus - auf den Leibraum - weisen. Die Grenzen des Körpers sind deshalb nicht die Grenzen des Leibes. (MU-DLGG 188)

Biologische Aspektdualität

Diese Auffassung des Lebendigen unter einem Doppelaspekt unterscheidet sich grundlegend vom geläufigen Dualismus von Körperlichem und Geistigem und den verschiedenen daraus folgenden Lösungsversuchen. Denn seelisch-geistige Lebensäußerungen werden hier nicht in eine eigene "mentale" Sphäre verlegt, sondern bleiben immer auch physische Begebenheiten. Als solche stellen sie aber nun gerade nicht physikalisch beschreibbare Einzelprozesse in bestimmten Körperregionen dar, sondern Äußerungen und Erlebnisse des gesamten Lebewesens als eines einheitlichen physischen Organismus. Lebensäußerungen lassen sich daher nicht in einen rein mentalen und einen physiologischen Anteil zerlegen. (F-DG 104)

Von dieser [Körper-Seele-dualistischen] Aufteilung hebt sich die hier vorgeschlagene Konzeption eines Doppelaspekts ab. Danach ist das Lebewesen selbst die primäre Einheit, an der sich von einer Seite her integrale (leibliche, seelische, geistige) Lebensäußerungen, von der anderen Seite her physiologische Prozesse in beliebiger Detailliertheit feststellen lassen (...). Dem integralen Aspekt entspricht der subjektiv erlebte bzw. der von Anderen in personaler Einstellung wahrgenommene Leib, dem physiologischen Aspekt der in naturalistischer Einstellung beobachtbare Körper als Gesamtheit aller organischen Prozesse. Die beiden Aspekte sind epistemologisch zueinander komplementär, d.h. ihre jeweiligen Beschreibungen lassen sich nicht ineinander überführen, sondern weisen nur gewisse Korrelationen und Strukturähnlichkeiten auf. Dennoch sind sie Aspekte des Lebewesens als einer ontologischen Einheit, was sich etwa in der grundsätzlichen Koextensivität von Leib und Körper manifestiert. Man könnte diesen Konzeption insofern als "biologischen Doppelaspekt" bezeichnen, wobei der Begriff des Biologischen allerdings in einem ganz anderen Sinn zu verstehen ist, als er in den heutigen "Lebenswissenschaften" üblich ist. Da das Lebewesen als Einheit beiden Aspekten zugrundeliegt, bedeutet die Aspektdualität keinen neuen "Dualismus", sondern einen in sich vermittelnden Monismus, eine dialektische Einheit von Einheit und Verschiedenheit. (F-DG 105f)

Am Körper manifestiert sich die Zweideutigkeit des Menschen als subjektive Sensibilität, welche die Welt erfährt, und als eines in dieser Welt wahrgenommenen Objekts. Wenn man das Soma als in die Welt ausstrahlende Subjektivität auffasst, die das "Innerste unserer Erfahrung" konstitutiert, kann der Körper als bloßes Objekt nicht angemessen verstanden werden. (RS-KB 29)

Gemeinsamer Leib als Einleibung

Mehrere Leiber können einen Leib bilden, zwei oder mehrere Körper können das nicht auf die gleiche Weise, weil kein Körper (im Ortsraum) den Platz eines anderen einnehmen kann. Leiber können einander durchdringen beziehungsweise so eng miteinander verbunden sein, dass sie nur noch einen gemeinsamen Leib bilden. (MU-DLGG 187)

Siehe:

Leib und Person

Siehe: Personales Verhältnis von Leib und Körper

Leibraum

Denn der Leib ... ist ein raumbegreifendes, raumkonstituierendes Phänomen. (AB-BuB 247)

Struktur des Leibraums bestehend aus:

Der Leibraum beinhaltet auch den Gefühlsraum.

