Aufstellung

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Aufstellungen sind leibliche Explikationen von Situationen. Sie finden im dimensionalen Raum statt, wirken jedoch über ihre Verschränkung mit dem topischen Raum, der sich durch leibliche Resonanz der Stellvertreter mit dem Ursprungssystem ausbildet.

Aufstellungen finden nicht nur im realen Raum statt, sondern wir sprechen auch von anderen, nicht materiellen Räumen, imaginären Räumen, Zwischenräumen, Innenräumen, Außenräumen. (Mattyasovszky PdS 2010/2 84)

Interpretationen

Die Auswahl der Stellvertreter geschieht als performativer Sprechakt.

Entfaltung der Gegenwart

Eine Aufstellung ist eine leibliche Entfaltung der Gegenwart durch spielerische Identifizierung.

Explikation

Eine Aufstellung ist eine leibliche Explikation von einzelnen Komponenten aus einer Situation in eine Konstellation.

Eine Aufstellung eines einzelnen Elements durch eine Person könnte auch als Plakatierung einer Situation bezeichnet werden.

Aufstellung als leibliche Verortung der Explikate.

"Und das Wort ward Fleisch" (Johannes, 1,14)

Externalisierung

Das innere Bild des Systems wird externalisiert und damit bewusst gemacht.

Kritik: W.Nelles berichtet davon, dass auf dieses Aufstellen des Ausgangsbildes und dem damit einhergehenden Effekt der Externalisierung verzichtet werden kann. (PdS 2010/2, 88)

Wir stellen innere Wirklichkeiten, von denen wir uns so oft überwältigt fühlen, nach außen und distanzieren uns so von ihnen. ... Wir projizieren also innere Wirklichkeiten nach außen, um sie zu zähmen, um uns mit ihnen vertraut zu machen. (SE-SaL 47)

Dynamische Präsenz: Die Bewegungen der Stellvertreter sorgt dafür, dass die Dynamik im System präsent wird.

Transverbale Sprache

Varga von Kibed interpretiert die Aufstellung als transverbale Sprache. Doch ebenso wie Wittgenstein verwechselt er Rede und Sprache. Mit der Sprache reden wir, aber in die Sprache werden wir hineingeboren. Reden ist eine Tätigkeit, Sprache eine zuständliche Situation. Die Aufstellung kann daher als eine Form der darstellenden Rede bezeichnet werden, aber nicht als Sprache. Man könnte höchstens über die Existenz einer transverbalen Sprache erklären, wieso es zu dieser Art von Rede kommen kann.

Siehe: Sprache und Leib

Projektion

Eine Aufstellung ist eine Projektion des Psychischen in den Raum.

Kritik:

Eine Projektion nach außen kann es nicht geben, wenn diese Außenwelt doch nach der Voraussetzung nur eine vom Gehirn konstruierte Innenwelt sein soll - es gäbe gar kein "Wohin" der Projektion. Die früher noch üblichen Projektionskonzepte sind daher in den kognitiven Neurowissenschaften weitgehend zugunsten eines einheitlichen virtuell-phänomenalen Raums, eines Phenospace aufgegeben worden ... Konsequenterweise muss dann allerdings auch die subjektiv erlebte Auseinandersetzung des Körpers mit der Umwelt, also z.B. der Nadelstich, der den Schmerz erzeugt, zu einem virtuellem Konstrukt, einer Simulation des Gehirn erklärt werden, was letztlich in einen Neuro-Solipsismus führen würde: Wir hätten dann überhaupt keinen Zugang zur eigentlichen Realität. (F-DG 34)

Siehe: Projektionismus

Inkarnation

Eine Aufstellung ist eine Exploration eines verkörperten (verleiblichten) Systems

Einleibung in Halbdinge

Siehe: Einleibung, Halbding

Strukturelle Übertragung

Vgl.: [OK-F 229]

Verschränkung von absoluten und relativer Orten

Siehe: Ort

Geschichte

Vom Rollenspiel (Spielen der Rolle) zum Spiel in der Präsenz. (Siegfried Essen)

Parallelen zur Aufstellungsarbeit zeigen sich auch in der Arbeit mit Skulpturen und Stellbildern, die seit den 60er-Jahren in der Familientherapie weit verbreitet sind und schulenübergreifend zum festen methodischen Repertoire gehören. Laut Jochen Schweitzer und Gunthard Weber ist sie "Ende der sechziger Jahre von David Kantor in Zusammenarbeit mit Fred und Bunny Duhl entwickelt." (1982, 113) worden und in der folgenden Jahren von Virginia Satir mit ihrem Konzept der "Familienchoreographie" popularisiert worden. (OK-F 142)

Familienrekonstruktion

Virginia Satir

Weiterentwicklung zur Aufstellungsarbeit

Die wesentliche Weiterentwicklung der Aufstellungsarbeit gegenüber ihren Vorläufern in Psychodrama und Familienrekonstruktion liegt für mich in drei Punkten:

  1. Sie formuliert sowohl eine Gegenstandstheorie, d.h. eine Theorie der Familie, als auch eine spezifische Vorgehensweise, und beides ist eng aufeinander bezogen.
  2. Eine Aufstellung verlebendigt nicht nur das innere Bild eines Protagonisten, sondern in ihr wird zugleich eine Systemebene sichtbar, die über das Wissen des Protagonisten hinausgeht.
  3. Und als Drittes nutzt sie den Kontext einer Gruppe in besonderer Art. (OK-F 146)

