Grenze

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Skizze

Kopfherzhand.png

Grenzfunktionen

Die Form als Manifestation der Grenze ist ein wesentlicher Index der Lebendigkeit. (P-Stufen XXIII)

  • Grenze ermöglicht die Unterscheidung zwischen Eigenem und Fremden, Autonomie
  • Grenze trennt und kann damit erst beide Seiten verbinden: Kontakt
  • Grenze ermöglicht Austausch: Transformation

Siehe: Abgrenzung, Entgrenzung, Topische Bipolarität

Diskontinuität ermöglicht Autonomie, Freiheit

Steigerung bei: Pflanze, Tier, Mensch

Die Heiligung beginnt damit, dass aus dem Ganzen des Raumes ein bestimmtes Gebiet herausgelöst, von anderen Gebieten unterschieden und gewissermaßen religiös umfriedet und umhegt wird. (C-3, 117)

Grenze schafft einen Innenraum, der sich von der Umgebung unterscheiden kann. Das ist die Voraussetzung für Individualität und Autonomie. (Vgl: Langlotz, PdS 2010/2 75)

Denn Lebewesen setzen sich als autopoietische Systeme von ihrer Umgebung ebenso ab wie sie zu ihr in Wechselbeziehung stehen. Ihre Grenzen erzeugen damit eine grundlegende Diskontinuität von Innen und Außen: An ihnen "bricht" sich die physikalische Kausalität und kann sich nicht linear innerhalb des Organismus fortsetzen. Vielmehr erzeugen Lebewesen aufgrund ihrer inneren Struktur selbst erst den Ausschnitt der Umgebung, der für sie als Umwelt bedeutsam und wirksam wird. An die Stelle linearer Kausalität tritt die spezifische Verknüpfung von Reiz und Reaktion, von Wahrnehmung und Antwort. Lebewesen werden daher nicht von physikalischen Einwirkungen aus der Umgebung determiniert, sondern sie antworten auf wahrgenommene Reize aus ihrem Zentrum heraus, durch eine Rekonfiguration ihres Gesamtsystems. (F-DG 129)

Die Zeiten, da Psychotherapie vor allem die Aufgabe hatte, Menschen von einem rigiden Über-Ich zu befreien, das überall Warnschilder und Grenzen spüren ließ, sie in ihrem Antriebsleben hemmte und jedes eigenwillige Handeln und autonome Fühlen mit Straf- und Liebesverlustängsten belegte, sind in unserem Kulturraum längst vorbei. Gegenwärtig leiden Menschen vor allem unter der psychischen Not, über keine Grenzen signalisierende, kritische und Orientierung gebende innere Strukturen zu verfügen. Deshalb fehlen ihnen auch die dazu gehörenden emotionalen Kräfte, sich für etwas zu interessieren, zu wissen, was sie wollen, konzentriert, engagiert, Feuer und Flamme sein zu können, sich aggressiv oder traurig zu fühlen. (RF-DeM 224)

Kontakt ermöglicht Nähe, Bindung

Probleme, die in Beziehungen auftreten und den Beteiligten das Leben schwer machen, haben damit zu tun, dass die Beziehungspartner es schwer haben, Grenzen zu finden: Ihre eigenen Grenzen sowie die der anderen. Wenn Grenzen nicht gefunden und eingehalten werden, entsteht kein befriedigender Kontakt: Das gilt sowohl für Kinder, Paare wie auch für die "große" politische Welt. Aus der Unsicherheit über Grenzen können Missbrauch, Vergewaltigungen und Kriege entstehen. (Thea Bauriedl: Leben in Beziehungen. Klappentext)

Mit seiner geschlossenen Form grenzt sich der Organismus des Tieres vom Umraum ab, nimmt aber gleichzeitig, seine Grenzen wieder überschreitend, aktiv auf seine Umgebung Bezug. Seine peripheren Organe und Grenzflächen dienen dem fortwährenden Austausch und der Kommunikation mit der Umwelt, sei es durch den stofflichen Metabolismus, sei es durch den Funktionskreis von Wahrnehmung und Bewegung. Der Kreis wird vermittelt durch gesonderte Rezeptor- und Effektorgane, die ihrerseits durch ein nervöses Zentralorgan verknüpft sind. Diese Organisation des Tieres steht in komplementärer Beziehung zu seiner artspezifischen Umwelt: Es wählt aus der physischen Umgebung die geeigneten Bestandteile aus und verleiht ihnen die Bedeutung von "Reizen", von Objekten der Wahrnehmung, dies Interesses und der Aktion. (F-DG 119f)