Damit gibt es eine Polarität der Räumlichkeit zwischen:

(Vgl: S-WNP 15)

Leibraum als anisotroper topologischer Raum

Bis hierher lässt sich der leibliche Raum noch mathematisch beschreiben: Er ist ein zentrierter Raum mit Richtungen, in dem sich um das Zentrum geschichtet Umgebungen aufbauen. Man könnte ihn als einen anisotropen topologischen Raum bezeichnen. Diese mathematisch nachzeichenbare Struktur des Raumes leiblicher Anwesenheit täuscht aber doch über sein wahres Wesen. Das Entscheidende nämlich ist meine Involviertheit in diesem Raum bzw. sein existenzieller Charakter. Der leibliche Raum ist die Weise, in der ich selbst da bin bzw. mir anderes gegenwärtig ist, d.h. er ist Handlungsraum, Stimmungsraum und Wahrnehmungsraum. (Gernot Böhme, S. 52 in: Jürgen Hasse (Hg.): Jahrbuch für Lebensphilosophie 2010/11, S. 52)

Regungsherde und Leitbahnen

Siehe: Leibesinsel

Erinnerung im Leibraum

Um mich zu erinnern, muss ich mich in den leiblichen Raum begeben, dem das Vergessene angehört. (Fuchs 2008, 55)

Leibraum als erster Raum

Merleau erläutert in der Phänomenologie der Wahrnehmung ausführlich, dass etwa die rein relationalen räumlichen Beziehungen, die in der Geometrie formuliert werden, in der positionalen Räumlichkeit des Leibes fundiert sind, und nur durch diese hindurch erfasst werden können. (S. 437-4421; ... S. 439-445) (CS-DLidjB 185)

Erweiterter Leibraum

Leibdefinitionen

Leib als Einheit

Der Leib verbürgt auf diese Weise die Einheit der Welt. (FV-OW 207)

Leib als Leiben

Streng genommen gibt es daher so wenig eine menschliche Leiblichkeit als eine an und für sich, zum voraus und ein für allemal bestehende Sache, wie es auch keine für sich vorhandene Zeit gibt. Wie sich die eigentliche Zeitlichkeit des Menschen immer erst in den jeweiligen Weisen menschlichen Existierens zeitigt, so gibt es auch das Leib-sein immer nur als Leiben des sich fortlaufend zeitigenden Aufenthaltes des Menschen inmitten dessen, was sich diesem zeigt, ihn angeht und zum antwortenden Handeln auffordert. (MB-GdM 278)

Leib als Bedingung der Möglichkeit zur Konstitution von Lebenswelt

Siehe: Lebenswelt

Leib als Hinwendung zu sich: Selbstwahrnehmung

Die Hinwendung zu sich, für die der Leib steht, kann mithin auch zur Orientierung des sowohl ethischen wie auch politischen Diskurses der Lebenswissenschaften dienen. (AB-BuB 282)

Ausgehend von Untersuchungen der Neuen Phänomenologie hat sich der Leib als selbsthaltig in dem Sinne erwiesen, dass er nicht nur die naturale Basis des Selbstseins bildet, sondern dass sich ein Selbst jenseits des Leibes vorzustellen nur als Fiktion aufrecht erhalten werden kann. (AB-Bub 241)

Leibliche Selbstwahrnehmung, Sich selbst spüren, Reflexives und präreflexives Selbstwissen

Leib als 'natürliches' Ich

Der Leib erscheint so gleichsam als 'natürliches' Ich, da er auf eine Schicht von Unwillkürlichem und Unbewusstem verweist, auf ein Verhalten zur Welt und Mitwelt, welches der bewussten und freien Kontrolle sich entzieht. Jedes Wort, jeder Satz wird so mit einer Fülle an Gehörtem, Gesehenem, Gesprochenem, Erklungenem in Verbindung gebracht, ohne dass dies in der bewussten Reflexion verfügbar wäre. (BB-MPK 279)

Jedes Zeichen (ob Wort, ob Symbol, oder Ton ...) ist, "ehe es Anzeige eines Begriffs ist [...], zunächst ein meinem Leib ergreifendes Geschehnis, und seine Wirkung auf meinen Leib umschreibt seinen Bedeutungsbereich." (Merleau-Ponty). (BB-MPK 279)

