Gesinnung

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Affektives Betroffensein ist also von vorn herein nicht nur Geschehen und Geschehenlassen, sondern ebenso Stellungnahme, eigener Einsatz und Eingehen auf etwas. Diesen eigenen Einsatz im Betroffensein, wodurch Sachverhalte, Programme und Probleme für jemand subjektiv sind, bezeichne ich als dessen Gesinnung. Sie beschränkt sich keineswegs auf das unwillkürliche Betroffensein, sondern durchwächst alle Verzweigungen der Personalität und spielerische Identifizierung bis in die Spitzen der Besonnenheit, der abwägenden Überlegung, des Wählens; aber auch in diesen Hochformen ist die Gesinnung nur durch affektives Betroffensein gegenwärtig und ginge verloren, wenn die Brücke zur primitiven Gegenwart und Enge des Leibes, nämlich das labile Wechselspiel von personaler Emanzipation und personaler Regression, abgebrochen würde. (S-DuG 357)

Von der Gesinnung hängt die Subjektivität für jemand und daher sogar dessen bloßes Vorkommen als Subjekt (Bewussthaber) ab, sie durchdringt und prägt daher alles, was ein Mensch ist, weit tiefer als die bloße Disposition, sich löblich zu verhalten, im Sinne des herkömmlichen Tugendbegriffs. (S-DuG 358)

Gesinnung, affektives Betroffensein und Bewussthaben sind Äquivalente, daher in gleicher Weise einfach. (S-DuG 358)

Tatsächlich hat er [der Bewussthaber] es aber von Anfang an, dank seines affektiven Betroffenseins, mit für ihn subjektiven Tatsachen zu tun, die er nicht bloß passiv registrieren kann, da sie als subjektive erst durch spontane Rezeption zu Stande kommen, durch die Initiative des Sich-einlassens auf etwas, das sie mit sich bringt oder nach sich zieht, im affektiven Betroffensein: die Gesinnung, die daher etwas wie Stifterin oder konstitutive Grundlage der Subjektivität für jemand und damit der für ihn subjektiven Sachverhalte (speziell Tatsachen), Programme und Probleme ist, ja seiner selbst, da es ihn als Subjekt (Bewussthaber) unter bloß objektiven Tatsachen nicht geben könnte. (S-DuG 375)

Gesinnung gehört zum affektiven Betroffensein, das auch den Tieren, Idioten und Babies eignet, die doch nicht frei im Sinne es Äquivalentes sittlicher Verantwortung sind. Was ihnen fehlt, ist die Zumutbarkeit des zu solcher Verantwortung gehörigen Wissens. Nach Entfaltung der Gegenwart ist dem personal emanzipierten Menschen, dem Erwachsenden und Erwachsenen, solches Wissen jedoch zumutbar. Daher kann nun der für Freiheit entscheidende Satz aufgestellt werden: Der (erwachsende und erwachsene) Mensch ist durch seine Gesinnung für seine Gesinnung sittlich verantwortlich. (S-DuG 376)

Die menschliche Freiheit ist Gesinnungsfreiheit; ihr Sitz ist die dem affektiven Betroffensein zugehörige Gesinnung. (S-DuG 376)

Wenn man das Spezifische der menschlichen Freiheit treffen will, muss man demnach sagen: Sie ist Gesinnungsfreiheit, nicht Willensfreiheit. (S-DuG 377)

Der Unterschied, dass der Wille im Gegensatz zur Gesinnung die Freiheitsprobe nicht besteht, beruht darauf, dass er nach außen auf einen Erfolg gerichtet ist, mag dieser auch bloß ein eigenes Verhalten oder Unterlassen sein, das sich der Wollende für die nächste oder fernere Zukunft vornimmt. Die Gesinnung bezieht sich dagegen auf sich selbst, als Zündung der Subjektivität für jemand, die ihr eigenes Element ist wie das der übrigen Tatsachen von dessen Sosein, und hat daran eine Seite der Selbstbewirkung, die sie über die Alternative von Determinismus und Indeterminismus erhebt. Nicht, was der Mensch sich vornimmt, sondern das, was er frisch im Augenblick der Gesinnung in sein affektives Betroffensein einsetzt, und damit die Art, wie er als affektiv Betroffener jeweils bei der Sache ist, gibt ihm kausale Macht aus eigener Initiative: Das ist die Lehre, die auf Grund der Entdeckung der subjektiven Tatsachen und ihrer Verankerung in der Gesinnung der Entmutigung durch die Aporien des Determinismus und des Indeterminismus entgegengehalten werden kann. (S-DuG 379)