Semipermeabilität ermöglicht Austausch, Transformation

Die Grenzen als Kompartimentierung sind sogar ein notwendiger Bestandteil jeder lebendigen Form, doch sind die Grenzen nicht undurchlässig. Elementare Lebensprozesse wie der Metabolismus erfordern geradezu Durchlässigkeit. (FV-OW 251)

Das japanische Individuum sei - sozial und physisch - durchlässig für seine Umgebung - aber nur in dem Maße, in dem diese Umgebung gegliedert ist und sich den Japanern als Realität anbietet. (PH-DPJ 11)

Siehe: Transformation

Scharfe oder unscharfe Grenze

Die Frage, wo es eine scharf umrissene und wo es eine unscharfe oder kaum erkennbare Grenze gibt, ist nicht einfach zu entscheiden. Siehe auch: Punkt

Scharfe Grenze Unscharfe Grenze
Personaler Raum Leiblicher Raum

Scharfe Grenze

Eine scharfe Grenze ermöglicht es, von Innen und Außen zu unterscheiden.

Körpergrenze

Hier sind zwei Fälle möglich:

  1. Entweder bildet die Grenze nur das virtuelle Zwischen dem Körper und dem anstoßenden Medium. Dann kann die Konturierung noch so scharf sein, eine Grenze hat er nicht oder nur in dem äußerlichen Sinn, dass er da und dort aufhört und zu Ende ist.
  2. Oder aber, im anderen Falle, gehört die Grenze reell zum Körper, er ist gegen das angrenzende Medium und zu ihm abgesetzt, einerlei, wie scharf die Konturierung etwa durch Membranen oder andere Oberflächenbildungen gestaltet ist. Die Grenze ist nicht mehr ein virtuelles Zwischen, sondern eine den Bestand des Körpers gewährleistende Eigenschaft seiner selbst. (P-Stufen XX, 103f)

Grenze des personalen Raumes

Die Grenze wird in der systemischen Aufstellungsarbeit vorallem bei der systemischen Selbstintegration nach Ernst Robert Langlotz eingesetzt.

Unscharfe Grenze

Nicht überall hat die Grenze eine klare Trennschärfe. Manchmal sogar ist die Grenze nicht die primäre Erfahrung, wie z.B. im:

  • Leibraum

Unscharfe Grenze im Leibraum

Ein absolutes "Drinnen" und "Draußen" besteht also für die Wahrnehmung gar nicht. Zu einem besonderen, zu einem Innenraum wird der Leib nur durch die "Meinhaftigkeit" aller leiblicher Regungen und Empfindungen; ihr Fehlen erst macht das Wahrgenommene ... zum Anderen oder Äußeren, insofern es eben nicht "meinhaft" ist. (F-LRP 95)

"Innen" und "Außen", "Mein" und "Nicht-Mein" sind also nicht absolut voneinander geschieden, sondern durch mannigfaltige Kontakte, Übergänge, Bewegungen miteinander verbunden. Würde Innen und Außen nicht ineinander übergehen, sondern einander unvermittelt gegenüberstehen, könnten wir zum Erleben eines Äußeren gar nicht gelangen. (F-LRP 95)

Der Leib ist nicht "im Raum", sondern er verräumlicht sich fortwährend und erzeugt selbst seinen Raum. (F-LRP 91)

Beispiel: Die diffuse Wärmeempfindung etwa in der Badewanne geht fließend von meinem Leib in das umgebende Wasser über, und ich vermag ihr nicht an meiner gesehenen Körperoberfläche Einhalt gebieten. Atme ich Luft ein oder trinke ich eine Flüssigkeit, so vermag ich ebensowenig zu sagen, bis wohin sich noch "draußen", und ab wann sie "in mir" ist. Gleiches gilt für die Eingliederung von Instrumenten oder Vehikeln in die Leiblichkeit. (F-LRP 95f)

Eine Innenwelt-Außenwelt-Unterscheidung, die ihre Grenze etwa an der Haut hätte, gibt es in leiblicher Hinsicht nicht. (MU-DLGG 188)

Unscharfe Grenze in der Symbiose

Siehe: Symbiose, Grenzenlose Beziehung