Leib als psycho-physisches Kontinuum

Siehe: #Graduell

Leib im Spalt zwischen Körper und Seele

Die europäische Intellektualkultur hat ihn [den Leib] in den Spalt zwischen Körper und Seele versenkt, und die ältere Phänomenologie hat nicht mehr als einen Leertitel und ein Wunschbild davon hergeholt. (S-WznP 11)

Leib-Seele-Problem

Leib als Konkretisierung des abstrakten Begriffs Subjekt

Subjektivität ist dann so etwas wie 'Subjekt-heit', subjektiv bedeutet, 'aus der Perspektive eines Subjekts gesehen'. Und ein lebendiger Leib ist letztlich ein Leib-Subjekt. Leiblichkeit deutet also auf Subjektivität hin, die dem Leib nicht genommen werden kann, ohne ihn zu verändern; etwas zum toten Körper hin. Allerdings kann man über Leiblichkeit und Subjektivität reden, als ob sie etwas Objektives seien. Das versucht die Phänomenologie. (GR-LS 69f)

Leib übernimmt Aufgabe der Seele

Er [der Leib] hat die Aufgaben, die man üblicherweise der Seele zuschreibt, ohne diese ominöse Seele zu sein, weil es sie nicht gibt. Gäbe es sie, wäre sie nirgendwo. (MU-DLGG 184)

Leib als Relationsbegriff

Leib ist ein mehrfacher, ontologisch sozusagen mehrdimensionaler Relationsbegriff (Schärtl in AdL 71)

Leib als Ausdruck

Leib als Ausdruck der Person

Siehe: Person und Leib

Leib als Ausdruck der Psyche

Leib als System

Siehe: System als Leib

Leib als Struktur

Der Leib ist "kein zweites Ding", sondern eine Struktur: Er markiert die Grenze zwischen Lebewesen und Dingen, Menschen (Tieren) und Maschinen. Der Leib ist die Struktur, die Dynamik, die Ökonomie, die den organischen Körper lebendig macht und am Leben erhält, ihm Leben einhaucht. (MU-DLGG 184)

Leib nimmt sich selbst wahr

Es gibt nach dem Chiasmus keine klare Trennung zwischen einem "Subjekt" und einem "Objekt", der Leib wird nicht von einer anderen Instanz wahrgenommen, er nimmt sich selbst wahr, er ist ein Verhältnis (von Bewusstsein* und Körper*), das sich zu sich selbst verhält (in der Verschränkung des Chiasmus) (FV-OW 199)

Leib als (absoluter) Ort

Der Leib ist der Ort, an dem wir in die Wirklichkeit "hineingegossen" sind und zugleich ist der Leib der Ort, von dem aus wir der Wirklichkeit gegenüber stehen. Es gibt also eine doppelte Bestimmung von Gegenübersein und Insein (FV-OW 243)

Kritik: Nicht Leib, sondern der Körper als Ort, von dem wir aus der Wirklichkeit gegenüber stehen?

  • In-Sein: Leib
  • Gegenübersein: Körper

Der Leib wird als der in sich selbst bestimmte Ort verstanden, in dem Geist und Körper ineinander verschmolzen sind. Und das so verstandene leibliche Dasein, dass sich im Beziehungsgeschehen, in der Erfahrung und in der jeweiligen Personalität realisiere, sei kein einfach Vorhandenes, kein einfacher Gegenstand unserer Analyse. Es entstehe und vergehe als jeweils einzelne Welt in der allgemeinen Welt, so wie diese allgemeine Welt sich nur in der jeweils besonderen Welt realisiert. (FKW-AdSdD 118)

Leib als lebendiger Körper

  • Lebendiger Körper

Leib als Soma

  • somatische Selbst-Vergegenwärtigung
  • somatisches (Selbst-)Bewusstsein

Das Soma ist unser grundlegendes, unveräußerliches Medium der Wahrnehmung, Handlung und des Denkens. Und doch ist die gesteigerte und fokussierte Aufmerksamkeit auf die eigenen Gefühle und Bewegungen lange - sogar von körperfreundlichen Philosophen - als eine destruktive Ablenkung kritisiert worden, ... (RS-KB 10)