Kargheit: Reduktion auf Ort und Richtung

Die relative Kargheit der Aufstellungsarbeit gegenüber Psychodrama und Familienrekonstruktion erwächst aus dem Versuch, die "Oberflächenstruktur" (Moreno) unserer alltäglichen Annahmen und normativen Verschreibungen über Familie zu durchdringen, um an das dahinter angesiedelte implizite "Wissen" eines jeden über diese Strukturen anzuschließen. Sie nutzt dabei nicht so sehr unsere Fähigkeiten zur Identifikation, auch wenn diese eine Rolle spielen, sondern die Metaphorik des Raumes. (OK-F 146)

Scheinbar überindividuelles Wissen

In den Aufstellungen werden Beziehungen und dahinter wirkende Strukturen körperlich symbolisiert wahrgenommen und gefühlt, und zwar nicht als Einzelbeziehungen, sondern in ihrer Einbettung im Feld der gesamten dargestellten familiären Konstellation. Die Teilnehmer greifen dabei zurück auf eine universelle Grammatik von Wahrnehmungen und Gefühlen, über die sich die räumlich symbolisierten Beziehungen erschließen. (OK-F 146)

Bert Hellinger

Hellingers Reduktion der Skulpturarbeit auf Ort und Richtung der Stellvertreter. Abschied von anderen Konzepten außer Ort und Richtung.

Zweige

  • klassisches Familienstellen (Jakob Schneider)
  • psychoanalytisch orientierte mehrgenerationale Psychotraumatologie (Franz Ruppert)
  • wachstumsorientierte Methode der Persönlichkeitsentwicklung (Wilfried Nelles)
  • Strukturanalyse (Varga von Kibéd)
  • systemische Selbst-Integration (Langlotz) (Siehe: Selbstintegration)

Interventionen

Formate

Familienaufstellung

Klassische Familienaufstellungen sind vorallem durch Bert Hellinger bekannt geworden. Die Deutsche Gesellschaft für Systemaufstellungen distanzierte sich in den letzten Jahren zum Teil von der Arbeiten Hellingers und entwickelte eigene Qualitätsstandards. Die Familienaufstellungen haben sich zu Systemaufstellungen weiterentwickelt.

Systemaufstellung

Siehe: Systemaufstellung

Systemische Selbst-Integration

Ein von Ernst Robert Langlotz entwickeltes Format zur Auflösung von Symbiosen. Details siehe unter Selbstintegration.

Management Constellation

Eine Management Constellation ist eine Systemaufstellung zu Management Themen im Rahmen eines Beratungsprozesses.

Organistationsaufstellung

Die Anwendung der Aufstellungsarbeit in Arbeits- und Organisationskontexten.

Strukturaufstellung

Ein von Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd entwickelte Form der Aufstellungsarbeit auf Basis einer konstruktivistischen Erkenntnistheorie.

Quadrataufstellung

Quadrataufstellung.jpg
  1. Ja: Gaspedal/ Stärken
  2. Nein: Bremse/ Schutz
  3. Nicht-Ja: Beginn des persönlichen Prozesses
  4. Nicht-Nein: Ende des persönlichen Prozesses

Quelle: PdS 1/2013: 114 (Aleksandr Zelinsky)

Spirituell-systemische Aufstellung

Aufstellungen von Siegfried Essen mit den Anteilen: Selbst und Focus

  1. Kreis: "Wir bitten um das beste Ergebnis für Dich, uns alle, und alle Wesen."
  2. Aufstellen
  3. T: "Ihr gehört zusammen und ihr seid frei."

Methodisch:

  • Den Klienten auch an die Stelle des Selbst stellen
  • Dem Anderen seinen Platz geben und sich selbst auf unser Selbst richten

Bedeutungsgebung

Aufstellungen sind nur als ein komplexes Zusammenwirken von mehreren Faktoren zu verstehen:

  • Klient und seine unterschiedlichen Situationen in die er eingebettet ist: Ursprungsfamilie, jetzt oder frühere Ehen oder Partnerschaften, Kindern, persönliche Erfahrungen von Verlust und Trauma, Arbeitsbeziehungen, soziales Umfeld, religiöse Bindungen etc.
  • Die Gruppenatmosphäre und -dynamik zwischen Klient, Aufstellungsleiter, Stellvertreter und Beobachter.
  • Die besonderen Qualitäten der Stellvertreter und deren Situationen und Anliegen.
  • Der Aufstellungsleiter mit seinen individuellen Interessen, Fähigkeiten, Hintergründen und persönliche Neigungen.

Die Bedeutungsgebung muss daher sehr offen gehalten sein, und eindeutige Interpretationen sind unzulässig.

Richtige Dynamik, aber andere Person

Eine Klientin hatte mit drei verschiedenen Leitern ihre Familie aufgestellt, und immer sah es so aus, als ob sie missbraucht worden wäre. Sie konnte sich aber an nichts erinnern. Eines Tages erzählte sie ihrer Schwester davon, als diese sofort zu weinen anfing und sagte: "Das war ich!" Die Aufstellung hatte die Dynamik richtig aufgezeigt, aber auf die falsche Person verwiesen. - Eine andere Aufstellung bestätigte das Gefühl des Klienten, dass er nicht der Sohn seines Vaters sei, und brachte ihn dazu, einer DNA-Analyse zuzustimmen. Es kam heraus, dass er doch der Sohn war. Als der Vater das erfuhr, sagte er: "Ich war mir nie ganz sicher." (Hunter Beaumont, in PdS 1/2012, 33)

Erklärungsversuche

Es ist so, als ob die Dynamik der Seele einen Raum braucht, in dem sie sich zeigen kann. Die Aufstellung mit Figuren schafft diesen Raum, und sowohl der Beratende als auch der Rat suchende werden dann von der sich zeigenden Dynamik getragen. (SSchneider-KNKL in: 163)

Wirksamkeitsstudien

Siehe: http://www.aufstellungsforschung.de