Der Begriff "Soma" zielt auf den lebendigen, fühlenden und empfindungsfähigen Körper und nicht bloß auf den physischen Körper, der auch leb- und empfindungslos sein könnte. (RS-KB 27)

Meine Präferenz für den Begriff Soma hängt nicht nur damit zusammen, dass mir die Leib-Körper-Unterscheidung nicht vollständig klar ist, die überdies im deutschen philosophischen Diskurs durchaus umstritten ist. Sie hängt auch damit zusammen, dass Somästhetik ebenso sehr den Körper wie den Leib behandelt, da sie auch die äußere Darstellung des Körpers und seiner körperlichen Vollzüge für die ästhetische Stilisierung des Selbst erforscht. (RS-KB 13)

Ich behaupte tatsächlich, dass jedes akut aufmerksame somatische Selbstbewusstsein sich mehr als den Körper bewusst macht. (RS-KB 36)

Körperbewusstsein, so wie ich es verstehe, ist nicht bloß Bewusstsein, das der Geist vom Körper als Objekt haben kann, sondern umfasst auch das verkörperte Bewusstsein, das ein lebendiger und empfindungsfähiger Körper sowohl auf die Welt richtet als auch in sich selbst erfährt. Durch solches Bewusstsein kann der Körper sich tatsächlich als Subjekt als auch als Objekt erfahren. Da der Begriff des Körpers zu häufig dem des Geistes gegenübergestellt und verwendet wird, um empfindungslose, leblose Dinge zu bezeichnen, und da der Begriff des Fleisches in der christlichen Kultur derart negative Konnotationen hat und sich darüber hinaus lediglich auf den fleischlichen Teil des Körpers bezieht, habe ich den Begriff Soma gewählt, um den lebendigen, fühlenden, dynamischen und wahrnehmenden Körper zu bezeichnen, der im Herzen des Somästhetik-Projektes liegt, einem interdisziplinären - sowohl theoretischen als auch praktischen - Forschungsfeld. (RS-KB 9)

Siehe: Somatotopik [1]

Leib als erste Situiertheit

Die erste und primäre Situiertheit, in der sich das Selbst finden kann, ist die Situation des eigenen Leibes. Die Situation ist weltkonstitutiv, wobei "Welt" zunächst die des jeweiligen Individuums zu gelten hat, von ihr ist, entgegen allen Objektivierungs- und Rationalisierungsversuchen, auszugehen und in ihr eröffnet sich die Welt in ihrer Unermesslichkeit. Die Unermesslichkeit bzw. "Unerschöpflichkeit" (Schmitz) der Welt folgt aus der Unabschließbarkeit des Leibes, die sich gerade den abschließenden Setzungen der Objektivierungen entzieht. (AB-BuB 263)

Leib als Medium

Jede Welterkenntnis, jedes Sein in der Welt, ist immer über und durch den Leib vermittelt, er ist unser vorgängiger Habitus des In-der-Welt-Seins. Der Leib wird so nicht nur zum Mittler zwischen innen und außen, sondern er fungiert zudem als unser allgemeines Medium, eine Welt zu haben. (BB-MPK 277)

Leib als transparentes Medium und "blinder Fleck":

Was immer wir auch explizit planen oder bewusst tun - wie leben aus einem verborgenen, leiblichen Grund heraus, den wir nie ganz von uns selbst zu bringen vermögen. Und dieser Grund geht ein in alles Wahrnehmen, Denken, Tun, insofern es eines Mediums bedarf, durch das es sich vollzieht, und das selbst transparent bleibt. Der fungierende Leib ist dieses Medium: Er ist als sehender unsichtbar, als tastender untastbar, ein latenter "blinder Fleck", der das Fungieren im Dunkel lässt. (F-LuL 288)

Man kann sich von seinem Leib nicht distanzieren. ... Der Leib ist im lebendigen Gebrauch immer schon angeeignet, er ist schon einbezogen in die Person. (OFB-MuR 290)

Leib als somatisches Medium:

Der Rolle des Körpers als unser fundamentales Instrument oder Ur-Medium ist längst schon erkannt worden. Die grundlegenden somatischen Begriffes des "Organs" und des "Organismus" leiten sich von dem griechischen Begriff für Werkzeug, dem Organon, ab. Und doch führte die aristokratische Tendenz der griechischen Philosophie, ideale Ziele zu preisen und demgegenüber materielle Mittel als bloße niedere Notwendigkeit zu verunglimpfen, bei Plato und späten bei den Idealisten dazu, den Körper als Medium zu verachten, statt ihn zu feiern. Dabei wurde seine Instrumentalität dazu genutzt, ihn von dem auszuschließen, was im menschlichen Dasein wesentlich und wertvoll ist. Ein Medium oder Mittel steht typischerweise (wie die Etymologie zeigt) zwischen zwei anderen Dingen, zwischen denen es vermittelt. Indem es sich in der Mitte befindet, als eine Schnittstelle mit zwei Seiten, verbindet ein Medium die dadurch vermittelten Begriffe und trennt sie zugleich. (RS-KB 30f)

Körper als "das Mittel aller Wahrnehmung" (Husserl) (RS-KB 29)

Siehe: Raum als Medium

Leib als Anker

Der Leib ist nicht nur Medium, sondern zugleich auch Instanz unserer Verankerung in der Welt: "Durch unseren Leib haben wir eine Welt und gehören dieser Welt an." (Waldenfels) Es ist nämlich nicht nur so, dass wir unseren Leib über Anomalien und in seiner Grenzsetzung erfahren, also darüber, dass er uns die Welt als nur begrenzt erfahrbar erscheinen lässt, sondern diese Grenzerfahrung ist nur möglich auf der Basis einer zuvor schon stattgefundenen 'Welthabe'. Das bedeutet, dass ich immer schon leiblich gegeben bin und eine Welt habe. Damit besagt Leiblichkeit nicht nur tatsächliche Vorfindlichkeit und Begrenzung der Intenionen, sondern auch Initiative, Offenheit, Sinnhaftigkeit in "statu nascendi". (BB-MPK 278f)

Leib als Unbewusstes

Siehe: Unbewusstes

Leib als Resonanzfeld

... den eigenen Leib als Resonanzboden eines ihn umgreifenden und durchdringenden, übermächtigen Gefühls ... (S-III3 160)

Leib als Resonanzfeld der Gefühle (GR-LS 326)

Leib als Verschränkung von Bewusstsein und Körper

Der Leib als Mittler zwischen Innen und Außen (BB-MPK 276)

Dementsprechend ermöglicht der Leib eine empirische Sicht von außen, in der er als 'Körperding' erscheint und in dieser Form sichtbar ist, offenbart aber gleichzeitig immer auch eine Innensicht, das heißt, er ist spürbarer, erlebbarer und sehender Leib. (BB-MPK 276)

Bereits hier deutet sich an, dass die Berücksichtigung der leiblichen Existenz die Möglichkeit bietet, die Spaltung zwischen dem für-sich-seinenden Subjekt und der Welt-an-sich aufzubrechen. (BB-MPK 277)

Hypothetisch formuliert entsteht die Einheit des Leibes und damit die Einheit der unterschiedlichen Erscheinungsweisen aus dem einen Verschränkungsgeschehen von Bewusstsein* und Körper*. (FV-OW 210)

Die unterschiedlichen Erscheinungsweisen, in denen sich der Leib einmal als körperlicher Leib und einmal als bewusster Leib zeigt, werden als die eines Einzigen nahegelegt, wenn der Leib als Verschränkung von Bewusstsein* und Körper* gedeutet wird. (FV-OW 201)

Leib als innerer Körper, innerer Raum

Dein innerer Körper ist nichts Festes, sondern Raum. Er ist nicht etwa deine physische Form, sondern das Leben, das die physische Form beseelt. Er ist die Intelligenz, die den Körper erschuf und die ihn erhält, die gleichzeitig hundert verschiedene Funktionen von so außergewöhnlicher Komplexität lenkt, dass der menschliche Verstand nur einen winzigen Bruchteil davon begreifen kann. Wenn du dir ihrer bewusst wirst, wird sich in Wirklichkeit diese Intelligenz ihrer selbst bewusst. Es ist das fassbare "Leben", das noch kein Wissenschaftler hat finden können, weil das Bewusstsein, das danach sucht, das Gesuchte ist. (Eckehart Tolle (2005): Eine Neue Erde. S. 259)

Die meisten Leute lassen sich so sehr von ihren Gedanken zerstreuen und identifizieren sich so stark mit der Stimme in ihrem Kopf, dass sie die Lebendigkeit in ihrem Inneren gar nicht mehr spüren können. Das Leben, das den physischen Körper beseelt, das Leben, das du selber bist, nicht mehr spüren zu können ist der schlimmste Verlust, der dich treffen kann. (ET-ENE 258)

Leib als Unraum

Ich bin also nicht bei meinem Leib, sondern immer schon über meinen Leib hinaus bei den Dingen, mit denen ich mich beschäftige. Darum nimmt der Leib für das naive Bewusstsein auch gar keinen eignen Raum ein, sondern der Raum beginnt erst jenseits des Leibes, erst außerhalb der Haut. Der Leib ist gewissermaßen ein "Unraum", wie gar nicht vorhanden, nur der Anfang aller räumlichen Entfernungen. (OFB-MuR 289)

Leibphilosophie

Die Leibphilosophie ... ist mittlerweile ein wohletabliertes philosophisches Feld. Mit der Thematisierung des menschlichen Leibes steht man heute in keiner Weise am Anfang. (B-Ethik 119)

Übersicht:

Leiberleben Körpererleben
Straus pathisch-präsent gnostisch-distantisch
Buytendijk Ausdruck Handlung
Schmitz Weite- und Richtungsraum Ortsraum

Ethik des Leibes

Einem Leibhaber wird man dann gerecht, wenn man ihn anerkennend würdigt. Etwas gerecht zu werden, beinhaltet demnach zunächst einmal nicht mehr als: es in seinem Sosein anzuerkennen, es mithin sein zu lassen. (AB-BuB 273)

Wenn der Leib zur Sprache kommt, kann die Ethik schweigen. (AB-BuB 283)

Kritik der Leibphänomenologie

Kritik an der Beschäftigung mit dem Körper allgemein

Denn Körper sind der klarste Ausdruck menschlicher Sterblichkeit, Imperfektion und Schwäche (inklusive moralischer Schwäche), daher steht Körperbewusstsein, für die meisten von uns, in erster Linie für ein Gefühl der Unzulänglichkeit, dafür weit zurückzubleiben hinter den herrschenden Schönheits-, Gesundheits- und Leistungsidealen - ein Punkt, der auch darauf hindeutet, dass Körperbewusstsein immer mehr ist als nur das Bewusstsein des eigenen Körpers. (RS-KB 19)

Kein ahistorisches leibliches Spüren

Der mögliche Vorwurf an die Leibphänomenologie, es gebe kein ahistorisches leibliches Spüren, beruht, so scheint mir, letztlich auf einem Missverständnis. ... Der mögliche Vorwurf, den die Geschichte des Körpers der Leibphänomenologie machen kann, verwechselt die Ungeschichtlichkeit des eigenleiblichen Spürens mit der von den neuzeitlichen Wissenschaften behaupteten Ungeschichtlichkeit des durch diese scheinbar letztgültig erforschten menschlichen Organismus'. (PT-SNs 30)

Leib, Psyche, Körper

Ein großer Teil der heute "psychosomatisch" genannten Krankheiten hat seinen Sitz weder im Körper noch in der Seele, sondern im Leib (Gegenstandsgebiet des eigenleiblichen Spürens), von wo er auf den Körper ausstrahlt. Demgemäß setzen auch therapeutisch wirksame Techniken der psychosomatischen Medizin (...) gern am spürbaren Leib an, namentlich auch an einzelnen Leibesinseln, und können von der Phänomenologie der Leiblichkeit theoretisch fundiert und durchleuchtet werden. (S-LuG 16)

Zitate

Der Leib ist offen zur Welt. Der Beobachter hingegen tut so, als schaut er nur unbeteiligt zu.

Leibliche Begriffe